Die Orks 01 - Die Rückkehr der Orks
schöner Gedanke, der so gar nicht zu einem Ork passt«, erwiderte Alannah mit freudlosem Lächeln. »Aber eigentlich sind Wolken das, was entsteht, wenn kalte und warme Luft aufeinander treffen, nämlich Wasserdampf.«
»Wasserdampf?« Rammar blieb stehen, drehte sich um und starrte die Priesterin fassungslos an. »Das ist der größte shnorsh, den ich je gehört habe«, tönte er. »Wenn das die Weisheit von euch Elfen ist, dann wundert es mich nicht, wenn ihr zu euren entlegenen Gestaden flüchtet.«
»Es sind die Fernen Gestade«, verbesserte Alannah. »Und ich sage die Wahrheit.«
»Aber sicher doch. Und Blitz und Donner rühren in Wirklichkeit auch nicht von Kuruls Zorn, sondern sind eine ganz natürliche Sache, richtig?«
»Richtig.«
»Klar doch«, brummte Rammar, und an Balbok gewandt machte er eine unmissverständliche Handbewegung, die bedeutete, dass im Kopf der Elfin seiner Meinung nach einiges durcheinander war.
Sie folgten weiterhin dem Pfad. Zu sehen war jeweils nur der kurze Abschnitt, auf dem sie sich bewegten, vor und hinter ihnen lag der Weg in dichtem Dunst.
Erst gegen Mittag riss die Wolkendecke ein wenig auf. Da erreichte der kleine Trupp gerade ein Joch. Es erstreckte sich zwischen zwei bizarren felsigen Überhängen, die die Form riesiger Raubvogelköpfe hatten. Im fahlen Sonnenlicht, das zwischen den Wolken hindurchsickerte und auf die karge Senke traf, sahen die Orks jedoch noch etwas anderes, das ihnen ganz und gar nicht gefallen wollte: Entlang des Pfades, der das Joch überquerte, waren steinerne Säulen errichtet, die mit elfischen Schriftzeichen versehen waren.
»Verdammtes Elfenwerk!«, maulte Rammar und griff nach dem saparak, den er am Riemen auf seinem Rücken trug. »Ich wusste, dass uns das Weib in eine Falle lockt!«
»Diese Säulen sind jahrtausendealt«, erklärte Alannah gelassen. »Vor ihnen brauchst du dich nun wirklich nicht zu fürchten.«
»Wer sagt, dass ich mich fürchte?«
»Du brauchst es nicht zu sagen, ich sehe es dir an. Diese Anhöhe wurde in alter Zeit Falkenjoch genannt. Als die Welt noch jung war, trafen Trolle und Elfen hier in einer erbitterten Schlacht aufeinander. Wäre es in jener Schlacht nicht gelungen, die Trolle zurückzuschlagen, hätten sie amber überrannt. Zum Andenken an die siegreichen Helden hat man die Säulen errichtet.«
»Was du nicht sagst«, brummte Rammar, während er sich weiterhin wachsam umschaute. »Weißt du, es schert mich nicht, was vor ein paar Tausend Jahren hier geschehen ist, Elfenpriesterin. Wir Orks geben nämlich nichts auf die Vergangenheit. Uns kümmert nur die Gegenwart.« Er wandte sich an seinen Bruder. »Kannst du was riechen, Balbok?«
Der hagere Ork legte den Kopf in den Nacken, hielt die krumme Nase in den Wind und schnupperte geräuschvoll.
»Nichts«, erklärte er schließlich.
»Bist du sicher?«
»Ich denke schon.«
»Gut. Gehen wir weiter.«
»Was sollte das eben?«, fragte Alannah fassungslos. »Willst du behaupten, dein einfältiger Kumpan könnte Elfen riechen?«
»Er kann so ziemlich alles riechen«, bestätigte Rammar. »Außerdem ist er nicht mein Kumpan, sondern mein Bruder.«
»Dein Bruder?«
»Das sagte ich gerade, oder nicht?« Er musterte sie aus blitzenden Augen. »Warum musst du immer alles wiederholen, was ich sage?«
»Ich bin nur überrascht, das ist alles. Ich dachte, Orks pflegen keine verwandtschaftlichen Beziehungen.«
»Du scheinst ja schlichtweg alles zu wissen, was?« Rammar baute sich wütend vor ihr auf. »Weißt du was, Priesterin? Warum kümmerst du dich nicht einfach um deinen eigenen Kram und behältst deine Weisheiten für dich? Dein Gequatsche geht mir auf die Nerven, und meinem Bruder auch. Richtig, Balbok?«
»Ich, äh …«
»Wir sind, was wir sind«, fuhr Rammar in seiner Erregung fort, »nämlich Orks. Keine Elfen, keine Zwerge und auch keine Menschen. Wenn dir das nicht passt, ist das deine Sache, aber hör auf, so zu tun, als wüsstest du über uns Bescheid. Du weißt nämlich nichts, das kann ich dir versichern.«
Damit drehte er sich um und stampfte verärgert voraus, ungeachtet des Nebels, der den Pfad verhüllte.
Die Dämmerung brach erneut herein, und die kleine Gruppe schlug wieder ihr Nachtlager auf. Ein Felsüberhang, der ein natürliches Dach bildete, bot ihnen Unterschlupf, und das war gut so, denn kaum war das Tageslicht verblasst, setzte ein wütender Schneesturm ein, der die Felsen in bizarre Eisskulpturen verwandelte.
Die
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