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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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nun den Auftrag, hier in den Rookeries eine Reihe von Sitzungen abzuhalten, aber leider ist meine langjährige Assistentin aufgrund eines Krankheitsfalls in der Familie verhindert. Also bin ich gezwungen, mich nach einer neuen Mitarbeiterin umzusehen, die mir während der Sitzungen zur Hand geht. Nachdem ich Ihren Auftritt im Prancing Pig miterleben durfte, bin ich überzeugt, dass Sie die Idealbesetzung wären.«
    Irgendwie glaubte ihm Ella. Jedenfalls machte er einen ehrlichen Eindruck, und er hatte ihr den Mantel zurückgebracht – ohne irgendetwas aus den Taschen zu entwenden, soweit sie bislang feststellen konnte. Obendrein war sie allein, mitten in der Nacht, in einer der gefährlichsten Gegenden der Rookeries.
    »Ich höre«, sagte sie und ließ bewusst einen gleichgültigen Unterton mitschwingen. Es wäre nicht gut, wenn sie allzu viel Begeisterung zeigte.
    »Darf ich Sie zu einem Kaffee einladen? Es wirkt ein wenig déclassé , wenn wir hier mitten auf der Straße stehen und verhandeln.«
    Déclassé … o là, là.
    »Na schön, gegenüber von meiner Wohnung gibt es ein Lokal. Dort können wir Kaffee trinken, Oberst, und auf dem Weg dorthin können wir uns unterhalten.«
    Zum Glück waren die Straßen in den Rookeries nachts spürbar weniger überfüllt, sodass die beiden ganz gemütlich nebeneinander hergehen konnten. Doch lag das zum Teil auch an dem großen, kräftigen Oberst Vanka Maykow, der mit seinen breiten Schultern und seinem Spazierstock selbst den Entschlossensten unter denen, die des Nachts auf Beutezug gingen, den Mut nahm.
    »Nun, Vanka, vielleicht fangen Sie damit an, mir zu erklären, was ein ›staatlich anerkanntes Medium und Okkultist‹ eigentlich ist.«
    Vanka lächelte in sich hinein und ließ den Spazierstock spielerisch um seine eigene Achse kreisen. »Ich bin mit ein paar seltenen Fähigkeiten gesegnet, Miss Thomas«, sagte er ernst. »Und diese Fähigkeiten befähigen mich, mit der Welt der Geister in Verbindung zu treten. Mit den Seelen derjenigen, die vor uns gegangen sind.«
    »Wohin?«, fragte Ella unschuldig.
    »Wenn Sie mit den Werken Seiner Heiligkeit, Kamerad Crowley, vertraut sind, so wissen Sie, dass jenseits der Realität der Demi-Monde ein von den Geistern der Toten bewohntes Reich existiert. Meine Gabe befähigt mich, Kanäle in diese Spirituelle Welt aufzuspüren und mit denen zu sprechen, die einst in diesem Saal der Tränen lebten und nun weitergezogen sind.«
    Ella musste den Blick abwenden. Während ihres Psychologiestudiums hatte sie einen Aufsatz darüber geschrieben, wie falsche Spiritisten Leichtgläubige und Unstete dazu brachten, an ihren Hokuspokus zu glauben. Nie im Leben hätte sie sich vorstellen können, dass sie eines Tages selbst bei einem echten Betrüger anheuern würde … na ja, so echt ein Dupe eben sein konnte.
    »Wie soll ich Ihnen behilflich sein, diese Kanäle aufzuspüren? Soweit ich weiß, habe ich keinerlei spiritistische Fähigkeiten.«
    Vanka blieb am Rand des Bürgersteigs stehen und blickte sich mit großem Getue nach links und rechts um, ehe er es wagte, einen Fuß auf die Straße zu setzen. »Leider sind die Praktiken des Spiritualismus von einem Haufen Scharlatane, die ihr mangelndes Talent hinter theatralischen Tricks verstecken wollen, verdorben worden – oder verfälscht, wenn Sie so wollen.«
    »Tricks? Was sind das für theatralische Tricks?«, fragte Ella mit Unschuldsmine.
    Vanka dirigierte sie lässig um einen Haufen Pferdemist herum, der die Mitte der Straße schmückte. »Diese Gauner sind sich nicht zu schade, auf unlautere Hilfsmittel wie Tischerücken, Levitation, Geisterbeschwörung und Ektoplasma zurückzugreifen, um das Publikum davon zu überzeugen, dass sie in der Tat mit denselben Gaben gesegnet sind wie wir Experten.« Er schüttelte resigniert den Kopf. »Es ist eine traurige Tatsache, Miss Thomas, aber in der Welt, in der wir leben, sind die Zuschauer irgendwie enttäuscht, wenn eine Séance ohne diesen ganzen faulen Zauber verläuft.«
    Als sie den Fuß wieder auf den Bürgersteig setzte, musterte Ella den Mann neben sich aufmerksam. »Mal sehen, ob ich Sie richtig verstanden habe, Vanka. All diese Aufschneider beschwindeln ihre Kunden mit einem Haufen von üblen Tricks, um davon abzulenken, dass sie keine übersinnlichen Fähigkeiten besitzen …«
    »Genau.«
    »… waren aber trotzdem mit dieser Masche so erfolgreich, dass, nun ja … diese Tricks und Schwindeleien in den Augen des Publikums zum

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