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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Mehrere Pinnwände standen dort, die allesamt mit Notizen, Diagrammen und bezaubernd schraffierten Zeichnungen von einem der Dampfbohrer überzogen waren. Diese stammten nicht aus Ottweills Händen. Unter den Männern befand sich ein künstlerisches Genie. Al-Wazir hatte Matrosen Arbeiten abliefern sehen, die man in der Nationalgalerie hätte aufhängen können, bloß hatten sie nie die entsprechende Ausbildung oder die Unterstützung eines Mäzens erfahren. Die wenigsten von ihnen kannten ihren Wert als Kunsthandwerker und schnitzten und zeichneten, während sie sich auf den Gleisen drängelten oder wegen der Mädchen prügelten, die sie sich in den vielen Häfen ihrer Laufbahn leisteten.
    Dasselbe hier. Dieses unbekannte Talent würde schon bald bei einem Unfall oder einer anderen Katastrophe sein Leben aushauchen.
    Die anderen Pinnwände berichteten von Ottweills Arbeit. Das meiste davon überstieg al-Wazirs Horizont – Zahlen und Diagramme, die die eingesetzten Kräfte und Belastungen darstellten, und welche Leistung die Maschinen erbringen oder woran sie zerbrechen konnten: Irgendwann fanden sogar Eisen und Stahl und Dampf ihr Ende. Er fragte sich, ob dieses Mädchen, diese Barthes, das hier besser verstünde.
    Al-Wazir war fest entschlossen, ein Treffen zwischen ihr und Ottweill um jeden Preis zu verhindern. Er musste den Professor davon in Kenntnis setzen, dass er einige Mauerbewohner gefangen genommen und sie ihr Ehrenwort gegeben hatten, sich im Lager vernünftig zu verhalten. Aber er würde sie als Verräter aus den Reihen der Angreifer darstellen, die ihm nun bei der Verteidigung des Lagers halfen. Er hatte nicht das geringste Interesse daran, Ottweills Reaktion auf ein Mädchen mit den Talenten Paolinas herauszufinden.
    Im besten Falle würde der Professor sie ignorieren. Er könnte sie auch sabotieren. Der schlimmste Fall wäre allerdings, wenn er sie für seine eigenen Zwecke einspannte.
    Wenn sie das war, was sie zu sein schien, dann verdiente es Paolina Barthes, mehr als nur Löcher zu buddeln. Er machte es sich gemütlich, während er auf den Professor wartete, und überlegte sich, wie er die Wahrheit verschleiern konnte, ohne sich dabei der Insubordination schuldig zu machen.
    Zu seinem großen Glück hatte er den größeren Teil seines Diensts in der Royal Navy damit verbracht, auf äußerst kreative Art und Weise Bericht zu erstatten.
    Ottweill kam schließlich aus dem Tunnel heraus und war so verstaubt, dass er ein Wesen aus Sand und Stein zu sein schien, wenn man mal von den blassen Kreisen absah, die die Schutzbrille um seine Augen herum hinterlassen hatte. »Sie sitzen offensichtlich auf der Veranda«, sagte er. »Gibt es nichts, worum Sie sich zu kümmern hätten?«
    »Doch, eine Menge Aufgaben. Aber manchmal gibt es Sachen, die sogar Ihre Aufmerksamkeit verlangen. Eine Patrouille hat zwei Einheimische von der Mauer nach Hause mitgebracht. Hornsby hat sich mit ihnen unterhalten und ich auch, aber ich bin davon ausgegangen, dass Sie auch was dazu zu sagen haben.«
    Ottweill schnappte sich einen Lappen aus einem Eimer neben den Verandastufen und wischte sich über das Gesicht. »Was sollte ich zu sagen haben?«
    »Ich habe sie auf ihr Ehrenwort freigelassen; dafür sagen sie uns, was wir über die Mauer wissen müssen und vor allem über diese Messingmenschen, die uns bald angreifen werden.«
    »Ich bin mir sicher, dass Sie das am besten beurteilen können.« Er fügte auf Deutsch hinzu: »Unwissender Affe.«
    »Das tue ich, Sir.« Al-Wazir war bloß froh, dass er Ottweills Muttersprache nicht beherrschte. Andernfalls wäre er mit Sicherheit gezwungen gewesen, ihm das übel zu nehmen. »Ich kümmere mich darum. Wie läuft es mit dem Tunnel?«
    »Wir kommen voran, immer weiter.« Ottweill beugte sich kurz vor. »Und jetzt muss ich mich wieder an die Arbeit machen.«
    »An die Arbeit, natürlich.« Al-Wazir nickte und ging zurück an das nördliche Lagerende, wo sich die Zeltreihen und Hütten befanden, in denen alle außer Ottweill untergebracht waren.
    Alles, was er jetzt noch brauchte, war ein Schiff, das das Mädchen hierher rausbringen konnte.
    Childress
    In dieser Nacht rösteten sie einen Eber über dem Feuer, den die Männer im Wald erlegt hatten. Childress wusste nicht, ob Schweine auf den Inseln des Nordpazifiks heimisch waren oder ob die Chinesen sie hierhergebracht hatten, damit sie als Nahrungsvorrat genutzt werden konnten.
    Es war nicht von Bedeutung. Das Fleisch roch

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