Die Rebenprinzessin
Fräulein.«
»Das muss es nicht.« Sie hielt kurz inne und dachte an ihre Nächte mit Martin. Auch er war nur ein einfacher Bursche, aber sie hatte von vornherein nichts dagegen gehabt. Im Gegensatz zu dem Fürsten. »Nun beruhige dich wieder, ich nehme es dir nicht übel. Ich wollte Roland von Hohenstein nie, und zum Glück hat es sich so gefügt, dass ich ihn auch nicht nehmen muss.« Sie lächelte die Magd erneut an, doch dann sah sie, dass ihr noch etwas anderes auf der Seele lag.
»Was bedrückt dich daran?«, fragte Bella, und ein ungutes Gefühl stieg in ihr auf. »Vermisst du ihn so sehr?«
Oda schüttelte weder den Kopf, noch nickte sie. Eine Weile starrte sie auf ihren Rocksaum, dann flüsterte sie: »Mein Blut ist ausgeblieben.«
Bella schnappte nach Luft. Sie wusste, was das bedeutete. »Du meinst, du hast ein Kind von ihm empfangen?«
Die Magd nickte so heftig, dass ihr die Haube beinahe vom Kopf gefallen wäre. Dann krümmte sie sich zusammen, als hätte sie Schmerzen.
Bella war wie betäubt. Ins Kloster waren oftmals junge Frauen gekommen, die um Hilfe gebeten hatten, weil sie ein uneheliches Kind unter dem Herzen trugen.
»Was sollen wir tun?«, hatte die Mutter Oberin daraufhin gesagt. »Hierbehalten kann ich dich nicht, doch wenn du keinen Ort zum Niederkommen hast, klopf an unsere Pforte, und wir werden dir helfen.«
Von den Mädchen, die sie wegschickte, war kaum eine wiedergekommen. Anna, die Novizin, meinte immer, dass die Armen zu einer weisen Frau gegangen seien, um sich das Balg austreiben zu lassen.
Sollte sie Oda diesen Ratschlag geben? Jedes Kind war ein Geschenk Gottes, auch wenn es unerwartet kam. Sollte man es töten, nur weil seine Eltern der Versuchung erlegen waren? »Gibt es keinen Burschen, der dich vielleicht heiraten würde?«, fragte sie dann. »Einen, der so verrückt nach dir ist, dass es ihm nicht auffällt, wenn sein Kind früher geboren wird.«
Oda schüttelte den Kopf und begann erneut herzzerreißend zu schluchzen.
Bella war mit ihrem Latein am Ende. Was jetzt? Eigentlich hätte sie es ihrem Vater sagen müssen, doch dessen Reaktion kannte sie. Und noch immer sträubte sie sich gegen den Ratschlag mit der Engelmacherin. »Vielleicht ist es ja gar nicht so, wie du denkst«, sagte Bella, in dem Wissen, dass dies nur ein schwacher Trost war. Ein sehr schwacher. »Vielleicht ist das Blut nur deshalb ausgeblieben, weil du dir die Füße verkühlt hast.«
»Aber mir ist morgens immer so furchtbar übel«, klagte Oda. »Und schon ein paar Mal war mir so schwindelig, dass ich mich rasch setzen musste, bevor ich umfalle.«
Bella seufzte. Fast bereute sie nun, nachgefragt zu haben, denn ihr wollte beim besten Willen keine Lösung einfallen. »Begib dich jetzt am besten zur Nachtruhe, ich brauche dich und Lies nicht mehr. Ich werde heute Nacht überlegen, was ich für dich tun kann, ja?«
Oda blickte ihre Herrin überrascht an. So etwas hätte sie von ihr offenbar nicht erwartet. »Danke«, sagte sie und neigte den Kopf.
Bella half ihr auf und geleitete sie zur Tür. »Und dass du noch Stillschweigen bewahrst, verstanden?«
Oda nickte, als hätte sie gar nichts anderes vorgehabt, dann knickste sie erneut und verließ das Zimmer.
In der Dunkelheit des Ganges meinte Bella, das Gesicht von Lies zu erkennen, aber es zog sich schnell wieder zurück. Wahrscheinlich wussten sie und die anderen Frauen in der Küche längst, was mit Oda nicht stimmte.
Nachdem Bella die Tür geschlossen hatte, überkam sie heftige Unruhe. Neben der Frage, was jetzt aus Oda werden sollte, beschlich sie noch ein anderer Gedanke.
Was, wenn auch ich schwanger werde? Wenn Martins Samen in mir vielleicht schon aufgegangen ist?
Gemartert von diesem Gedanken, marschierte sie während des ganzen Abends durch ihr Gemach. Zwischendurch warf sie immer wieder einen Blick in ihren Silberspiegel, auf der Suche nach einer Veränderung, doch sie konnte keine entdecken. Ihre Wangen waren noch immer rosig, und ihre Augen glänzten wie zwei Edelsteine. Es gab keinen einzigen Schatten auf ihrem Gesicht, und unwohl fühlte sie sich auch nicht. Vielmehr schien trotz aller Furcht ihr Herz zu flattern wie eine Schwalbe im Weinberg.
Nachdem sie das Licht gelöscht hatte, legte sie sich auf das Bett und starrte mit bangem Herzen zum Baldachin ihres Bettes auf. Ich muss mit Martin sprechen, dachte sie und konnte kaum erwarten, dass die Stunden vergingen. Als es auf der Burg ruhig geworden war, erhob sie sich,
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