Die Nacht des einsamen Träumers.
denselben Schlussfolgerungen gelangt wie ich?«
»Ich glaube, ja. Ich vermute, bevor Sie von meinem Büro aus in New York anriefen, hat jemand die Organisatoren informiert, dass ihr Plan misslungen ist. Und da haben sie die falsche Adresse des Schuhgeschäfts angegeben.«
»Haben Sie eine Idee, wer New York informiert haben könnte?«
»Ich ja«, sagte der Capitano.
»Ich auch«, sagte Montalbano. »Sagen Sie's oder sage ich's?«
»Sagen Sie's.«
»Die einzige Person, die wusste, dass der Plan misslungen war, war Signora Cosentino.«
»Richtig. Sie hat, als Sie mich in die Kaserne brachten, von zu Hause aus die Bar in New York angerufen. Aber Sie haben ihr Telefon überwacht, und das wusste die Signora nicht.«
»Richtig«, sagte der Capitano ebenfalls. »Ihr Mann hat mit dieser ganzen Geschichte...«
»...überhaupt nichts zu tun. Er hat nie auch nur im Traum daran gedacht, seine Frau umbringen zu lassen. Sie war es, die ihn loswerden wollte. Ich weiß nicht wie, aber sie hat jemanden kontaktiert, um einen fingierten Mordversuch zu inszenieren. Sie hat Sie informiert und sich unter Polizeischutz stellen lassen. Mein Killer-Namensvetter wusste jedoch nicht, dass er, wenn er diese Villa betrat, in eine Falle laufen würde. Bei einem Geständnis hätte er das Spiel der Frau mitgespielt: Er hätte nichts anderes sagen können, als dass er bezahlt worden sei, um sie umzubringen. Und für ihren Mann hätte es ganz übel ausgesehen.«
»Richtig«, sagte der Capitano. »Und was wollen Sie jetzt tun?«
»Schon getan«, sagte der Capitano. »Wir haben die Signora festgenommen und ausgequetscht. Sie hat gestanden, Namen genannt.«
»Warum erzählen Sie mir das alles?«, fragte Montalbano.
»Einfach so. Betrachten Sie's als Weihnachtsgeschenk.«
Catarella löst einen Fall
Warum tue ich mir das eigentlich an?, fragte sich Montalbano, als er aus dem Auto stieg und sich umsah. Es war sechs Uhr, und ein tröstlich schöner Morgen kündigte sich an. Jetzt hatte er, nach einer halben Stunde Fahrt Richtung Fela und dann einer Viertelstunde auf einem holprigen Feldweg, noch mal mindestens eine Viertelstunde vor sich, aber zu Fuß, denn der Feldweg hatte sich mit einem Mal in einen Viehweg verwandelt, den höchstens die Ziegen schafften. Er sah nach oben. Auf dem Hügelkamm, den er erklimmen musste, war der alte Bunker nicht zu sehen, er war zwischen wucherndem Gestrüpp verborgen. Er fluchte, atmete tief ein, als musste er die Luft anhalten, und machte sich an den Aufstieg.
Anderthalb Stunden zuvor hatte ihn das Klingeln des Telefons geweckt.
» Pronti , Dottore? Sind Sie das ganz persönlich?«
»Ja, Catarè.«
»Was haben Sie gemacht, haben Sie geschlafen?«
»Bis vor einer Minute, ja, Catarè.«
»Und jetzt schlafen Sie nicht mehr?«
»Nein, jetzt schlafe ich nicht mehr, Catarè.«
»Ah, Gott sei Dank.«
»Wieso Gott sei Dank, Catarè?«
»Weil ich Sie dann nicht aufgeweckt hab, Dottore.« Entweder riss er ihm bei der nächsten Gelegenheit den Kopf ab, oder er tat, als wäre nichts.
»Catarè, könntest du mir, falls es dir nichts ausmacht, sagen, warum du anrufst?«
»Weil der Dottore Augello Erkältung und Fieber hat.«
»Catarè, morgens um halb fünf ist es mir scheißegal, ob Augello krank ist oder nicht. Hol einen Arzt und ruf Fazio an.«
»Fazio ist auch nicht da. Er liegt mit Gallo und Galluzzo auf der Lauer.«
»Also gut, Catarè, was ist denn los?«
»Ein Schäfer hat angerufen. Er sagt, dass er einen Toten gefunden hat.«
»Wo denn?«
»Oben am Passo di Cane, am Hundepass. In einem alten Banker. Erinnern Sie sich, dass Sie da mal waren, vor drei Jahren oder so...«
»Ja, Catarè, ich weiß, wo das ist. Und man sagt Bunker.«
»Wieso, was hab ich denn gesagt?«
»Banker.«
»Das ist doch dasselbe, Dottore.«
»Von wo hat dieser Schäfer angerufen?«
»Von wo soll er schon anrufen? Aus dem Banbunker, Dottore.«
»Da gibt's doch kein Telefon! In dieser gottverlassenen Gegend.«
»Der Schäfer hat mit seinem Handy angerufen, Dottore.«
Wie konnte es auch anders sein. Noch ein paar Jährchen, und wenn man dann in Italien ohne Handy erwischt wurde, drohte einem die sofortige Verhaftung.
»Also gut, Catarè, ich fahr hin. Und sobald jemand ins Büro kommt, schickst du ihn zu mir zum Bunker.«
»Wie denn, Dottore?«
»Was?«
»Woher soll ich wissen, ob jemand ins Büro kommt? Ich bin
doch
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