Die Milliarden-Verschwender - wie Beamte, Bürokraten und Behörden unsere Steuergelder zum Fenster hinauswerfen
ein besonders spektakuläres Kapitel: Beim »Sport-Spurt in die Milliarden« schafften es die Olympischen Spiele in München 1972, die bei einem Kostenvoranschlag von 520 Millionen Mark gestartet waren, eine Strecke des fast vierfachen Betrages zurückzulegen und so bei der Ziellinie von 1972 Millionen Mark zu landen. War da Zahlenmystik im Spiel? Denn die erreichte Summe entsprach tatsächlich genau dem Jahr der Spiele: 1972 – Millionen! Sieger in diesem Rennen wurde das Dach des Olympiastadions, das 1967 für 18 Millionen Mark geplant und dann mit 188 Millionen Mark für mehr als das Zehnfache vollendet wurde. Im Konzept der Planer für die Olympischen Spiele stand damals: »Spiele im Grünen, Spiele der Freiheit, Spiele von menschlichem Maß.« Später wird der Schatzmeister des Organisationskomitees zitiert: »Hätten 1969 die Baukosten des Daches mit 80 Millionen DM festgestanden, so wäre es nicht gebaut worden.« Da ist es irgendwie verständlich, dass man das Dach später auch als »achtes Weltwunder« bezeichnete. Denn sind Wunder nicht Dinge, die es eigentlich gar nicht geben dürfte? In der Rückschau finde ich es bemerkenswert, dass in den Auseinandersetzungen, die sich an die Spiele anschlossen, ausschließlich über die erheblichen Baukostenüberschreitungen gestritten wurde. Dabei stellte man unter anderem fest, dass es nur einen auf vagen Überlegungen basierenden Kostenplan gab, der, so hieß es in den Verhandlungen, nicht vollzugsverbindlich gewesen sei.
Die erste Dokumentation Die öffentliche Verschwendung stieß auf ein Interesse, das uns alle überraschte. Man beschloss, diese Arbeit fortzusetzen – auch wenn mancherorts über die Einzelbeispiele geschmunzelt wurde. Offenbar war die politische Öffentlichkeit immer noch geneigt, den im Schwarzbuch geschilderten Fällen den Stempel der unrühmlichen Ausnahme aufzudrücken und ihnen auf diese Weise den Stachel zu ziehen. Wohl auch deshalb setzte man sich 1975 bereits neue Ziele, versuchte, noch stärker in die Diskussion einzugreifen. So stellten die Autoren des neuen Schwarzbuches einen Zusammenhang von Steuerhinterziehung und Steuerverschwendung her. Während der Gesetzgeber für die Steuerhinterzieher harte Strafen vorsehe, so wurde argumentiert, gingen die Steuerverschwender in den meisten Fällen straffrei aus. »Eine solche Ungleichbehandlung ist ungerecht«, heißt es 1975. Als neues Motto wurde die Formel »Verschwendungsstopp durch Strafandrohung« geschaffen. Bis heute kämpft der Bund der Steuerzahler für eine strafrechtliche Verfolgung des verantwortungslosen Umgangs mit Steuergeldern.
Als Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler bekannt und berüchtigt geworden, erscheint die Dokumentation seit 1975 Jahr für Jahr jeweils im Herbst und möglichst vor dem Bericht des Bundesrechnungshofes. Anders als die Rechnungshöfe in Bund und Ländern scheut sich der Bund der Steuerzahler dabei nicht, »Ross und Reiter« zu nennen: Indem die Namen von Personen, Orten und Behörden angegeben werden, bleibt die Beschreibung der Verschwendung nicht im Unverbindlichen. Das hat den Vorteil, dass die diffuse Rede über »die Politiker«, auf die man pauschal mit dem Finger zeigt, vermieden wird und stattdessen nur jene, die es betrifft, genannt werden. Es ist jedoch nicht ganz ungefährlich. Niemand kann zu hundert Prozent ausschließen, sich einmal zu irren. Da im Schwarzbuch die Schuldigen jedoch förmlich am Pranger stehen, sind Irrtümer hier besonders schmerzhaft. Deshalb ist es auch in meiner Zeit als Präsident des Bundes der Steuerzahler stets eisernes Gebot gewesen, dass alle im Schwarzbuch veröffentlichten Beispielsfälle sorgfältig recherchiert und die Recherchen dokumentiert werden. Trotz dieser eisernen Regel ist es in ganz wenigen Fällen zu Pannen gekommen. Da ich das Schwarzbuch jedes Jahr der Presse vorstellte, wurden mir Mängel bei der Recherche oft persönlich und nachhaltig vorgeworfen. Deshalb haften mir solche Pannen besonders im Gedächtnis – obwohl es sich nur um Einzelfälle aus Hunderten von Beispielen handelte.
Eine besonders schöne Pleite erlebte ich, als ich das Schwarzbuch von 1999 vor der Bundespressekonferenz in Bonn vorstellte. Es ging vor allem um die Landesgartenschau in Plochingen. Dort waren aus einem Teich zwölf Koi-Karpfen verschwunden, die einen Gesamtwert von 60 000 Mark hatten. Natürlich schüttelten alle den Kopf über den fahrlässigen Umgang mit dem teuren Gut und wunderten sich, dass die Fische
Weitere Kostenlose Bücher