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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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er
gedanklich in die Quelle tauchte. Die Wächter hatten ihn gerufen, um seine
Hilfe zu erhalten, doch was spielte es noch für eine Rolle? Was war so
wichtig an dieser Aufgabe, verglichen mit der Ewigkeit der Quelle?
    Es gab nichts, was in diesem Augenblick richtiger
erschien, als in den See zu tauchen…
    Eine blaue Nebelschwade kroch aus dem See, über das
Gras, in seine Richtung. Er konnte bereits ihre warme, sanfte Lebensenergie
spüren; gleich würde er mit ihr verschmelzen, gleich würde er
wieder ein Teil des Sees werden…
    Aus den Tiefen der Quelle stiegen geisterhafte Wesen
empor. Sie waren pure Energie, sie waren das Lachen, sie waren die Lebensfreude
und sie riefen ihn.
    Leathan ging noch näher an die Quelle heran, auch er
musste lachen, aus reiner Freude darüber, zu existieren. Sie waren seine
Geschwister, sie waren er und er war ein Teil des Ganzen.
    Endlich wieder zu Hause!
    Seine Schritte zögerten nicht länger. Er ging
erleichtert in das energiegeladene Wasser hinein... Seine Augen schimmerten
bereits so glänzend wie der aus Licht geborene Wasserfall. Er lachte
wieder, als die unzähligen geisterhaften Wesen sich ihm näherten, um
ihresgleichen willkommen zu heißen. Ihr Lachen war Musik, die Leathans
Seele beflügelte. Er wusste wieder, wie sie genannt wurden.
    Sie waren die Kinder der Quelle und er gehörte zu
ihnen.
    Sie schwirrten wie leuchtende Schmetterlinge um ihn. Nur
eine Handbreite von ihm entfernt lachten sie mit ihm und Leathans Körper
löste sich langsam im Nebel auf, um sanft in die Quelle, seine Heimat,
hinein zu fließen.
    Er wurde Energie, er wurde unvergängliches Leben, er
wurde wieder er selbst, erfüllt von dem Wissen des Universums. Leathan drehte
sich um, teils Energiewesen, teils Mensch, um lachend den König
einzuladen, mitzukommen und sein Glück zu teilen.
    Doch plötzlich verschwand sein Lachen und die Musik
verstummte. Die anderen Kinder zogen sich von ihm fort…
    Er hatte es wieder getan…
    Einmal mehr hatte dieses Kind der Quelle auf seine wahre
Existenz verzichtet, um an der Seite des Königs zu sein. Der König
stand am Ufer und sah zu Leathan. Er blickte schmerzerfüllt auf dieses
magische Wesen, das zum zweiten Mal seinetwegen auf sich selbst verzichtet
hatte.
    Leathans Körper bestand noch immer zum Teil aus
Energie, doch langsam gewannen seine Konturen wieder an Festigkeit. Er wurde
allmählich wieder zu einem Menschen, sterblich, verletzlich.
    „Warum hast du mich nicht gewarnt, König?“
    König Leathan näherte sich nun und stand vor
dem Wesen, das einst Stella hieß und nun seinen Namen trug. „Hättest
du es vorher gewusst, wärest du gar nicht erst bis zur Quelle gegangen.
Ich wollte dir die Wahl lassen. Mein Fluch muss nicht auch deiner sein.“
    Leathan sah in das leuchtende Wasser der Quelle, dann
wieder in das Leid erfüllte Antlitz des Königs. Zärtlich
lächelte er den König an.
    „Ich hatte doch schon längst gewählt.“
    *
    Die Erinnerungen, die Leathan nun in sich trug, waren
nicht fremd und unerwünscht, wie die von Serfaj es gewesen waren. Es waren
die Erinnerungen seiner Seele, die Erinnerungen an eine Existenz, die für
Sterbliche nicht nachvollziehbar, doch für ihn das Natürlichste der
Welt war.
    Es gab keine Zeit, in der er nicht existiert hatte.
Welten waren geboren worden und wieder erloschen, während sein Wesen die
Ewigkeit der Lebensenergie durchwandert hatte. Unzählige Lebensformen
hatten im Universum ihren Platz gefunden, von der Quelle des Lebens geboren,
während die Kinder der Quelle lachend durch die Milchstraßen gezogen
waren.
     
    Eines Tages jedoch setzte sich erneut eine Welt zusammen,
doch etwas in ihrem Gefüge verlief anders als sonst und die Kinder
näherten sich ihr, denn Neugierde war ihnen schon immer eigen gewesen. Sie
legten eine Rast in ihrer ewigen Wanderschaft ein, und spürten, wie die
Energie der Quelle an diesem Punkt des Universums sich zu konzentrieren schien,
was zur Folge hatte, dass die Trennung zwischen den verschiedenen
Existenzebenen nicht so deutlich verlief, wie es an allen anderen Orten der
Fall war. Fasziniert von dieser Laune der sonst so gleichmäßigen
Energie der Quelle, irrten sie zwischen den verschiedenen Daseinsebenen und
fanden schließlich zum ersten Mal seit Anbeginn der Zeiten einen Zugang
zur Ebene, in der die sterblichen Seelen eine kurze Existenz in festen
Körpern verbrachten. Es war für die Kinder der Quelle eine
interessante, neue Erfahrung, so dicht an der

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