Die Rose von Asturien
größten in seinem Heimatgau.
Ermengilda spürte seinen Zwiespalt, schüttelte sich, als müsse sie ihre Angst abstreifen, und nahm einen der Überwürfe vom Haken, mit denen die Knechte bei schlechterem Wetter nach draußen zu gehen pflegten. »Vielleicht solltest du das Schwert darin einwickeln.«
Konrad befolgte den Rat und ignorierte Maites bitterbösen Blick. »So, jetzt können wir gehen«, sagte er, als er sich das längliche Bündel unter den Arm geklemmt hatte.
Maite hielt ihn zurück. »In dieser Zeit geht kein Mann ohne eine Waffe auf Reisen. Geh hinüber und hole dir einen Dolch.«
Sie deutete durch die Tür auf einen der schlafenden Wächter, der einen langen, gebogenen Dolch in einer ledernen Scheide trug. »Nimm den da! Mit der Waffe wirst du gewiss nicht auffallen.«
Konrad sah sich vorsichtig um, schlich dann zu dem Mann und nahm ihm die Waffe ab. Aufatmend steckte er sie in seinen Gürtel und kehrte zu den Frauen zurück. »Seid ihr so weit?«
Maite nickte. »Ja. Aber wir sollten das Anwesen nicht alle gemeinsam verlassen. Das könnte auffallen. Mir erscheint es besser, wir teilen uns und treffen uns vor dem Stadttor wieder. Wie soll es eigentlich weitergehen?«
»Wir nehmen ein Boot und fahren damit ein Stück den Fluss hinab. Danach werden wir weitersehen«, antwortete Konrad, ohne Eleasar und dessen Anweisungen zu erwähnen. Selten war er einem Menschen dankbarer gewesen, und er nahm sich vor, sich, sollte die Flucht scheitern, eher zu Tode schinden zu lassen, als den Namen des Arztes preiszugeben.
»Hast du schon ein Boot, oder müssen wir eines stehlen?«, unterbrach Maite seinen Gedankengang.
»Das Boot, das wir nehmen können, soll von blauer Farbe sein, doch drei seiner Planken wurden vor einiger Zeit ersetzt und sind rot.«
»Das müssten wir finden können. Ich gehe voraus und trage den Korb mit der Kleidung. Ihr beide folgt mir im Abstand von etwa dreißig oder vierzig Schritten.« Maite hoffte, dass Ermengilda genug Mut zusammenbrachte, ein Stück hinter Konrad herzugehen, damit man sie nicht als Paar wahrnahm. Zum Glück würden Kopftuch und Schleier das vor Angst verzerrte Gesicht ihrer Freundin verbergen. Sie nickte Ermengilda und Konrad noch einmal aufmunternd zu, packte mit der Rechten den Korb mit den jüdischen Kleidern und zog sich mit der linken Hand den Schleier vors Gesicht.
»Wenn du mir das Tor öffnen könntest, wäre ich dir sehr verbunden«, sagte sie spöttisch zu Konrad. Dieser eilte voraus, zog den Riegel zurück und hielt ihr die Tür auf.
Maite war bei weitem nicht so gelassen, wie sie vorgab. Ihr Herz pochte wie ein Schmiedehammer, und schon nach wenigen Schritten wurde sie von Panik geschüttelt. In der Aufregung hatte sie nicht daran gedacht, dass weder sie noch Ermengilda oder Konrad die Stadt kannten. Keiner von ihnenwusste, wo sich das nächstgelegene Tor befand, und einen Passanten danach zu fragen, wagte sie nicht. Daher ließ sie sich im Strom der Menschen treiben, bis sie eine breitere Straße erreichte. Dort entdeckte sie ein Anwesen mit einer mehrfach geflickten Ziegelmauer, an dem sie bei ihrer Ankunft in Córdoba vorbeigekommen war. Nur erinnerte sie sich nicht mehr, ob sie es rechts oder links vom Karren gesehen hatte. Wenn sie jetzt die verkehrte Richtung einschlug, würden sie unweigerlich zum Palast des Emirs kommen, und dann bestand die Gefahr, dass dessen Wachen auf sie aufmerksam wurden.
Auf gut Glück wandte Maite sich nach links. Als sie sich kurz darauf umdrehte, entdeckte sie keine zehn Schritt hinter sich Konrad und ganz in seiner Nähe Ermengilda, die beide den Anschein zu vermeiden suchten, als gehörten sie zusammen. Maite atmete ein wenig auf, doch sie wurde die Beklemmung nicht los, die sich ihr wie ein Ring um die Brust gelegt hatte. Es wurde spät, und wenn sie nicht bald ein offenes Stadttor fand, würden sie in Córdoba eingesperrt sein.
Als sie mehrere Soldaten des Emirs die Straße heruntermarschieren sah, bog sie in eine schmalere Gasse ein und vergewisserte sich erst nach einer Weile, dass ihre Gefährten ihr noch immer folgten. Diesmal hatte sie Glück, denn schon bald sah sie einen mächtigen Turm vor sich, in den ein Tor eingelassen war. Mit dem Mut der Verzweiflung trat sie darauf zu und musste die Lippen zusammenpressen, um nicht laut aufzuatmen. Die Wachen schenkten ihr nur einen beiläufigen Blick und ließen sie ungehindert passieren.
Sie war nicht die einzige Frau, die nach draußen strebte. Um sie herum
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