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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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vergessen lassen, das ihrer beiden Schicksale in sich bargen und
es schien ihr zu gelingen... Sie näherte sich ihm, strich vorsichtig
über seine Wange und küsste sanft seine Lippen. Der König
erwiderte ihren Kuss, zärtlich, vorsichtig, als fürchte er, die
Erscheinung Stellas könne sich auflösen. Für einen kurzen
Augenblick vergaßen beide die Welt, die um sie herum ihren Lauf ging. Als
sich beide Liebenden voneinander lösten, strich der König sanft durch
Stellas Haare und lächelte sie wieder traurig an.
    Er erinnerte sich an das Wesen, das er damals kennen
gelernt hatte, an Stella, unsterblich und ewig, die es gewagt hatte, mit ihm zu
verschmelzen. So sehr er sich nach einer weiteren Umarmung sehnte, so sehr
schmerzte es ihn, sie in dieser sterblichen Hülle gefangen zu wissen.
Stella brauchte seine Gedanken nicht zu lesen, um zu ahnen, was er gerade
dachte. Sich um andere zu sorgen, war seine Natur. Sie lächelte ihn warm
an und als er den Klang ihrer Stimme hörte, hatte er das Gefühl, das
Lachen aus dem See habe sich in ihren Worten wieder gefunden.
    „Warum so traurig? Die Ewigkeit rennt mir nicht davon,
ich verzichte auf nichts! Sieh mich an, gefällt dir diese Hülle?“
     
    Sorglosigkeit war eine der Haupteigenschaften der Kinder
der Quelle, das war auch ihr Schwachpunkt. Als er ihr zusah, wie sie einen
Schritt zurückging, um ihm lachend die Schönheit des Körpers zu
zeigen, den sie gerade erschaffen hatte, musste er trotz seiner Bedenken mit
ihr lachen. Er sah in die leuchtenden Augen des sterblich gewordenen Wesens und
er spürte, wie die Liebe, die damals ihre beiden Seelen verbunden hatte,
während der Jahrhunderte des Wartens ins Unermessliche gewachsen war. Sie
näherte sich ihm wieder und sein Herz schien vor Freude zerspringen zu
wollen, nur weil ihm diese Nähe erneut vergönnt war.
    „Leathan, mein König, sieh es als ein Spiel! Ich
spiele „sterblich sein“. In jedem Körper entdecke ich etwas Neues und in
Serfajs Körper werde ich entdecken, wie ich dir helfen kann, deine
geliebte Welt zu retten. Die Ewigkeit werden wir danach gemeinsam beschreiten!
Wir finden unseren Weg und wenn es den nicht gibt, erfinden wir ihn einfach!“
    Sie sprach mit Leichtigkeit und der König ließ
sich von ihr betören; zu gerne wollte er daran glauben.
    Stella lächelte ihm zu und legte sanft ihre Arme um
ihn. Der König wagte es kaum noch zu atmen, als er ihre Worte hörte.
„In diesem Körper möchte ich lernen dich zu lieben, so wie Sterbliche
sich lieben.“
    Sie ließ ihre Tunika zu Boden gleiten. Sie hatte
sich selbst einen makellosen Körper erschaffen und der Anblick verschlug
dem König die Sprache. Er zögerte noch, sich Stellas Sorglosigkeit
anzuschließen, doch ihre berauschende Anwesenheit ließ auch ihn den
Ernst der Lage vergessen und den Schmerz ihres Schicksals verblassen.
    An den Ufern der Quelle liebten sie sich, vereinten ihre
Körper, so wie sie einst ihre Seelen vereint hatten, und sie befreiten
sich für wenige Augenblicke von ihrer Last.
    *
    Als Stella aufstand, ihre Tunika wieder überwarf und
sich dem See näherte, erschauderte sie. Ihr Blick richtete sich auf die
leuchtende Energie, die ähnlich einem Wasserfall aus allen Ebenen zugleich
heraus floss und den See mit der Essenz des Lebens nährte. Dies war der
Anblick ihrer Heimat, den sie hier zum ersten Mal mit menschlichen Augen hatte
betrachten dürfen. Dies war der Anblick, nach dem sie sich so lange
gesehnt hatte, dies war der Ort an den sie hatte zurückkehren wollen und
in den sie hoffte, bald schon zusammen mit dem König eintauchen zu
dürfen... Statt jedoch Freude zu empfinden, hatte sie ein tiefes
Gefühl der Trauer erfasst. So tief lag der Schmerz und doch wusste sie, er
hatte nichts mit der Gegenwart zu tun, sondern war ein Echo aus der Zukunft.
Sie schloss die Augen und versuchte die Vision aufzurufen, die sich bislang
nicht deutlich genug gezeigt hatte, um verstanden zu werden. Die Trauer wuchs
ins Unermessliche, sie war so allumfassend, dass es keine Tränen mehr gab,
die dieses Gefühl hätten ausdrücken können… Sie hatte ihren
Lebenswillen verloren, irrte in tiefer Dunkelheit, in der es keine Hoffnung
mehr gab… Gefangen in der Verzweiflung ihrer Vision, fand Stella nicht die
Kraft, klare Bilder aufzurufen. So leicht war es als Kind der Quelle in die
Zukunft zu blicken, doch jetzt erlagen ihre Fähigkeiten der Schwäche
ihrer menschlichen Hülle und der unbeugsamen Macht ihrer Gefühle. Es
blieb

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