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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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nach die Antwort.«
    »Dann ist es also keine Sünde.«
    Alderan antwortete nicht sofort. »Es gibt Dinge, die richtig sind, und es gibt Dinge, die grundsätzlich falsch sind, von denen die Kirche einige als Sünde bezeichnet«, sagte er schließlich. »Ich bin mit ihren Definitionen nicht immer einverstanden.«
    »Das ist keine eindeutige Antwort.«
    »Es war auch keine eindeutige Frage.«
    Gair runzelte die Stirn. »Das klingt so, als würdet Ihr behaupten, es sei nur dann eine Sünde, wenn ich es als eine solche ansehe.«
    »Vielleicht ist das wirklich meine Meinung«, sagte Alderan leichthin. »Nur du selbst kannst entscheiden, was du glaubst und was nicht, Gair.«
    Was glaubte er? Das war eine so gewaltige Frage, dass er sie nicht überblicken konnte, und so schob er sie erst einmal beiseite.
    »Woher kommt die Macht? Aus mir selbst oder von anderswo?«
    »Beides«, antwortete Alderan und grinste, als er Gairs erstaunte Miene sah. »Der Sang ist ein Teil von uns, ist Teil unserer Umgebung und sogar der Erde und der Luft. Irgendwann wirst du in der Lage sein, seinen Widerhall in allem zu hören, was du berührst. In einem Wildvogel oder anderen Tieren ist er sehr stark. In Dingen, die der Mensch gemacht hat, ist er kaum vorhanden, so wie eine schwache Erinnerung, und je weiter der Gegenstand von seinem Ursprung entfernt ist, desto schwächer wird der Sang in ihm. Die wahrhaft Begabten können eine Handvoll Asche aus dem Kamin nehmen und den Sang der Bäume hören, von denen das Brennholz stammte, und vielleicht können sie sogar den Keim des Sangs in der Eichel vernehmen, aus der er gewachsen ist.«
    Nun war Gair verblüfft. Er hatte nicht gewusst, dass die einfache Magie, die er zu wirken vermochte, nur an der Oberfläche dessen blieb, was der Sang war und was durch ihn erreicht werden konnte. Fang erst einmal klein an , hatte der alte Mann gesagt, denn die Welt, in der wir leben, ist sehr groß . Plötzlich war sie gewaltiger, als er es sich je hätte träumen lassen. Die Größe dessen, worum er Alderan gebeten hatte, machte ihn benommen.
    »Anscheinend gibt es für mich eine ganze Menge zu lernen«, sagte er. Sein Glimm hüpfte im Luftzug hin und her.
    Alderan stand auf, und sein eigener Glimm verschwand so sanft wie eine Pusteblume. »Mehr, als du dir vorstellen kannst«, sagte er und schulterte seine Tasche. Er griff nach der Türklinke und wollte die Kabine verlassen. »Du hast gewaltige Möglichkeiten, Gair, aber es ist viel Arbeit nötig, um sie ganz auszuschöpfen. Wir fangen morgen an, wenn du dich ausgeruht hast.«
    »Es sind nie Mausefallen in Euren Taschen gewesen, nicht wahr?«, fragte Gair.
    Alderan entblößte die Zähne. »Es war ein einfacher Schnappschutz – ein winziges Ding, aber es brennt wie ein Natternbiss. Wenn du willst, zeige ich dir, wie man so etwas macht. Man weiß nie, wann man einen gebrauchen kann.«
    »Und auf dem Kahn? Das Flackern? Ich wollte Euch deswegen fragen, aber es geschah alles so schnell, dass ich es vergessen habe. War das auch der Sang?«
    »Nein, das war Skeffs Notlicht. Die meisten Schiffer haben heutzutage eins. Manche Flussstrecken sind nicht mehr so sicher wie früher. Ich konnte bloß nicht warten, bis der Docht endlich brannte.« Er öffnete die Tür. »Komm mit an Deck. Die frische Luft wird dir guttun.«
    Gair lehnte ab, und als Alderan gegangen war, legte er sich wieder in seine Koje. Er wusste nicht, ob dieses Gespräch seine Fragen beantwortet oder Dutzende neue geschaffen hatte. Er wollte so vieles fragen, dass er kaum wusste, wo er anfangen sollte, und es gab so vieles zu lernen, dass das, was er bisher begriffen hatte, nicht einmal der Anfang war. Nun war sein Unwissen lediglich größer geworden, so wie eine Kerzenflamme in der Nacht die Dunkelheit nur noch undurchdringlicher macht.
    Der Glimm war zu ihm zurückgedriftet; seine Oberfläche schimmerte in tausend verschiedenen Blauschattierungen. Es fiel Gair inzwischen so leicht, Glimme zu erschaffen, dass er zu sorglos geworden war – und das war ihm in Leah zum Verhängnis geworden. Und dann hatte er denselben Fehler in Dremen gemacht. Das würde ihm jedoch nicht mehr passieren; in Zukunft wollte er viel vorsichtiger sein. Aber diese Empfindung, die ihm der Sang verschaffte, wenn er sich von ihm erfüllen ließ! Dann fühlte er sich so kräftig, so voller Möglichkeiten, dass alles, wovon er träumte, plötzlich in seiner Reichweite zu sein schien.
    Der Glimm schwebte über ihm und drehte sich

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