Die Rebenprinzessin
für ihn läuteten, war der schlimmste in meinem Leben. Ich wollte am liebsten tot sein.«
»Und du hast nie wieder einen anderen gewollt?«
Katrina schüttelte den Kopf. »Nein, nie wieder. Ich bin bei deinem Vater in den Dienst getreten und habe rasch die Zuneigung deiner Mutter gewonnen, die mich zu ihrer Zofe machte. Hin und wieder dachte ich noch an ihn, aber ich wusste, ich würde ihn nie bekommen. Eines Tages hörte ich, dass er auf dem Weg nach Koblenz von Räubern überfallen und getötet worden war. An dem Tag trug ich eine schwarze Schleife im Haar, und alle wollten wissen, warum. Ich habe es ihnen nicht verraten, ebenso wie ich vor dir niemandem diese Geschichte erzählt habe.«
Bella verfiel in Nachdenklichkeit. Was will sie mir damit sagen?, fragte sie sich. Soll ich auf Martin verzichten? Oder soll ich etwas anderes tun als Katrina damals? Mich nicht fügen, sondern kämpfen? Nur wie soll dieser Kampf aussehen? Ihr fehlte im Moment die Kraft, eine Antwort darauf zu finden.
Katrina, die den Widerstreit in ihren Gedanken bemerkt hatte, erhob sich. »Ruh dich aus, mein Kind. Morgen wird die Welt schon anders aussehen. Wenn Gott will, dass du diesen Burschen bekommst, dann wird er ihn dir geben. Und wenn er es nicht will, wartet auf dich eine andere Möglichkeit. Ich habe es jedenfalls nicht bereut, in die Dienste deines Vaters getreten zu sein. Und wer weiß, vielleicht vergönnt der Herr mir alter Frau eines Tages auch noch einmal die große Liebe.« Damit beugte sie sich noch einmal über Bella und gab ihr einen Kuss auf die Schläfe.
Im Turmzimmer des Bergfrieds standen der Graf und einige seiner Getreuen vor Martin, der mit Lederriemen und Ketten an einen der Pfeiler gefesselt war, die die Raumdecke trugen.
Die harten Steine drückten ihm in den Rücken, dennoch bemerkte er sie nicht, denn die Schmerzen, die von seinen Verletzungen herrührten, waren weitaus schlimmer. Obwohl er sich fühlte wie ein verprügelter Hund, erwiderte Martin den Blick des Grafen furchtlos.
»Soso, du bist also der Sprössling Gernot von Bärenwinkels.« Rudolph von Katzenburg spie den Namen aus wie ein Stück fauliges Obst. »Was hattest du hier zu suchen?«
»Ich wollte Eure Tochter holen«, gab Martin freimütig zu. »Ich wollte sie von Euch befreien.«
Der Graf blitzte ihn wütend an und versetzte ihm eine Ohrfeige, die unzählige Sterne vor seinen Augen aufflammen ließ.
Martin schnappte zitternd nach Luft. Die Schmerzen in seinem Körper summierten sich mittlerweile derart, dass ihm bei jedem weiteren Schlag oder Stoß übel wurde. Obwohl er deutlich spürte, dass sich sein Magen umdrehte, gab es nichts, was aus ihm hervorbrechen konnte.
»Dazu hattest du kein Recht!«, fuhr ihn der Graf an, dass Martin dessen Speichel nur so ins Gesicht flog. »Sag an, was solltest du hier tun? Für deinen Vater Spitzeldienste verrichten? Wollte er meine Tochter als Geisel?«
Martin schloss die Augen und bereitete sich darauf vor, noch mehr Schläge zu kassieren. Trotzdem konnte er nicht anders, als zu antworten: »Mein Vater hat mit alldem nichts zu tun. Ich wollte Eure Tochter von hier entführen, weil ich sie liebe.«
Wie er es nicht anders erwartet hatte, traf ihn erneut eine schallende Ohrfeige. Der Ring des Grafen schabte dabei über seine Wange und hinterließ eine weitere blutige Spur.
»Ein Bärenwinkel wird niemals eine Katzenburg heiraten!«, polterte der Burgherr. »Und er hat sie auch nicht zu lieben! Du hast großes Glück, Bursche, dass meine Männer dich nicht gleich an Ort und Stelle umgebracht haben. Sei froh, dass Heinrich Oldenlohe sie zurückgehalten hat.«
Martin blickte zur Seite auf den unbeteiligt wirkenden Boten. Dass seine reglose Miene nur eine Maske war, wusste er, denn Giacomo blickte oft genug genauso drein. Woher wusste er das?, fragte er sich. Und wusste er es schon die ganze Zeit? War das der Grund, weshalb er Roland von Hohenstein davon abgehalten hatte, mich zu töten?
Plötzlich wurde Tumult vor der Burg laut. Jemand hämmerte mit aller Kraft gegen das Burgtor, und eine dröhnende Männerstimme verlangte Eintritt.
Als Rudolph von Katzenburg ans Fenster des Bergfrieds trat, erkannte er das Gold und Violett des Hauses Bärenwinkel. Sein Widersacher stand mit einigen seiner Getreuen vor dem Tor. Die Männer waren schwer bewaffnet, was den Grafen vermuten ließ, dass es auf seiner Burg einen Spitzel gab, der Gernot von Bärenwinkel kurz nach der Verhaftung seines Sohnes
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