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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Berties Vater war. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da Danny Hugh den Hals umdrehen wollte. Sie waren einander nie begegnet, doch Danny hatte ein gutes Gedächtnis. Wie würde er reagieren?
    Immerhin war er mittlerweile sechs Jahre älter. Er musterte Hugh mit einem kühlen Blick, gab ihm aber anständig die Hand.
    Hugh, der von seiner Vaterschaft nichts wußte und daher auch keinen Schimmer von Dannys Vorbehalten hatte, fragte ihn in freundlichem Ton: »Sind Sie der Bruder, der von zu Hause ausgerissen und nach Boston gegangen ist?«
    »Und ob ich der bin!«
    »Was du nicht alles weißt, Hugh!« sagte Solly. Solly hatte keine Ahnung davon, wie gut Hugh und Maisie einander kannten und daß sie einen ganzen Abend damit verbracht hatten, sich gegenseitig ihre Lebensgeschichten zu erzählen. Das Gespräch beunruhigte Maisie: Es glitt über die Oberfläche zu vieler Geheimnisse, und das Eis war dünn. Es drängte sie, wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen. »Warum bist du hierher gekommen, Danny?« fragte sie.
    Ein bitterer Zug zeigte sich auf seinem müden Gesicht. »Ich bin nicht mehr Generalsekretär der Working Men's Welfare Association«, sagte er. »Ich bin am Ende. Zum drittenmal in meinem Leben haben mich unfähige Bankiers ruiniert.«
    »Danny, bitte!« protestierte Maisie. Er wußte sehr gut, daß Solly und Hugh im Bankgeschäft tätig waren.
    »Keine Angst!« beruhigte sie Hugh. »Unfähige Bankiers sind uns auch zuwider. Sie stellen eine Bedrohung für alle dar. Aber was genau ist denn passiert, Mr. Robinson?«
    »Der Aufbau des Arbeiterwohlfahrtvereins hat mich fünf Jahre gekostet«, berichtete Danny, »und wir waren sehr erfolgreich. Woche für Woche zahlten wir mehrere Hundert Pfund an Unterstützung aus und nahmen Tausende an Mitgliedsbeiträgen ein. Die Frage war also, wohin mit den Überschüssen ...«
    »Ich nehme an, ihr habt sie als Reserve für schlechtere Zeiten auf die hohe Kante gelegt?« warf Solly ein. »Ja, haben wir. Und, was meinst du, bei wem?«
    »Nun, bei einer Bank vermutlich.«
    »Ja. Bei der City of Glasgow Bank, um es genau zu sagen.«
    »Au weh«, entfuhr es Solly. »Ich verstehe nicht ...« sagte Maisie.
    »Die City of Glasgow Bank hat Konkurs gemacht«, erklärte Solly.
    »O nein!« schrie Maisie auf. Sie hätte am liebsten drauflos geheult.
    Danny nickte. »Schwer schuftende Arbeiter hatten das Geld Shilling um Shilling zusammengetragen. Und diese Idioten mit den Zylinderhüten haben alles verloren.« Er seufzte. »Ich habe seither verzweifelt versucht, den Verein zu retten, aber es war hoffnungslos. Ich mußte aufgeben.«
    »Mr. Robinson«, sagte Kingo unvermittelt, »es tut mir aufrichtig leid für Sie und die Mitglieder Ihres Vereins. Möchten Sie eine Erfrischung? Wenn Sie vom Bahnhof kommen, müssen Sie ein Dutzend Kilometer zu Fuß gegangen sein.«
    »Ja, gerne. Ich danke Ihnen.«
    »Ich bringe Danny ins Haus«, sagte Maisie. »Ihr könnt euren Spaziergang in Ruhe beenden.«
    Sie spürte, daß ihr Bruder tief verletzt war, und wollte mit ihm allein sein. Unter vier Augen kann ich ihm vielleicht am ehesten helfen, dachte sie.
    Auch den anderen ging die Tragödie nahe. »Wollen Sie über Nacht bei uns bleiben, Mr. Robinson?« fragte Kingo. Maisie zuckte zusammen. Kingos Großzügigkeit ging zu weit. Hier draußen im Park ein paar freundliche Worte mit Danny zu wechseln war leicht. Blieb er jedoch über Nacht, so stand zu befürchten, daß Kingo und seine feinen Freunde bald genug von den billigen Kleidern und den Proletariersorgen ihres Bruders haben würden. Sie würden ihm die kalte Schulter zeigen und seinen Kummer dadurch noch verstärken.
    Aber da sagte Danny: »Ich muß heute abend wieder in London sein. Ich bin bloß auf ein paar Stunden gekommen, um meine Schwester zu sehen.«
    »In diesem Fall gestatten Sie mir, daß ich Ihnen für die Rückfahrt zum Bahnhof - wann immer es denn soweit sein wird - meine Kutsche zur Verfügung stelle.«
    »Sehr freundlich von Ihnen.«
    Maisie nahm den Arm ihres Bruders. »Komm mit, ich sorge erst mal dafür, daß du was in den Magen bekommst.«
    Als Danny sich wieder auf den Weg zurück nach London gemacht hatte, zogen sich Maisie und Solly zum Nachmittagsschläfchen zurück.
    Solly lag in einem Bademantel aus roter Seide auf dem Bett und sah ihr beim Ausziehen zu. »Ich kann Dans Wohlfahrtsverein nicht retten«, sagte er. »Selbst wenn es mir finanziell sinnvoll erschiene - was nicht der Fall ist -, könnte ich die

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