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Die Maechtigen

Titel: Die Maechtigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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wegen gestern; ich habe Sie unten gesehen. Mit Orlando. Sie waren doch Freunde, oder?«
    »Ja … nein … mir geht’s gut. Danke«, stammele ich, während sie schon zu ihrem Verschlag geht.
    Ich ziehe mein Periskop wieder ein und drehe mich zu Totte herum. »Rina«, flüstere ich und spreche dann hastig weiter. »In deiner Analogie bin ich also das Blatt Papier?«
    »Du bist jetzt schon etliche Jahre hier, Beecher, und solltest allmählich kapiert haben, dass Geschichte nicht einfach etwas ist, das aufgeschrieben wird. Es ist ein Auswahlverfahren. Sie wählt Augenblicke und Ereignisse aus … und auch Menschen. Und dabei bringt sie sie in Situationen, in die diese Menschen niemals hätten geraten sollen. So etwas passiert Millionen von uns jeden Tag. Aber wir lesen immer nur von den wenigen, die sich dieser Herausforderung stellen und den Kampf aufnehmen, um herauszufinden, wer sie wirklich sind.«
    »Und jetzt hörst du mir nicht zu, Totte. Ich weiß, wer ich bin. Ich habe mir diese Existenz erkämpft. Und ich habe zwei ganze Jahre damit verbracht, hundertvierzigtausend Fotos von viel zu teuren Hochzeitstorten und Bräutigamen zu schießen, die glauben, sie könnten tanzen. Und das nur, weil ich nicht nach Wisconsin zurückkehren und zugeben wollte, dass das Leben in der Welt da draußen, außerhalb meiner Familie einfach zu hart für mich ist. Ich bin weitergekommen als mein Vater und als sein Vater und als jeder verfluchte Klassenkamerad, die beim Völkerball immer auf meinen Kopf gezielt haben, obwohl sie genau wussten, dass Kopfschüsse nicht zählten. Aber was die Geschichte mir hier angeblich zugespielt hat … was auch immer wir da im SCIF gefunden haben … ich weiß nicht, was es ist … ich weiß nicht, wo ich anfangen soll … ich weiß noch nicht einmal, wonach ich suchen soll.«
    Totte schüttelt den Kopf, dreht sich wieder zu meinem Computer herum und drückt auf die Enter-Taste. Auf dem Bildschirm sehe ich die Einträge aus unserem Archiv für Entick’s Dictionary. Okay, wir besitzen ein Exemplar. Und ja, es befindet sich auch in diesem Gebäude. Und nach diesen Aufzeichnungen ist es gegenwärtig …
    »Ausgeliehen!« , platze ich heraus. Es steht dort auf dem Bildschirm.
    Das ist die erste gute Nachricht, die ich heute erhalten habe. An jedem Tag kommen Hunderte von Menschen mit Anfragen in das Archiv. Um es ihnen leichter zu machen, dürfen die Besucher, sobald sie sich als Benutzer angemeldet haben, zwei Bücherwagen beladen, sie reservieren und sie drei Tage lang in unserem Lesesaal benutzen. Und hier steht, dass Entick’s Dictionary gegenwärtig für einen Leser reserviert ist mit dem Namen … Totte drückt auf die Enter-Taste.
    »Dustin Gyrich«, flüstern wir beide, und im selben Moment klingelt mein Telefon zum dritten Mal. Und zum dritten Mal ignoriere ich die Security.
    »Arbeitet dieser Gyrich vielleicht bei uns?«, erkundige ich mich und öffne meine obere Schublade, um unsere Mitarbeiterliste durchzugehen. A … B … C … G … H … kein Gyrich.
    »Ich glaube auch nicht, dass er ein Profi ist«, setzt Totte hinzu. Er meint damit die professionellen Rechercheure, die man stundenweise engagieren kann, damit sie einem bei den Nachforschungen helfen.
    Am anderen Ende des Büros öffnet sich wieder die Tür. »Beecher, sind Sie hier?«, ruft eine bekannte Stimme.
    Diesmal brauche ich das Periskop nicht auszufahren. Ich rieche Dallas’ Pfeifenrauch schon von weitem. Meistens ignoriert er mich vollkommen. Und ausgerechnet heute läuft er mir ständig über den Weg.
    »Beecher?«, wiederholt er. Diesmal klingt er fast besorgt. »Sind Sie hier?«
    »Ja, ich bin hier.« Ich trete aus meinem kleinen Verschlag.
    »Verdammt, warum melden Sie sich nicht? Die Security macht sich Sorgen, nach dem, was mit Orlando geschehen ist. Machen Sie so was nicht noch mal!«, schimpft er. Seine Sorge ist vollkommen in Ärger umgeschlagen. »Wenn Sie Penner das nächste Mal jemand anruft, nehmen Sie gefälligst das verdammte Tele…!«
    Dallas unterbricht sich und bleibt wie angewurzelt stehen, als er meinen Arbeitsplatz erreicht. Er starrt jetzt nicht mehr mich an, sondern fixiert etwas hinter mir. Ich drehe mich schnell um aus Angst, er könnte das Wörterbuch entdecken. Aber das ist längst verschwunden, versteckt von der Person, die an meinem Schreibtisch sitzt.
    »He, Totte.« Dallas kratzt sich verlegen seinen Dreitagebart. »Hab gar nicht mitgekriegt, dass Sie auch hier sind.«
    Totte sagt kein Wort.

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