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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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leer. Das Gesicht verläßt mich allmählich, und ich habe nichts mitzubringen…
    Das Kind neben ihr regte sich und stieß schlaftrunkene Laute aus. Es drehte sich herum und drängte sich eng an Morgaine. Sie legte den Arm um Nimue und dachte:
Ich bringe ihnen Vivianes Enkeltochter. Aber wenn sie mich nur um ihretwillen wieder aufnehmen, wäre das bitterer als der Tod. Hat die Göttin mich etwa für immer verstoßen?
    Schließlich schlief sie wieder ein und erwachte erst, als es bereits heller Tag war. Ein leichter Nieselregen ging hernieder. Nach diesem schlechten Anfang verlief der Tag nicht besser. Gegen Mittag verlor Nimues Pferdchen ein Hufeisen. Morgaine war ungeduldig und hätte Elaines Tochter vor sich aufs Pferd genommen – sie selbst war nur eine leichte Bürde für das Tier, das ohne Schwierigkeiten zwei Menschen ihrer Größe getragen hätte –, aber sie wollte vermeiden, daß das Pferdchen lahmte. Deshalb bogen sie in ein Dorf ab und suchten nach einem Schmied. Eigentlich wollte sie nicht, daß es bekannt wurde oder sich Gerüchte verbreiteten, die Schwester des Königs reite nach Avalon. Aber nun ließ es sich nicht mehr vermeiden.
    In diesem Teil des Landes gab es so wenig Abwechslung, daß selbst die kleinste Neuigkeit sich in Windeseile verbreitete. Nun, es war nicht zu ändern. Dem armen Tier konnte man keinen Vorwurf machen.
    Schließlich fanden sie einen kleinen Weiher abseits der Straße. Es regnete den ganzen Tag. Obwohl es mitten im Sommer war, fröstelte Morgaine, und das Mädchen war bis auf die Haut durchnäßt und mißmutig. Morgaine achtete nicht darauf. Nimue tat ihr leid, besonders als sie leise weinend nach ihrer Mutter verlangte. Aber auch das war nicht zu ändern und eine der ersten Lektionen, die eine Priesterin zu lernen hatte: Einsamkeit zu ertragen. Nimue würde einfach weinen müssen, bis sie sich selbst Trost schuf oder lernte, ohne ihn zu leben. Alle Mädchen im Haus der Jungfrauen hatten das gelernt.
    Der Mittag war schon lange vorüber. Die Wolken hingen so dicht und tief am Himmel, daß kein Sonnenstrahl hindurchfiel. Trotzdem blieb es um diese Jahreszeit noch lange hell. Morgaine wollte nicht noch eine Nacht unterwegs verbringen. So beschloß sie weiterzureiten, solange die Straße zu sehen war. Mit Erleichterung stellte sie fest, daß Nimue aufhörte zu jammern und aufmerksam um sich schaute, sobald sie wieder unterwegs waren. Sie erreichten die Ruinen eines alten Bauernhauses. Morgaine erinnerte sich an das Huhn, das sie dort gefangen hatte… ja, hier war sie Kevin begegnet. Jetzt näherten sie sich Avalon. Nimue schwankte müde im Sattel. Schließlich hob Morgaine sie vor sich aufs Pferd. Nimue erwachte, als sie das Seeufer erreichten.
    »Sind wir da, Tante?« fragte sie, sobald sie auf den Füßen stand.
    »Nein, aber es ist nicht mehr weit«, erwiderte Morgaine, »wenn alles gutgeht, erwarten dich in einer halben Stunde ein Abendessen und ein Bett.«
    Und wenn nicht alles gutgeht?
Morgaine weigerte sich, daran zu denken. Zweifel war ein verhängnisvoller Feind der Macht und des Gesichts… Fünf Jahre lang hatte sie mühsam Schritt für Schritt den Weg bis zum Anfang im Geiste zurückgelegt, jetzt war alles wieder wie früher. Sie war aus Avalon verstoßen. Es blieb nur noch die eine Prüfung.
Liegt es in meiner Macht zurückzukehren…?
    »Ich sehe überhaupt nichts«, sagte Nimue. »Ist das hier Avalon? Aber da ist nichts, Tante.« Sie blickte ängstlich auf das regennasse, einsame, trostlose Ufer und sah nur wenige Schilfrohre, die im Wind leise raschelten.
    »Man wird uns ein Boot schicken«, beruhigte sie Morgaine.
    »Aber woher wissen die Leute, daß wir hier sind? Wie können sie uns im Regen sehen?«
    »Ich werde es rufen«, gab Morgaine zur Antwort. »Sei jetzt still, Nimue.« In ihr hallte das Echo der ängstlichen Fragen wider. Aber sie stand endlich wieder am heimatlichen Ufer, spürte das alte Wissen in sich aufsteigen, und es füllte sie wie einen Becher bis zum Rand, bis zum Überfließen. Morgaine neigte den Kopf zum inbrünstigsten Gebet ihres Lebens. Dann atmete sie tief und hob die Arme zur Anrufung. Einen Augenblick lang empfand sie nichts, spürte nichts als das Versagen. Doch dann senkte es sich langsam auf sie herab, hüllte sie ein wie ein Lichtstrahl, durchzuckte sie. Sie hörte, wie das Mädchen neben ihr vor Erstaunen die Luft anhielt. Morgaine hatte keine Zeit, darauf zu achten. Sie spürte ihren Körper wie eine leuchtende Brücke

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