Die Pfade des Schicksals
Covenant nicht wieder zu Bewusstsein, wirst du die Entscheidungen für uns treffen müssen. Gemeinsam mit Stave und Mahrtür. Ich will keine mehr treffen.«
Die Folgen ihrer Unzulänglichkeit umgaben sie auf allen Seiten. Sie hatte schon zu viel Schaden angerichtet. Und sie war durch ihre Albträume verändert worden, durch Fehler und Schwächen sonder Zahl.
Raureif Kaltgischt runzelte die Stirn. »Du unterschätzt dich. Dass du nicht verzeihst, ist in der Tat klar. Aber wie ich schon gesagt habe, hast du bisher beängstigend schwere Lasten auf dich genommen. Deshalb erkenne ich an, dass du eine längere Atempause brauchst. Sind Stave und die Ramen einverstanden, werden wir die nötigen Entscheidungen treffen.
Erheben die Meister Einspruch, müssen sie ihre eigenen Wünsche vorbringen.«
»Das werden wir tun«, stellte Galt nüchtern fest.
Der Mähnenhüter studierte Linden und Kaltgischt. Dann nickte er. »So soll es geschehen, Eisenhand der Schwertmainnir. Trotzdem will ich betonen, dass die Ramen zu der Ring-Than halten. Wird sie wieder Linden Avery die Auserwählte, wie es unvermeidlich ist, ist ihr Wort uns Befehl - ohne Rücksicht auf Verluste.«
0 Gott! … wie es unvermeidlich ist…
Stave demonstrierte seine eigene Loyalität, indem er etwas näher an Linden herantrat. Sein einzelnes Auge beobachtete Galt leidenschaftslos.
Der Meister hatte bereits zu erkennen gegeben, dass er sich nicht damit begnügen wollte, den Croyel in Schach zu halten. Wie Clyme und Branl würde er sich vielleicht schon bald gezwungen sehen, sein Handeln nach anderen Prioritäten auszurichten.
Kaltgischt erwiderte Mahrtiirs Nicken. »Dann sind wir uns einig, Mähnenhüter. Auch wir wollen Linden Riesenfreundin bis zum Ende folgen. Mir liegt nur daran, sie unter diesen schwierigen Umständen zu entlasten.«
Diesmal verbeugte Mahrtür sich. »Dann lass uns jetzt gehen, um Liands Grab zu ehren, so gut wir es vermögen. Die Standhaftigkeit des Steinhauseners soll uns ein Leitstern für zukünftige Entscheidungen sein.«
Raureif Kaltgischt verbeugte sich ihrerseits, dann bückte sie sich nach ihrer Rüstung.
Frostherz Graubrand, Spätgeborene und Rüstig Grobfaust hatten ihre Rüstung schon wieder angelegt und lockerten ihre Langschwerter in den Scheiden. Jetzt hob Grobfaust Anele aus Sturmvorbei Böen-Endes Brustpanzer.
Der Alte reagierte nicht darauf. Er schien die Betriebsamkeit um ihn herum gar nicht wahrzunehmen. Seine Gedanken blieben auf etwas fixiert, das außer ihm niemand wahrnehmen konnte: das Dilemma seines persönlichen Widerspruchs, muss und kann nicht in ständigem Wechsel.
Wenig später war Böen-Ende bereit, Anele wieder zu tragen. Die anderen Riesinnen rückten ihre Rüstung zurecht und warfen sich Säcke mit Vorräten über die Schulter. Galt wartete keine Aufforderung ab, sondern drehte Jeremiah mitsamt dem Croyel um und machte sich daran, ihn vorsichtig den Hang zu dem weißen Grat hinaufzuschieben. Zirrus Gutwind erbot sich, Covenant zu tragen, aber davon wollte der Mähnenhüter nichts wissen. »Bisher hat kein Mittel angeschlagen«, erklärte er ihr. »Aber vielleicht bewirkt körperliche Anstrengung, dass die Ansprüche seines Körpers sich gegen die seines Geistes durchsetzen.«
Gutwind gab schulterzuckend nach und gesellte sich zu den übrigen Schwertmainnir. Wenig später waren Linden und ihre Gefährten in Bewegung und stiegen wieder den mit Felsblöcken übersäten Hang zu der Stelle hinauf, an der Liand den Tod gefunden hatte.
Ihre Freunde wollten ihr alle Entscheidungen abnehmen - aber nur bis sie sich imstande fühlte, wieder die Auserwählte zu sein: die Frau, an die zu glauben sie sich entschieden hatten. Sie verstanden nicht, dass Liands Tod und ihr Blick in Jeremiahs Verstand und die kreischende Macht des Übels sie die Wahrheit über sich selbst gelehrt hatten. In ihrem Innersten war sie Aas. Fraß für Geier und Maden. Sie wollte keine Entscheidungen mehr treffen.
Das war ihre einzige Verteidigung gegen die Machenschaften des Verächters.
5
Vermächtnisse
L inden, die ihren Stab und Covenants Ring und Jeremiahs wiederhergestelltes Rennauto trug, als wären sie bedeutungslos, stieg mit Mahrtür und Stave den Hang hinauf wie eine Frau, die den Galgenbühl ersteigt.
Die Hügel erschienen ihr jetzt steil; schwieriger als in ihrer Erinnerung. Eine Art moralischer Schwäche ließ ihre Muskeln erlahmen. Sie wollte Liands Grabhügel nicht sehen - und konnte sich doch nicht weigern. Wie
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