Die Prinzen Von Irland
Menschen gab, dem er
vertrauen konnte und dem der König Gehör schenken würde, dann war es der
Druide. Larine hatte Botschaften von allergrößter Wichtigkeit zu überbringen:
Erstens, dass sie wegen der Drohung der Königin geflohen
waren, und zweitens, dass er das Mädchen nicht berührt hatte.
An jenem ersten Tag,
als die Slieve–Bloom–Mountains in Sicht kamen, war ihm klar geworden, wie
wichtig es war, dass er strenge Enthaltsamkeit übte.
Sogar in jener
dunklen Nacht, als sie aufgebrochen waren, war ihm bereits bewusst gewesen,
dass er, sobald er Deirdre in Sicherheit gebracht hatte, seinem Onkel irgendein
Wort der Erklärung zukommen lassen musste. Er musste ihm unbedingt von der
Drohung seitens der Königin berichten. Er war durchaus zuversichtlich, dass
sein Onkel erkennen würde, dass er die Wahrheit sagte. Er hatte Deirdre
lediglich entführt, um ihr Leben zu retten. Denn wenn die Königin entschlossen
war, sie umzubringen, dann würde sie früher oder später Mittel und Wege finden,
ihr Ziel zu erreichen, und dies konnte sein Onkel gewiss nicht wünschen. Vielleicht
konnten sie durch Larines Vermittlung zu einem gegenseitigen Verständnis
gelangen. Nach einer nur zum Schein aufgenommenen Verfolgung könnte sein Onkel
ihn vielleicht sogar still und heimlich über das Meer entkommen und es dabei
bewenden lassen.
Im weiteren Verlauf
des Morgens sah er noch andere, kompliziertere Möglichkeiten. Was war, wenn
sein Onkel das Mädchen zu ihrer Sicherheit fortschickte, von ihm selbst aber
verlangte, dass er zurückkehrte? Oder wenn der Hochkönig sich von der Königin
scheiden ließ und seine Häscher nach Deirdre ausschickte? Conall könnte das
eine wie das andere unmöglich akzeptieren. Denn er liebte Deirdre und wusste,
dass sie den König nicht ausstehen konnte.
Aber wenn er Larine
gegenüber nicht mit einem druidischen Eid feierlichster Art beschwören konnte,
dass das Mädchen noch unberührt war, würden all seine Erklärungen über sein
Verhalten null und nichtig werden.
* * *
Larine las die
Nachricht auf dem Aststück. Sie war kurz und bündig: ein Name, ein Ort, ein
Datum und das Wort »allein«. Dann wandte er sich wieder an den Boten. Es würde
nicht schwer sein, eine Anstellung für ihn zu finden. In Uisnech befanden sich
immer noch vier oder fünf Häuptlinge, die auf ein Wort von Larines Seite diesen
Barden um eine Probe seiner Kunst bitten und ihn dafür entlohnen würden. Wenn
er gut war, würde sich dies im Nu herumsprechen.
Die Botschaft von
Conall war dagegen eine weniger einfache Sache. Die Feierlichkeiten hatten
zwar, wie vorgeschrieben, ihren weiteren Verlauf genommen, aber die Luft war
erfüllt von bedrückender Spannung. Äußerlich war der Hochkönig ganz ruhig, aber
auf Leute wie Larine, die sein Inneres kannten, machte er einen erzürnten – und
äußerst gefährlichen – Eindruck.
Durfte er es selbst
angesichts des Schutzes, den er als Druide genoss, riskieren, einen solchen
Gang zu dem Flüchtigen zu unternehmen? Wenn Conall sich mit ihm zu treffen
wünschte, dann vielleicht, um seinen Rat einzuholen, aber vielleicht auch mit
der Absicht, ihn eine Nachricht überbringen zu lassen. War er wirklich gewillt,
anschließend zurückzukehren und dem König zu berichten, er habe sich hinter
seinem Rücken mit Conall getroffen? War die Freundschaft mit Conall ihm so viel
wert?
Nachdem er an jenem
Tag lange und eingehend das Für und Wider erwogen hatte, beschloss er, sich zu
dem Treffpunkt zu begeben. Er war eine tapfere Seele.
*
* *
Schon
drei Tage lang rasteten sie nun an dem Teich, der auf der einen Seite von einem
Bach gespeist wurde und an dessen anderem Ende ein Rinnsal klaren Wassers über
eine Steintreppe plätscherte,
bevor es durch einen von Stechginster erwachsenen Abfluss in eine gewundene
Schlucht stürzte.
Die Hänge ringsum
waren dicht bewaldet. Conall hatte einen kleinen Unterstand errichtet. Sie
fingen Forellen – die klein, aber schmackhaft waren. Conall schlug Holz und
legte Vorräte an. Deirdre wusch all ihre Gewänder in dem Bach.
Conall schnitzte sich
gerade einen Stock, um Fische zu stechen, als Deirdre ihn wie nebenbei fragte,
ob er vorhabe, an diesem Abend ins Tal hinunterzugehen.
»Nein«, antwortete er
ruhig. »Wir haben genug zu essen. Aber morgen werde ich dich für ein paar Tage
verlassen.« Kurz danach watete er in den Teich, stand mit gezücktem Speer
reglos da und wartete auf Fische.
Da wusste sie, was
sie zu tun hatte. Es musste an
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