Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
Teil der Truppe, die alteingesessenen Bewohner von Varil, die in der Stadt Verwandte oder Familien hatten, waren unter dem Kommando von Prinz Erik zurückgeblieben. Mit ihm gekommen waren Männer nur zweifelhafter oder unbekannter Herkunft, Männer ohne Geschichte oder mit einer Geschichte, die man besser nicht erzählte. Sie waren der Abschaum, die Verfluchten, die Ausgestoßenen. Da war kein Mann in seinem Gefolge, der nicht schon mit dem Gefängnis oder dem Henker Bekanntschaft gemacht hatte, mit Ausnahme der Gruppe bewaffneter Zwerge mit ihren Äxten, für die der Eintritt in die Armee die Befreiung von der Zwangsarbeit in den Bergwerken bedeutet hatte. Die wollte man nicht einmal in den Gefängnissen, um sie nicht zu besudeln.
Alles, was diesen Haufen von Ehrenmännern zusammenhielt, außer dem Hass auf die Orks, war er.
Sollte die Königin-Hexe ihn töten, würden seine Männer über sie herfallen. Nachdem er Yorsh verloren hatte, von dem Drachen ganz zu schweigen, würde Rankstrail auch noch die Schuld auf sich laden, den Tod seiner Gemahlin verursacht zu haben. Und nachdem sie die Königin abgeschlachtet hatten, würden sie Aurora in Stücke reißen, die ja in erster Linie Tochter des wenig geliebten Verwaltungsrichters war, und ihre Bitte um Hilfe vermutlich nur eine tödliche Falle.
Mit einer Handbewegung gebot Rankstrail all jenen Einhalt, die ihm zu Hilfe eilen wollten. Glücklicherweise hatte Lisentrail den Wolf rechtzeitig packen können, bevor er der Kriegerin an die Kehle sprang. Aurora war abgesessen und eilte ebenfalls herbei.
»Herrin«, begann er mit ruhiger Stimme, »ich heiße Rankstrail, ich bin der Hauptmann der Söldner von Daligar. Ich weiß, wer Ihr seid. Ich habe Eurem Gemahl geschworen, dass mein Schwert ihm gehört, und ich bin gekommen, es in Eure Dienste zu stellen, um Euch und Eure Kinder zu schützen, so gut ich kann. Wenn Ihr meint, dass die Schuld am Tod des letzten Drachen mit meinem Leben gesühnt werden muss, so sollt Ihr es haben, das schwöre ich Euch, aber nicht jetzt: Wenn die Belagerung zu Ende ist.«
Lisentrail war bleich geworden. Er schluckte, er hielt den Wolf immer noch am Nackenfell und machte ein paar Schritte vorwärts.
»Der Drache, eigentlich wurde der …«, begann er unsicher.
»Ruhe!«, sagte Rankstrail hart.
»Ihr habt Yorsh gekannt? Ihr habt meinen Gemahl gekannt?«, fragte die Königin-Hexe. Der Druck des Schwerts auf Rankstrails Kehle ließ nach.
»Wir sind gemeinsam nach Varil geritten und haben die Stadt befreit, die von Orks belagert war. Er … Ich … Wir hatten den Befehl, ihn zu fangen«, fuhr der Hauptmann fort. Der Druck des Schwerts nahm wieder zu. Wütendes Grollen wurde in den Reihen seiner Männer laut, jeden Augenblick konnte es zu einem Brüllen anschwellen. »Wir erfüllten den Befehl, ihm zu folgen. Wir wussten nicht, dass Varil belagert war, der Richter hatte es uns verschwiegen, aber Euer Gemahl wusste vom Todeskampf der Stadt und hat uns zu ihrer Befreiung geführt. Vom Verfolgten ist er zu unserem Führer geworden … wir … gemeinsam.«
»Gemeinsam mit Euch? Dem Mörder Erbrows?«, fragte die Königin höhnisch. Der Druck des Schwerts war kaum noch zu spüren.
»Nein, der Tod des Drachen damals, das war, um Euch zu retten …«, versuchte Lisentrail noch einmal schüchtern und stotternd sich einzumischen.
Sanftmut war kein besonders ausgeprägter Charakterzug der Königin-Hexe. Mit einem Ruck nahm sie das Schwert von Rankstrails Kehle, aber nur um es dem Gefreiten an die Kehle zu setzen. Endlich konnte Rankstrail durchatmen. Er wandte sich zu seiner Truppe um und machte mit einer brüsken Bewegung klar, dass er keine Hilfe brauche und dass keiner sich rühren oder auch nur einen Mucks von sich geben solle.
»Der Tod des Drachen!«, wiederholte die Königin. »Eine nette Art, sich auszudrücken. Wenn man das hört, könnte man meinen, er habe Würmer oder eine Erkältung gekriegt.«
»Ich allein bin verantwortlich für diese Aktion meiner Truppe, und ich bin auch der Einzige, der dafür geradesteht«, erwiderte der Hauptmann. »Wenn Ihr mein Leben dafür wollt, so sollt Ihr es haben, aber später, wenn die Orks nicht mehr vor der Stadt lagern. In jedem Fall, Herrin«, setzte Rankstrail nach einer kurzen Pause hinzu, »haben wir Euch soeben das Leben gerettet.«
»Wer wollte das leugnen?«, antwortete die Herrscherin wenig beeindruckt. »Ihr habt mich vor den Orks gerettet, aber wer sagt mir denn, dass das nicht war, um
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