Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
Sexualleben und Schuldenstand jedes einzelnen Mitglieds der Texas-Delegation einzufordern … woraufhin er wegen der schlimmen Anstrengung nach Luft ringend schließlich durch den Korridor zurücktorkelt in seine Bürokabine.
Ohne große Zehen ist das Gehen sehr schwierig; ein Segelboot ohne Kiel gerät vergleichbar ins Schlingern, wird zum Spielball der Wellen und braucht eigentlich Ausleger, um nicht zu kentern … und wenn ein Mann, dem die großen Zehen abgehackt wurden, geradeaus gehen möchte, muss er einen sehr komplizierten stativähnlichen Dreibeinmechanismus benutzen, sich fünf oder sechs ausfahrbare Aluminiumstäbe an die Arme schnallen und dann wie eine Spinne durch die Gegend krabbeln.
Ach … langsam wird es wohl zu heftig. Sehr harsch diese Sprache und entgleist. Ich habe seit mehr als einer Woche versucht, diese Gefühle zu unterdrücken, aber jedes Mal, wenn ich mich an eine Schreibmaschine setzte, wallten sie bis an die Oberfläche. Allein schon um dieses hässliche Problem zu überwinden und mit dem Rest des Artikels weiterzumachen, ist es also wahrscheinlich besser, mir die ganze Sache mit einer kurzen Erklärung vom Hals zu schaffen.
Es ist wieder Morgen in Los Angeles; der Scheißnebel kriecht über die Stadt. Wird er noch vorm Mittag weggebrannt sein? Wird die Sonne irgendwann durchbrechen? Das ist die Frage, die sie einander in ein paar Stunden dort unten auf der Poolterrasse unter meinem Fenster stellen werden. Ich bin jetzt seit 18 Tagen Gast im Wilshire Hyatt House Hotel und weiß inzwischen ganz gut, was in diesem Laden abläuft.
Mal abgesehen von dem Schweinestall in Milwaukee dürfte das hier das schlechteste Hotel Amerikas sein. Das Sheraton-Schroeder bleibt jedoch eine Klasse für sich: Passive Inkompetenz ist eine Sache, aber aggressive Nazi-Feindseligkeit vonseiten der Geschäftsführung steht auf einem anderen Blatt. Nur eins haben diese beiden Hotels gemeinsam: Sie wurden von der Sheraton-Kette (ITT) abgestoßen: Das Schroeder wurde an einen lokalen Magnaten verkauft, und dieser hässliche Klotz hier wurde von der Hyatt-House-Kette geschluckt.
Soweit ich mich erinnere, gab es im Schroeder keinen Pool. Vielleicht eine große Klärgrube oder einen Abschaumbottich auf dem Dach, aber ein Pool ist mir nie zu Gesicht gekommen. Es wurde von einem militärisch geführten S&M-Studio im Kellergeschoss gemunkelt, mit einem Eiswasserbassin für Überlebende, aber auch davon ist mir nichts zu Gesicht gekommen. Vom geschäftsführenden Personal im Schroeder wurde man nur ernst genommen, wenn man aus dem Hals nach Sauerbraten roch … und ich muss sagen, zu den beglückenden Aspekten meines gegenwärtigen Lebens zählt die Tatsache, dass meine Erinnerungen an das Sheraton-Schroeder gnädigerweise immer mehr verblassen. Eine Wunde aus jeder Begegnung will jedoch partout nicht verheilen: der Ärger, den ich immer noch mit dem IBM-Schreibmaschinenverleih in Milwaukee habe – betreffend die 600 Dollar teure Selectric, die ich hinter dem Rezeptionsschalter verstaut zurückließ, als ich abreiste. Sie war weg, als der Mann von IBM am nächsten Morgen kam, um sie abzuholen. Und jetzt verlangt man, dass ich sie bezahle.
Genau. Eine weitere Spende fürs Tausendjährige Reich: »Wir werden marschieren auf einer Straße aus Knochen …« Tom Paxton hat einen Song darüber geschrieben. Und jetzt kriege ich schroffe Briefe aus Milwaukee: »Herr Doctor Thompson – Der Typewriting machine you rented hass disappeared! And you vill of course pay!«
Nein. Im Leben nicht. Weil ich eine Quittung für die Schreibmaschine habe.
Aber der Reihe nach. Wir sprachen doch über Motorräder. Jackson und ich waren draußen in Ventura und vergnügten uns mit einer 750er-Honda und einem Prototyp der neuen Vincent – einem 1000-Kubik-Feuerstuhl, der sich als so überwältigend schnell erwies, dass ich nicht mal Zeit hatte, es mit der Angst zu kriegen, als ich mit 90 Meilen auf eine Highway-Ampel zufuhr und dann mit zwei blockierten Scheibenbremsen über die halbe Kreuzung schlitterte.
Ein Höllenbike, echt. Im zweiten Gang bis hoch auf 65 Meilen – Dauergeschwindigkeit auf den Freeways –, und der dritte schraubt sich bis irgendwo zwischen 95 und 100. Bis in den vierten, der bis 120 reicht, hab ich’s nie geschafft – und dann schaltet man rauf in den fünften.
Die Höchstgeschwindigkeit liegt so ungefähr bei 140 Meilen, je nachdem wie das Ding getunt ist – aber im gesamten Los Angeles County gibt es keine
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