Die Orks 01 - Die Rückkehr der Orks
ein weniger leichtes Ziel abzugeben. Balbok konnte nur auf einen der Verfolger schießen, während der andere unaufhaltsam näher kam. Der Ork verzichtete darauf, noch einen weiteren Pfeil auf den Weg zu schicken, er nahm die Beine in die Hand und rannte, so schnell er konnte. Von seinem Bruder hatte er gelernt, dass es zwar ziemlich orkisch ist, bis zum bitteren Ende gegen den Feind zu kämpfen, aber auch ziemlich dämlich. Unter bestimmten Voraussetzungen war Flucht die bessere Wahl – es brauchte ja keiner zu erfahren.
Inzwischen hatten die Orks die erste Eisnadel passiert. Ihre Lungen brannten von der kalten Luft, und ihre Beine schmerzten, aber sie zwangen sich dazu, immer weiterzulaufen, was ihnen in Anbetracht der wütenden Verfolger nicht allzu schwer fiel.
Schon konnten sie den schnaubenden Atem der Eisbestien hören, die durch die dämmrige Nacht jagten. Mit Pfeilen zu schießen wagten die Elfen noch immer nicht, aus Sorge um ihre Hohepriesterin, aber Rammar war klar, dass diese Zurückhaltung nicht mehr lange andauern würde. Spätestens, wenn die Tempelwächter erkannten, was das Ziel der Orks war, würde ihnen klar werden, dass sie angreifen mussten, wollten sie nicht das Nachsehen haben.
Die Flüchtenden mit ihrer Geisel erreichten die große Felsnadel, hinter der sie den Eissegler versteckt hatten – und so gern Rammar sonst Recht behielt, dieses eine Mal hätte er nichts dagegen gehabt, sich zu irren. Aber es kam so, wie er vermutet hatte: Als die Elfen sahen, dass den Orks ein Fluchtvehikel zur Verfügung stand, mit dem sie den Eisbären mit Leichtigkeit entkommen konnten, legten sie die Pfeile an die Sehnen ihrer Langbogen, und die Reiter im Nacken der Tiere senkten ihre Lanzen.
»Sie greifen an!«, erkannte Rammar, während er und sein Bruder atemlos an Bord des Eisseglers sprangen. »Sie wissen, dass das ihre letzte Möglichkeit ist, uns noch zu kriegen.«
»Shnorsh!«, schimpfte Balbok und schoss zwei weitere Pfeile ab, aber beide verfehlten ihr Ziel.
»Die Leinen los!«, verlangte Rammar, worauf der Hagere mit der Axt kurzerhand die Seile kappte, mit denen der Eissegler festgemacht war. Anschließend durchtrennte er mit einigen gezielten Axthieben auch die Haltetaue, und das lederne Segel fiel geräuschvoll herab – um daraufhin nur schlaff an der Rah zu hängen.
»He, was ist los?«, wetterte Rammar. »Wo ist der verdammte Wind geblieben?«
»Ihr Dummköpfe müsst das Schiff mit den Lenkstangen in den Wind drehen!«, rief ihm die Priesterin zu.
»Hä? So ein Unsinn! Auf dem Weg hierher mussten wir das nicht.«
»Dann hattet ihr mehr Glück als Verstand, dass der Wind immer aus derselben Richtung blies. Jetzt hat er jedenfalls gedreht, und wenn ihr nicht allmählich etwas unternehmt, werdet ihr in ein paar Augenblicken tot sein!«
Wie um ihre Worte zu bestätigen, war plötzlich ein hässliches Sirren zu vernehmen – und noch ehe sich Rammar und Balbok zu Boden werfen konnten, schlug ein Dutzend Pfeile in das Deck und in die Back.
»Shnorsh, das Weibsbild hat Recht«, gab Rammar widerwillig zu. »Hilf mit, Dummkopf, sonst sind wir geliefert!«
Balbok tat wie ihm geheißen und griff nach einer der Stangen, die am Mastbaum in eisernen Klammern steckten.
»Rechts herum!«, rief er und stocherte drauflos.
»Nein, links herum!«, widersprach Rammar, während erneut ein Pfeilhagel den Eissegler überzog. »Und behalte verdammt noch mal deine Rübe unten!«
Einen Augenblick lang schlingerte der Eissegler hin und her, bis er plötzlich einen zusätzlichen Stoß erhielt. Gegen Rammars Widerstand drehte sich der Rumpf nach rechts, von der Eisnadel weg, bekam dadurch Wind in die Segel und rauschte nach vorn.
»Jaaa!«, schrie Rammar seine Freude und seinen Triumph laut hinaus – dann erkannte er, dass es keine andere als die Priesterin gewesen war, die selbst Hand angelegt und Balbok geholfen hatte, den Segler anzustoßen und in den Wind zu drehen.
Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, hatten die Orks nicht; noch hatten die Tempelwächter ihre Herrin nicht aufgegeben. Der eine Eisbär lief am Steuerbord parallel zum Schiff, damit die Elfen ihre Pfeile auf die Gegner abschießen konnten, der andere versuchte, dem Segler den Weg abzuschneiden.
Ein weiterer Pfeilhagel zuckte durch die Luft und zwang sowohl die Orks als auch ihre Geisel dazu, sich bäuchlings auf die Planken zu werfen, damit sie hinter dem Schanzkleid in Deckung waren. Mit dumpfem Pochen schlugen die Pfeilspitzen
Weitere Kostenlose Bücher