Die Rebenprinzessin
die in den Worten des Kellermeisters lag.
Wenn ich dich noch einmal beim Schleichen erwische, sagte sie, werde ich dem Grafen von dem Zettel berichten. Oder dich eigenhändig von der Burg werfen.
»Jawohl, Herr Kellermeister«, erwiderte Martin beklommen und wandte sich der Treppe zu.
Der Anblick des Weinbergs hatte Bella diesmal keinen Frieden gebracht. Das Mondlicht ließ die Blätter grau wirken, und im Wind wirkte das Rauschen gar bedrohlich. Oder lag das nur an den Gedanken, die in ihr tobten? An der Enttäuschung über ihren Vater? Fröstelnd legte sie die Arme um die Schultern.
Ich hätte einen Mantel mitnehmen sollen, dachte sie. Dann könnte ich es die ganze Nacht hier aushalten. Doch nun zwang ihre Haut, die sich schmerzvoll zusammenzog, sie in die Burg zurück. In den Speisesaal wollte sie dennoch nicht gehen. In der Gesellschaft seines Gastes fühlt Vater sich ohnehin wohler als in meiner, schlich es ihr bitter durch den Sinn, nachdem sie durch die Pforte getreten war und über den Burghof eilte.
Als sie an den Hütten in der Nähe der Stallungen vorbeikam, stockte sie. Obwohl alles ruhig war, hatte sie das Gefühl, dass jemand bei ihr war. Jemand, der sie beobachtete.
Ist es vielleicht Martin?, fragte sie sich, und während sich ein leichter Hauch Vorfreude in ihr ausbreitete, blickte sie sich um.
Da schoss eine Hand aus der Dunkelheit und ergriff brutal ihren Arm.
»Warum seid Ihr denn davongelaufen, Holde?«, fragte eine spöttische Stimme, begleitet von einer strengen Weinfahne.
Offenbar hatte Roland von Hohenstein während der kurzen Zeit ihrer Abwesenheit dem Rebensaft kräftig zugesprochen. Er hatte sein Wams abgelegt und das schmierigste Grinsen aufgesetzt, das sich Bella nur vorstellen konnte.
»Was soll das?«, fuhr sie den Adligen an und versuchte sich aus seinem Griff zu lösen. »Lasst mich!«
Fürst von Hohensteins Hand wurde zu einer eisernen Kralle. »Es würde mich sehr betrüben, wenn meine Anwesenheit Euch von der Tafel fortgetrieben hätte«, keuchte er, während er sie an sich zerrte.
Instinktiv stemmte Bella beide Hände gegen seine Brust. Die junge Frau wusste, dass sie ihm nicht viel entgegenzusetzen hatte, aber sie wollte sich auch nicht behandeln lassen, als sei sie eine Flickenpuppe. »Ich wollte lediglich frische Luft schnappen«, entgegnete sie. »Und jetzt wäre ich Euch dankbar, wenn Ihr mich loslassen würdet!«
»Was, wenn ich Euch nicht loslassen will? Was wollt Ihr dann tun?«
Roland von Hohenstein drängte sich so eng an sie, dass sie sein Gemächt durch ihre Röcke spüren konnte. Übelkeit überfiel Bella, und erneut versuchte sie, sich loszumachen. Allerdings konnte sie nicht verhindern, dass dabei das Gesicht des Fürsten näher kam und sein nach Wein und faulen Zähnen stinkender Mund sich ihren Lippen näherte. Schließlich erstickte er ihren Schrei durch einen rauen Kuss. Bella würgte, als er seine Zunge in ihren Mund schob. Für einen Moment drohte die Panik sie zu überwältigen, doch dann biss sie geistesgegenwärtig zu.
Roland von Hohenstein stöhnte auf und zog sich zurück, was ihr jedoch nicht reichte, um flüchten zu können. »So willst du es also?«, keuchte er. »Meinetwegen, das kannst du haben!« Damit presste er ihr eine Hand auf den Mund und zerrte sie mit sich zu dem nächstgelegenen Stall.
Bella starb beinahe vor Angst und fragte sich panisch, warum ihr niemand zu Hilfe kam. Wieso keine Wache auftauchte, wo ihr Vater doch so viele Männer abgestellt hatte. Auch Heinrich Oldenlohe war nicht zur Stelle. Hatte Roland von Hohenstein dem Grafen etwa angeboten, sie zur Vernunft zu bringen? Wenn ja, hatte ihr Vater wohl keine Ahnung, auf welche Weise der Fürst das tun wollte.
Die Aussichtslosigkeit ihrer Lage brachte die junge Frau dazu, weitere Kräfte zu mobilisieren. Während ihr Herz raste, versuchte sie, ihren Gegner zu treten und zu kratzen. Doch vergebens. Der Wein und seine Geilheit machten Roland von Hohenstein immun gegen Schmerzen, und an jene Stellen, die ihm größere Pein verursachen konnten, kam Bella nicht heran. Schließlich gab der Stoff ihres Kleides unter den Händen des Fürsten nach. Die Nähte rissen auf und entblößten ihr Hemd.
Roland von Hohenstein lachte rau. »Ich werde dich schon zureiten, kleine Stute. Dann wirst du mir und auch deinem Vater mehr Gehorsam entgegenbringen.«
Seine Worte empörten Bella zutiefst, bescherten ihr aber gleichzeitig auch eine Idee. Sie ließ den Kopf ein wenig
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