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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Feuer spuckenden Drachen starrte.
    Paolina starrte in die Dunkelheit. Die Chinesen brachten ihre Motoren innerhalb des Rumpfs an, und die Propeller drehten sich achtern. Es gab weder Halterung noch Gondel. Aber irgendwo da drinnen befand sich der Motor, der die Achse drehte, an der die Rotorblätter angebracht waren.
    Es musste Kolben geben. Sie hatte gut aufgepasst, auch während der wenigen Tage, als sie sich in al-Wazirs Lager aufgehalten hatte, und während ihres Aufenthalts hier auf dem Schiff. Die Männer redeten die ganze Zeit über die Maschinen. Es schien das einzige Thema zu sein, wenn sie keinen Wein zu trinken oder Frauen zum Rumkommandieren hatten. Feuer und Dampf und Kolben, die sich unaufhörlich drehten, während die Mechaniker nur an ihre Leistungsfähigkeit, die Dämmung, Ölverbrauch und den Wärmeaustausch redeten.
    Der chinesische Kapitän hatte Kolben und Dampfmaschinen in diesem Rumpf. Sie lagen dort wie Magensteine im Bauch einer Ziege, glänzten hell und metallisch, verborgene Edelsteine in einem gottlosen Schlund. Sie bemühte sich, sie im Feuerschlund des feindlichen Schiffs zu entdecken.
    Sie war überrascht, als sie bemerkte, wie sich der Zeiger der Schimmers bewegte. Es gab keinen großen Unterschied zwischen der Aufgabe, den Zeiger auf einen Motor einzustellen, den sie nicht sehen konnte, und dem Versuch, eine Maschine zu beeinflussen, die sie nicht berühren konnte, wie es ihr hier auf der Notus so einfach gelungen war.
    Die Reichweite des Schimmers hatte sich seit ihren ersten Versuchen mit dem vierten Zeiger erhöht, aber das hier war von viel größerer Bedeutung.
    Leben, dachte Paolina. Ich will leben. Ich habe so viel zu tun.
    Diese Männer eines fremden Kaiserreichs würden ihr nicht das Leben nehmen.
    Sie entdeckte den Rhythmus der chinesischen Motoren. Sie ließ die Rändelschraube einrasten. Erst ließ sie den Zeiger langsamer laufen, bis der Drachenmund erzitterte, als das feindliche Luftschiff leicht zur Seite kippte. Dann beschleunigte sie seinen Lauf und zwang ihn zu einer Geschwindigkeit, die der chinesische Kapitän nicht erwartet hatte.
    Der Drachenschlund drehte zur Linken ab und gab damit die Verfolgung auf. Einer der Propeller drehte sich natürlich schneller als der andere. Es sah aus, als ob sich zwei Ruderer in ihrem Boot um die Richtung stritten.
    Sie ließ den Motor weiter beschleunigen.
    »Miss …«, sprach jemand hinter ihr sie an. Dann war deutlich das Furcht erregende Kreischen eines explodierenden Dampfkessels zu hören, selbst aus der größer werdenden Entfernung. Die Laternen zitterten, und einige erloschen sofort. Das chinesische Luftschiff krängte schwer zur Seite, während der funktionierende Propeller weiterlief und es jetzt zu hart in die andere Richtung drückte. Ein Feuer breitete sich rasend schnell an Bord aus.
    »Sein Öl brennt«, sagte Sayeed, der jetzt neben ihr stand. »Er wird in wenigen Sekunden abstürzen.«
    »Der Tragkörper?« Sie fragte sich, woher der Kapitän gekommen war.
    Der Schimmer war heiß und schien sich in ihrer Hand zu winden. Als das chinesische Luftschiff zu einer lodernden Fackel wurde, wirkte es für einen Augenblick wie eine tödliche Blume, die den Himmel mit Licht erhellte, bevor der zusammenschrumpfende Tragkörper auf den Dschungel weit unterhalb zustürzte, der mit feinen Linien aus Mondlicht durchzogen war.
    Sayeed war ihr noch nähergekommen. »Sie müssen mir sagen, wie Sie das gemacht haben. Eine Fähigkeit wie diese könnte ganze Reiche in sich zusammenbrechen lassen.«
    »Deswegen bin ich dazu bestimmt, nach England zu gehen«, sagte sie Kapitän Sayeed am nächsten Morgen bei einer Tasse Kaffee. Bucknell wich nicht von ihrer Seite und musste sich daher mit einem mürrischen Kerl abgeben, den Paolina für den Steward des Kapitäns hielt.
    »Ihre Fähigkeiten sind … nun ja … vordringlicher, als ich sie zuerst verstanden hatte. Mit den verwirrten Äußerungen dieses riesigen Schotten konnte ich nicht viel anfangen.«
    Sie nahmen ihren Kaffee und Gebäck auf dem Poopdeck ein und ließen sich den Fahrtwind der Notus ins Gesicht wehen. Mit der Morgendämmerung erreichten sie eine braune hügelige Landschaft, die von Klippen und merkwürdigen kleinen Schluchten unterbrochen wurde. Ein Land, in dem die Erinnerung an den Dschungel verloren ging.
    »Ihre eigenen Zauberer …«, fing sie an. Sie hielt inne, als sie seinen Gesichtsausdruck sah.
    »Zauberer? Mein Kind, wovon sprechen Sie?«
    »Ihr Engländer.

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