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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Herzens zu Bett.
    Sie erreichten das Land wenige Tage später. Childress fürchtete sich davor, in den Hafen von Tainan einzufahren, aber Leung holte sie zu sich auf den Turm, um das Anlegemanöver der Five Lucky Winds zu beobachten. »Das hier ist Sendai«, sagte er. »Ein großer Hafen in Mandschu-Nihon und einer der Stützpunkte der Beiyang Navy. Auch das Sendai Nihon-Regiment ist hier stationiert. In den Gebirgskriegen sind dies die gefürchtetsten ausländischen Einheiten in den Armeen seiner Himmlischen Majestät.«
    Sie sah eine Stadt vor sich, in deren Hintergrund sich sanft ansteigende grüne, mit Bäumen bedeckte Hügel erhoben. Sie verströmte einen schönen, verschlafenen Provinzialismus, bei dem es nur einheimische Schwierigkeiten und keine Spuren einer kürzlich stattgefundenen Invasion gab. Die goldenen Dächer und Säulen der Tempel schillerten im Sonnenlicht, aber ein großer Teil der Gebäude war niedrig gebaut, mit langgezogenen Dächern und hellen Wänden. In der Nähe des Hafens befanden sich hinter den großen Kais Lagerhallen, die aus Ziegelsteinen gebaut worden waren, und Frachtkräne, die sich nicht besonders von dem unterschieden, was sie in New Haven hätte sehen können.
    Eine bescheidene Stadt, ein Provinznest des Kaiserreichs, das mit ihrer eigenen Heimat vermutlich viel gemein hatte.
    »Werde ich hier an Land gehen?«
    »Zu viele Augen. Einige im Hafen wissen, dass du an Bord bist, oder zumindest, dass die Maske Poinsard mit mir reist. Die meisten wissen es nicht. Es gäbe zu viel zu erklären.«
    »Und Choi?«
    »Seine Kette ist um einen Pflock in Tainan gewickelt. Er könnte wohl ein Telegramm von hier aus schicken, wenn er an Land ginge und sich auf die Suche nach den richtigen Leuten machte.«
    »Kannst du ihn auf dem Schiff behalten?«
    Leung zögerte, bevor er antwortete. »Ich soll das glauben.«
    Sie dachte darüber nach. »Könntest du ihn zurücklassen, wenn er an Land gegangen ist?«
    Der Kapitän lachte leise. »Die Antwort fällt nicht so schrecklich aus, aber dann er würde er definitiv ein Telegramm verschicken.«
    »Lass ihn doch. Eine Nachricht aus einem weit entfernten Hafen ist nicht so dringlich, wie die, die ein beschäftigter Mann mit sich trägt. Wir können uns viel leichter gegen Worte wehren als gegen einen Zeugen.«
    Leung legte ihr einen Arm um die Schulter. »Wir, Maske Childress?«
    Sie löste sich aus der Umarmung. »Du weißt, was ich meine. Und Choi …« Sie überlegte erneut, wie viel sie ihm erzählen sollte. »Choi ist gefährlicher, als du erwartest. Er hat mit mir über die Aufgabe unserer Reise gesprochen, auf Englisch.«
    »Auf Englisch.« Der Kapitän schwieg für einen Augenblick und wirkte auf außergewöhnliche Weise ernst. »Glaubst du, dass er unsere Gespräche hat verstehen können?«
    »Ja.« Sie fragte sich, ob sie gerade das Todesurteil für den kleinen, lächelnden Mann mit seinen Zahnlücken gesprochen hatte.
    Nicht, dass der sich ihr gegenüber anders verhalten würde.
    »Geh in deine Kabine. Ich werde einen Mann zu dir schicken. Du darfst keinen Augenblick allein sein.«
    »Eine Frau –« Sie unterbrach sich, peinlich berührt.
    »Lass ihn im Türrahmen stehen und in den Gang schauen.« Leung drehte sich zu ihr und packte sie an den Schultern. »Sei niemals allein. Nicht, bis ich dir gesagt habe, dass du in Sicherheit bist.«
    »Und du?«, fragte sie. »Was kann solche Angst in dem Mann auslösen, der die Five Lucky Winds kommandiert?«
    »Ich werde einen Spiritualpulmonologen aufsuchen. Alles kostet seinen Preis, und manchmal kommt der aus einer ungewöhnlichen Richtung.« Die Härte in seiner Stimme machte ihr Angst.
    Sie musste ihn fragen, jetzt, wo sich die Ereignisse zu überschlagen schienen. »Choi … Choi ging davon aus, dass Poinsard eine der sieben Großen Reliquien mit sich trug.«
    »Das hat er dir gesagt?«
    Dass diese Aussage Leung nicht überraschte, war eine wichtige Information für sie. »Die Goldene Brücke«, sagte sie. »Das ist irgendeine Zauberei, ein Plan, um die Mauer zu überqueren. All das wird furchtbare Konsequenzen haben.«
    »Vielleicht. Aber diesem Problem werden wir uns später widmen müssen. Jetzt bitte ich dich, unter Deck zu gehen. Bleib dort. Egal, was du hören solltest, reagiere nicht darauf, außer es ist meine Stimme.«
    »Willst du einen Aufruhr anzetteln?«, fragte sie sarkastisch.
    »Mehr als nur das. Die Geister sind immer hungrig.«
    »Ich glaube nicht an Geister.«
    »Geh«, sagte

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