Die Prinzessin
Land verlassen. Der Botschafter hatte ihn angefleht, so lange zu bleiben, wie Lankonien und Amerika ihn brauchten. »Sie werden heute, beim Mittagessen, zusammen gesehen werden. Während des Mahles werden sie wieder eine kleine Auseinandersetzung haben und sich zornig voneinander trennen. Ihre Königliche Hoheit wird einen Spaziergang in die Berge unternehmen. Wir glauben, daß man dort Kontakt zu ihr aufnehmen wird. Beim Abendessen wird ein Ober sie mit Suppe bekleckern. Sie werden darüber wütend, streiten sich heftig mit Ihrer Frau, packen Ihre Koffer und fliegen zurück nach Amerika.«
»Sie scheinen verdammt sicher zu sein, daß man Aria ansprechen wird.«
»Die amerikanische Regierung hat verlautbart, daß die Verträge über das Vanadium innerhalb von acht Tagen unterzeichnet sein müssen. Sonst betrachten die USA Lankonien als ihren Feind. Diese Erklärung wird bekanntgegeben, wenn die Prinzessin — die falsche natürlich — gefangengenommen wurde. Ich bin sicher, daß die Ratgeber des Königs alles unternehmen werden, um die Nachricht vom Kidnapping seiner Enkeltochter vor ihm geheimzuhalten. Sonst wäre er zu aufgeregt und nicht fähig, die Verträge zu unterzeichnen.«
»Dann könnte doch auch die lankonische Regierung die Verträge unterzeichnen.«
»Die Vanadiumvorkommen gehören der Familie des Königs.«
In J. T. tobte ein Kampf, der ihn fast zerriß. Zum einen wollte er natürlich, daß Amerika das Vanadium bekam — andererseits hatte er genug von den Intrigen, und er wollte fort von Aria, der Frau, die ihn zum Narren gehalten hatte! Alles, was sie in Amerika getan hatte, war berechnet gewesen. Sie wollte sein Geld, um es in ihr Land zu stecken!
»Ich werde mich noch vierundzwanzig Stunden in diesem Land aufhalten. Keine Sekunde länger.«
Der Botschafter lächelte schwach und streckte seine Hand aus, aber J. T. ignorierte sie.
15
Um acht Uhr morgens servierte eine Dienerin Aria den Tee in ihrem Zimmer. Der ganze Morgen wurde, so gut es ging, ihrem Leben im Palast angeglichen. Ganz allmählich umfing Aria die Routine des täglichen Einerleis: Sie erlaubte der Frau des Botschafters, ihr beim Ankleiden zu helfen, und kanzelte das Zimmermädchen ab, weil sie die Schuhe nicht geputzt hatte. Ein Teil von ihr beobachtete dieses seltsame Tun mit ausgesprochenem Mißfallen, aber irgendwie schien es ihr unmöglich zu sein, ihrem herrischen Ich Einhalt zu gebieten.
Um Viertel vor eins eilte sie die Treppe hinunter. Als sie J. T. erblickte, fiel alle Arroganz von ihr ab. Seine Gegenwart machte die Erinnerung an Strandparties lebendig.
Doch J. T’s Gesichtsausdruck konnte man entnehmen, daß er nur mühsam seinen Zorn beherrschte. Er zog sie in den Empfangssalon. »So«, sagte er, und seine Augen wurden ganz dunkel, »du hast mir also etwas vorgemacht! Du wolltest mit mir verheiratet bleiben, bis >daß der Tod uns scheidet«, ja?«
»Versteh doch, deine Regierung wollte mir nur unter der Bedingung helfen, daß du Prinzgemahl wirst.«
»König!« fauchte er.
Sie sah ihn an.
»Also hast du nicht nur mich belogen und betrogen, sondern auch meine Regierung! Ich habe immer geglaubt, daß unsere Ehe zeitlich begrenzt wäre!«
Aria schwieg.
»Wann wolltest du es mir denn erzählen? Hast du vielleicht mal nachts, wenn wir zusammen im Bett lagen, gesagt: >Du wirst den Rest deines Lebens in meinem gottverlassenen Land verbringen müssen, mein Schatz. Du mußt deine Familie, das Meer und alles andere in Amerika aufgeben, damit du in meinem Land in einer altersschwachen Pferdekutsche herumfahren und Leuten zuwinken kannst, die dich hassen, weil du Amerikaner bist?< Das erwartest du doch von mir, oder?«
»Das habe ich niemals in Erwägung gezogen. Ich habe nur an mein Land gedacht.«
»Du hast nur an dich und deine Ziele gedacht! Ich bin Amerikaner, und ich werde es bleiben. Ich will nicht hier leben und auch kein Marionettenkönig sein! Für einen goldenen Käfig gebe ich meine Freiheit nicht auf. Ich fahre noch heute nach Hause. Deine Vereinbarung mit der Army gilt nicht für mich! Unsere Ehe wird annulliert, sobald ich zu Hause bin. Dann bist du frei und kannst einen Halbidioten zu deinem König machen.« Er packte sie grob am Arm. »Komm, bringen wir’s hinter uns.«
Aria versteifte sich so sehr, daß sie fast in zwei Teile brach. Wie eine Schlafwandlerin ging sie mit ihm zum Hotel. Im Speisesaal sagte er mit frostiger Stimme: »Ich glaube, wir sollten jetzt damit beginnen, uns zu
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