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Die letzten Tage von Hongkong

Die letzten Tage von Hongkong

Titel: Die letzten Tage von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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regt und die britische Regierung zwingt, etwas gegen Xians Aktivitäten zu unternehmen. Stimmen meine Ausführungen so weit?«
    »Ja.«
    »Chief Inspector Chan ist klug genug, in die Tiefen des vorliegenden Falles einzudringen, was früher oder später zu genau den Enthüllungen führen wird, die Sie auf jeden Fall vermeiden wollen?«
    »Ja.«
    »Sie haben deshalb gewissenhaft versucht, den Chief Inspector von seinen Nachforschungen abzubringen oder abzulenken?«
    »Ja.«
    »Tja, genau da komme ich nicht mehr so ganz mit. Es ist doch richtig, daß unser Freund Xian die Fortsetzung der Ermittlungen durch Chan unterstützt – zweifelsohne, weil Xian herausfinden möchte, ob eine andere Organisation die Stirn besessen hat, seine Leute über die Klinge springen zu lassen, nicht wahr?«
    »So sieht’s aus.«
    »Wenn Sie also Chan den Fall entziehen, beschwören Sie doch den Zorn des Meisters herauf, oder?«
    »Aber …«
    Henderson hob seinen feisten Zeigefinger. »Ihre Argumentation hat einen Haken, Milton: Sie gehen davon aus, daß es unweigerlich zum Skandal kommt, wenn Chan den Fall löst.«
    »Nun, vielleicht hätte ich das erwähnen sollen, es steht in einem meiner Berichte, Chief Inspector Chan …«
    Henderson hob wieder den Finger. »Ich weiß, er kann die Roten nicht leiden und wird wahrscheinlich nicht den Mund halten. Wissen Sie, manchmal lese ich Ihre Faxe sogar, Milton. Et alors? «
    Cuthbert schwieg verblüfft. »Ich …«, begann er und verfiel dann wieder in Schweigen. »Also raten Sie mir, ihn mit den Ermittlungen fortfahren zu lassen und dann dafür zu sorgen, daß er den Mund nicht aufmacht?«
    »Milton, es gibt ein altes chinesisches Sprichwort, das lautet ungefähr so: Wenn man sich schon vergewaltigen lassen muß, dann sollte man auch was davon haben. Nun, wir haben die Beine so weit gespreizt wie nur irgend möglich, da wäre es doch unhöflich, sich darüber zu beklagen, daß das Glied des Vergewaltigers so klein ist. Xian meint, die Situation aus historischen Gründen ausnützen zu können. Vergewaltigung ist ein gefährliches Hobby. Abgesehen vom Opfer werden auch noch andere Leute verletzt. Aber das, heißt es, ist Sache des Vergewaltigers, nicht unsere. Also genießen wir es doch.«
    Cuthbert sah Henderson schweigend zu, wie er beim Kellner noch einen Armagnac bestellte. Ihm selbst war die Lust auf einen Drink vergangen. Zum Abschluß der Unterredung sagte er: »Ich fürchte, ich habe mich in meinen Bemühungen, Chan loszuwerden, zu weit vorgewagt. Vielleicht wäre ein schriftlicher Widerruf möglich?«
    Henderson lächelte. »Also hat Sie Ihr Verstand doch noch nicht verlassen, Milton. Jemand aus meinem Team wird eine scharfe Verwarnung für Sie formulieren, damit Sie etwas zum Vorzeigen haben.«
    Als sie wieder im Wagen saßen, fragte Cuthbert: »Xian hat sich an Sie gewandt, stimmt’s?«
    Henderson starrte geradeaus auf die Menschenmassen, die sich träge wie Melasse durch die Straßen schoben. »Ich möchte es so ausdrücken: Obwohl er höchst zufrieden ist über die Art und Weise, wie Sie sich in den letzten zehn Jahren verhalten haben, gibt es gewisse Bereiche, die seiner Meinung nach vom Hauptquartier überprüft werden sollten. Das ist nichts Persönliches, da bin ich mir sicher.«
    Cuthbert biß die Zähne zusammen. »Aber es geht doch verdammt noch mal nur um die erbärmlichen Ermittlungen in einem Mordfall.«
    Henderson schien aufrichtig überrascht über Cuthberts Tonfall.
    »Milton, Sie sind doch wirklich firm in Kolonialgeschichte. Können Sie sich an einen Fall erinnern, in dem wir eine Kolonie nicht an einen offensichtlich Wahnsinnigen zurückgegeben hätten?«
    Während der Fahrt durch den Hafentunnel schwieg Cuthbert deprimiert. Als Henderson dann schließlich beim Peninsular Hotel ausstieg, fragte er leise: »Und wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist – werden wir dann Chan zum Schweigen bringen oder die?«
    Henderson steckte den Kopf noch einmal in den Wagen. »Das ist noch nicht entschieden.«
    Bevor er sich zurückziehen konnte, hielt Cuthbert ihn mit einer behenden Bewegung fest und beugte sich über den Sitz.
    »Michael, bevor Sie gehen, würde ich Sie gerne noch etwas fragen. Angenommen, Xians Verdacht stimmt, und zwei seiner Topleute sind tatsächlich von jemandem durch den Fleischwolf gedreht worden – haben Sie schon mal dran gedacht, wie spektakulär, wie telegen seine Rache aussehen wird?«
    Henderson tätschelte Cuthberts Hand. »Aber natürlich, mein

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