Die Rose von Asturien
immer schöpfte. Wie es aussah, drang das Wasser fast ebenso schnell in den Rumpf, wie sie es entfernen konnte.
»Du bist so tapfer!«, lobte er sie und freute sich, weil sie errötete.
»Pass auf, direkt vor uns ragt ein Felsen aus dem Wasser! Deine Zunge kannst du auch später mit Honig schmieren.« Maite kochte vor Wut. Überall um sie herum lauerte Gefahr, doch Konrad schien nur an Ermengilda zu denken. Erst als er sich besann und wieder ihren Anweisungen folgte, atmete sie auf.
Einige Zeit später gerieten sie in ruhigeres Wasser und konnten sich mit der Strömung treiben lassen. Für eine Weile musste Konrad nur noch gelegentlich die Riemen einsetzen.
»Dieses Bootfahren strengt mehr an, als einen ganzen Tag das Schwert zu schwingen!«, sagte er aufseufzend.
Maite kicherte spöttisch. »Du würdest dich wundern, wie schnell dir in deinem Zustand das Schwert aus der Hand fallen würde. Der Marsch, zu dem Fadl dich gezwungen hat, hat alle Kraft aus dir herausgebrannt, und nun bist du so schlapp wie ein feuchter Lappen.«
»Keine Sorge! Meine Kraft wird wiederkehren«, antwortete Konrad und musste wieder an den Riemen zerren, weil der Fluss sich in eine schmale Rinne ergoss, die zudem mit Felsen gespickt war.
»Wie weit müssen wir mit dem Boot fahren?«, wollte Maite wissen.
»Bis zu einem Dorf, dessen Moschee auf einem Felsen steht, der in den Fluss hineinragt. Mehr weiß ich nicht«, erklärte Konrad.
»Es wird bereits dunkel und langsam zu gefährlich, auf demWasser zu bleiben. Also sollten wir uns eine Stelle suchen, an der wir übernachten können – zum Beispiel einen kleinen Wald oder eine verlassene Hütte.«
Maite hielt sofort Ausschau, ob sich dergleichen in der Nähe befand, stieß dann aber einen überraschten Ruf aus. »Wie es aussieht, erreichen wir gleich das Dorf, von dem du gesprochen hast!«
Trotz der unruhigen Fahrt des Bootes drehte Konrad sich um. »Das muss es sein! Eine zweite Moschee dieser Art dürfte es in dieser Gegend nicht geben.«
Auch Ermengilda blickte nach vorne. Auf einem großen Felsen, der weit in den Fluss hineinragte, erhob sich ein würfelförmiger Bau mit einer flachen Kuppel und einem einzeln stehenden, schlanken Turm.
»Steuer hier ans Ufer, schnell!«, befahl Maite.
Konrad gehorchte instinktiv, sah sie dann aber verwundert an.
»Aber dann müssen wir noch ein ganzes Stück zu Fuß laufen!«
»So weit ist es auch nicht mehr. Außerdem wirst du allein ins Dorf gehen. Ermengilda und ich werden bis zu jenem Waldstück dort vorne laufen und auf dich warten. Dort können wir uns ungesehen umziehen.«
»Aber mein Gewährsmann dürfte einen Juden erwarten«, wandte Konrad ein.
»Weshalb sollte ein Jude nicht solche Gewänder tragen wie du? Außerdem kann der Mann, sollte er befragt werden, hinterher nicht die Kleidung beschreiben, in der du weiterreisen wirst.«
Das überzeugte Konrad. Er steuerte das Boot ans Ufer, sprang hinaus und zog es so weit aufs Trockene, dass die beiden Frauen aussteigen konnten, ohne nasse Füße zu bekommen. Dann griff er noch einmal hinein und zog das eingewickelte Prachtschwert heraus.
Maite nahm es ihm kopfschüttelnd ab. »Das lässt du besser bei uns. Es ist zu auffällig, und wir wollen nicht, dass sich jemand aus dem Dorf daran erinnert.«
Langsam empfand Konrad es als lästig, dass Maite immer das letzte Wort haben musste, aber er musste sich eingestehen, dass er und Ermengilda es ohne ihre Hilfe nicht bis hierher geschafft hätten. Mit einer Mischung aus gekränktem Stolz und Dankbarkeit verließ er die beiden Frauen und schritt auf das Dorf zu. Als Waffe besaß er nur noch den Dolch, und das verunsicherte ihn. Er wusste jedoch selbst, dass er als harmloser Reisender auftreten und unauffällig bleiben musste. Kampfesmut und Waffengewandtheit würden ihm dabei nur wenig nützen.
Da Ermengilda Anstalten machte, Konrad zu folgen, hielt Maite sie verärgert auf. »Bist du verrückt geworden? Es darf uns keiner sehen! Komm mit! Wir verstecken uns im Wald und warten dort auf Konrad. Ich hoffe nur, er bleibt nicht zu lange aus.«
»Das hoffe ich auch«, flüsterte Ermengilda und faltete die Hände, um für eine unversehrte Rückkehr des jungen Franken zu beten.
ZEHNTER TEIL
Die Heimkehr
1.
N
ach einem kurzen Fußmarsch erreichte Konrad das Dorf und fand auf Anhieb das von Eleasar beschriebene Haus. Es handelte sich um eine Hütte, die sowohl als Stall wie auch als Wohnhaus diente. Er klopfte an die Tür und musste eine
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