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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett Mcbean
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drückte ab, und ein dünner, spitzer Pfeil schoss aus der Pistole und traf den Vampir zwischen die Schulterblätter. Der Vampir blieb stehen und fiel rückwärts zu Boden. Wie die meisten Vampire war er nicht sofort tot. Er wand sich, und Blut spritzte aus seinem Mund und sprudelte förmlich aus seiner Nase. Ein bisschen Blut spritzte auch auf Gus. Der Vampir krallte sich an den Pfeil, der aus seiner Brust ragte, und schlug mit letzter Kraft um sich, bevor er tot liegen blieb. Gus wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel ab.
    Er lächelte.
    Der Kerl war leichte Beute gewesen. Nicht alle Vampire waren starke, angriffslustige Biester. Viele waren schlicht Feiglinge und jagten nur die Schwachen, und das auch nur, wenn kaum Gefahr bestand, geschnappt zu werden. Dieser hier wollte nicht einmal sein wahres Gesicht zeigen, bevor er starb - ein echter Feigling. Abschaum.
    Gus ging zu dem Vampir hinüber. Aus der Wunde quoll noch immer Blut, das sich wie ein Heiligenschein aus Rotwein um seinen Körper legte. »Und wieder beißt einer ins Gras«, sagte Gus stolz. Er holte die Säge unter seinem Hemd hervor, zog die Knoblauchknolle aus seiner Hosentasche und stopfte sie in den blutenden, halboffenen Mund des Vampirs.
    Dann setzte er die Säge an der Kehle des Vampirs an und machte sich an die Arbeit.
    Er wusch die Säge und seine Hände im stinkenden Badezimmer. Als alles sauber war, verließ er das Versteck und vergaß dabei auch nicht, seine Hand mit seinem Hemd zu bedecken, als er die Tür schloss.
    Er wusste, dass der Vampir bald noch übler stinken würde als zu seinen Lebzeiten, aber das Haus stand so weit abseits, dass der Gestank auch bisher noch keine neugierigen Nachbarn angelockt hatte. Er war zuversichtlich, dass die Leiche - und der daneben liegende Kopf - noch eine ganze Weile nicht gefunden werden würden, und dass er im Ernstfall längst die Bundesstaatsgrenze passiert haben würde, immer auf der Suche nach weiteren Blutsaugern.
    Während das rauschhafte Gefühl des erfolgreichen Beutezugs durch seinen Körper strömte, begab er sich wieder zu seinem Van, der im Schatten der Bäume parkte.
    Er lief eilig zum Fenster auf der Fahrerseite - er konnte es nicht abwarten, Lucy von seinem Erfolg zu berichten. Aber Lucy saß nicht auf dem Beifahrersitz. Er ging zur Rückseite des Vans, aber sie schlief auch nicht in seinem Bett.
    Nachdem er seine Waffen wieder verstaut hatte, verließ er den Van, spazierte zum Waldrand, legte die Hände an den Mund und rief: »Lucy? Sind Sie da draußen?«
    Keine Antwort.
    Mal für kleine Mädchen?, fragte er sich.
    Er rief erneut nach ihr.
    Der Wind pfiff, die Blätter raschelten, aber er erhielt keine Antwort von Lucy.
    Seltsam, dachte er.
    Er verstand nicht, weshalb sie gegangen war, ohne zu wissen, wie es ausging.
    Er war ja auch nicht lange im Haus gewesen; er hatte höchstens zwanzig Minuten gebraucht, um den Vampir zu töten. Sie hatte sicher auch nicht angenommen, ihm sei etwas zugestoßen, denn der Van stand noch da und der Zündschlüssel steckte.
    Aber vielleicht wusste sie ja, wie es ausgegangen war. Vielleicht wusste sie viel mehr, als sie je zugegeben hatte.
    Gus seufzte. Er war ein wenig traurig, aber er hoffte, sie würde Erfolg bei der Suche nach ihrem Vampir haben.
    Er stieg wieder in den Van, startete den Motor und verließ das Vampirversteck.
     
    BEN , DER VAGABUND
     
    Sie hatte sich dramatisch verändert, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte. Das war erst vier Monate her, aber trotzdem war sie entsetzlich gealtert. Sie war schrecklich dürr, ihre Haut totenblass, und ihr Haar, das unter einer riesigen Baseballmütze hervorguckte - seltsam, dass sie die trug, wo es doch schon nach Mitternacht war - war eine Mischung aus schwarz gefärbt und natürlich blond.
    Ben hatte noch nie mit ihr gesprochen, hatte sich ihr nie zu erkennen gegeben. Er kannte noch nicht einmal ihren Namen; alles, was er über sie wusste, war, dass sie seit anderthalb Jahren den Hume rauf- und runtertrampte, aber er hatte sie schon seit dem Winter nicht mehr hier unten in Victoria gesehen. Zwischendurch glaubte er schon, sie sei vielleicht gestorben oder endlich dort angekommen, wo sie hinwollte (aber wenn sie ihm auch nur ein klein wenig ähnelte, dann würde das noch eine ganze Weile dauern).
    Ben hatte schon eine Zeit lang auf dem bewaldeten Hügel hinter dem Toilettenhäuschen geschlafen, als er aufwachte, weil er aufs Klo musste. Noch halb im Schlaf, stand er auf und wankte zu dem

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