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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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er, »und hoffe, dass dein Glaube diesem Tag standhält.«
    Sobald Childress wieder in ihrer Kabine eingesperrt war, hörte sie den lauten Lärm und das Getöse im Rumpf, die beim Anlaufen eines Hafen entstanden. Sie stellte überrascht fest, dass der Mann, den Leung zu ihr schickte, einer der alten Köche war. Er trug keine Waffen bei sich außer einem kleinen Küchenmesser. Der Koch hatte auch einige Körner und Münzen dabei, mit denen er sich beschäftigte, indem er sie hochwarf und betrachtete. Sie wartete und fragte sich, welch dunkle Magie aus dem Hafen von Sendai sich auf dieses Boot stürzen würde, das ihr zur Heimat geworden war.

Zehn
    Paolina
    Das Luftschiff Ihrer Kaiserlichen Majestät Notus segelte vor dem Wind, und die Dampfkessel arbeiteten an ihrer Leistungsgrenze, um die höchstmögliche Geschwindigkeit herauszuholen. Paolina wusste, dass Kapitän Sayeed nicht zu den Männern gehörte, die gerne mit Schimpfwörtern um sich warfen, aber wäre das der Fall gewesen, dann hätte sie sicherlich einige besonders ausdrucksstarke Exemplare zu hören bekommen.
    Ein chinesisches Luftschiff verfolgte sie. Es war anders konstruiert – der Tragkörper war breiter und niedriger und ähnelte einem riesigen Drachen. Auch der Rumpf war niedriger und ließ nicht, wie bei der Notus, seine Schiffsherkunft erahnen. Das britische Luftschiff sah viel mehr nach einem fliegenden Schiff aus. Der chinesische Gegenpart war ein Falke, bis hin zu den grimmigen Augen eines Greifvogels, die direkt hinter der schnabelförmigen Spitze des Tragkörpers aufgemalt waren.
    Die Chinesen waren etwas schneller als sie. Bis jetzt hatten nur Sayeed und die Fähigkeiten seiner Besatzung das Schiff außer Schussweite gehalten. Paolina hatte gehört, wie die Matrosen sich untereinander von einigen harten Verfolgungsjagden erzählten, und das hatte gereicht, um ihr ein klares Bild von den möglichen Konsequenzen zu zeichnen.
    Die mögliche Konsequenz, die ihr am meisten missfiel, hatte mit dem Gemurmel zu tun, dass Frauen an Bord eines Schiffs kein Glück brachten.
    All dem zum Trotz flüchtete die Notus weiter.
    Sie fragte sich, warum die englischen Zauberer den Gegner noch nicht mit ihren Zaubern belegt hatten? Waren sie alle so dumm wie Clarence Davies?
    A Muralha war in der Ferne zu einer schwarzen Klippe verkommen, zu einem dauerhaften Schatten am südlichen Horizont, der mit jedem Tag kleiner wurde. Unter ihnen zog Afrika entlang, eine endlose Gleichförmigkeit aus grünem Dschungel und braunen Flüssen, die zuweilen von den Spuren eines großen Waldbrands oder der aufblitzenden Oberfläche eines Sees durchbrochen wurde. In dieser Gegend gab es keine hohen Berge, obwohl sie glaubte, in der Ferne einige gesehen zu haben, bevor ihr Kurs sich immer weiter nach Westen verändert hatte.
    Zwei Tage dauerte diese Verfolgungsjagd schon, und Sayeed war offensichtlich bestrebt, es nicht zu einem Kampf kommen zu lassen. Paolina wurde klar, dass es wenig sinnvoll war, vorteilhaftes Gelände für die Schlacht suchen zu wollen. Nicht zwischen Luftschiffen. Was immer der Himmel ihnen ermöglichte, stand beiden Seiten zur Verfügung.
    Was er ihnen zurzeit einbrachte, war nahezu perfekte Klarheit. Das wunderschöne blaue Gewölbe des Himmels über ihnen wurde nur von wenigen eisigen Pinselstrichen beeinträchtigt, aber ansonsten konnten sie in allen Richtungen ungestört bis zum Horizont sehen.
    Kapitän Sayeed versuchte, irgendwie die Distanz zu halten und flüchtete Richtung Nordwesten, weg von seinen Feinden und näher zu seinen Freunden. Sie wusste nichts über die Kampflinien zwischen Kaiserreichen, aber die Matrosen hatten darüber eine Menge Worte zu verlieren.
    Bucknell, einer der Schiffsjungen, war damit beauftragt worden, immer in Paolinas Nähe zu bleiben. Die anfängliche Begeisterung, sich hoch in die Lüfte zu erheben, hatte sich schnell wieder gelegt, als ihr klar wurde, dass Kapitän Sayeed seine ablehnende Haltung ihr gegenüber nicht ändern würde, bloß weil sie sich nun tatsächlich an Bord befand. Auch seine Männer waren über ihre Anwesenheit nicht im Geringsten erfreut. Das hatte sich zu regelrechter Wut entwickelt, seitdem die Chinesen hinter ihnen aufgetaucht waren. Nur Bucknell, der noch viel zu jung und oft genug zu geistesabwesend war, um die Ängste der Matrosen zu teilen, schien sie halbwegs zu tolerieren.
    Der Junge war sicherlich kein Zauberer. Er war nicht einmal hübsch wie Davies – er hatte ein breites Gesicht mit

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