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Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Titel: Die Rückkehr des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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darin stecken. Einen Augenblick lang bildete ich mir ein, ich selbst hätte ihn dort vergessen, doch fand ich den meinen in meiner Tasche. Der einzige Zweitschlüssel, der meines Wissens existiert, befand sich im Besitz meines Dieners Bannister – ein Mann, der sich seit zehn Jahren um mein Zimmer kümmert und dessen Ehrbarkeit über jeden Verdacht erhaben ist. Ich ermittelte, daß es in der Tat sein Schlüssel war, daß er mein Zimmer betreten hatte, um zu fragen, ob ich Tee haben wollte, und daß er den Schlüssel beim Hinausgehen nachlässigerweise hatte stecken lassen. Er muß wenige Minuten, nachdem ich mein Zimmer verlassen hatte, hereingekommen sein. Seine Vergeßlichkeit wegen des Schlüssels hätte bei jeder anderen Gelegenheit nicht viel bedeutet, doch ausgerechnet an diesem Tag hat sie zu den bedauerlichsten Konsequenzen geführt.
    Gleich als ich auf meinen Tisch sah, bemerkte ich, daß jemand meine Papiere durchwühlt hatte. Die Fahnenabzüge bestanden aus drei langen Streifen. Ich hatte sie auf einem Haufen liegenlassen. Jetzt aber lag einer davon auf dem Boden, einer auf dem Seitentisch am Fenster, und der dritte war noch da, wo ich ihn hingelegt hatte.«
    Zum erstenmal rührte Holmes sich.
    »Seite eins auf dem Boden, Seite zwei am Fenster und Seite drei dort, wo Sie sie hingelegt hatten.«
    »Genau so, Mr. Holmes. Sie verblüffen mich. Wie konnten Sie das nur wissen?«
    »Fahren Sie bitte mit Ihrem interessanten Bericht fort.«
    »Zunächst glaubte ich kurz, daß Bannister sich die unverzeihliche Freiheit herausgenommen hätte, die Papiere zu untersuchen. Dies stritt er jedoch mit äußerstem Ernst ab, und ich bin davon überzeugt, daß er die Wahrheit sagt. Die andere Möglichkeit war die, daß irgend jemand, der an der Tür vorbeigekommen war, aus dem Vorhandensein des Schlüssels auf meine Abwesenheit geschlossen und das Zimmer betreten hatte, um sich die Papiere anzusehen. Es steht eine beträchtliche Geldsumme auf dem Spiel, denn das Stipendium ist sehr großzügig, und ein skrupelloser Mensch könnte durchaus ein solches Risiko auf sich nehmen, um einen Vorteil vor seinen Kommilitonen zu erlangen.
    Bannister hatte der Vorfall völlig aus der Fassung gebracht. Er war beinahe in Ohnmacht gefallen, als wir merkten, daß irgend jemand sich unzweifelhaft an den Papieren zu schaffen gemacht hatte. Ich gab ihm etwas Brandy und ließ ihn entnervt in einem Sessel sitzen, während ich das Zimmer aufs sorgfältigste untersuchte. Ich merkte bald, daß der Eindringling außer den durchwühlten Papieren noch weitere Spuren seiner Anwesenheit hinterlassen hatte. Auf dem Tisch am Fenster lagen etliche Schnitzel, die vom Spitzen eines Bleistifts herrührten. Auch eine abgebrochene Bleispitze fand sich dort. Der Schurke hatte offenbar den Text in großer Eile abgeschrieben, dabei seinen Bleistift abgebrochen und war so gezwungen, ihn neu anzuspitzen.«
    »Ausgezeichnet!« sagte Holmes, der allmählich seine gute Laune wiedererlangte, indem er dem Fall immer aufmerksamer zuhörte. »Das Glück hat Ihnen zur Seite gestanden.«
    »Das war noch nicht alles. Ich besitze einen neuen Schreibtisch mit einem schönen roten Lederbezug. Ich kann beschwören, und Bannister auch, daß dieser glatt und fleckenlos war. Nun aber bemerkte ich darin einen sauberen Schnitt von etwa drei Zoll Länge – es war kein bloßer Kratzer, sondern ein richtiger Schnitt. Und nicht nur das, auf dem Tisch fand ich auch noch ein schwarzes Klümpchen aus Teig oder Lehm, in dem etwas eingeschlossen war, das wie Sägemehl aussieht. Ich bin davon überzeugt, daß diese Spuren von demjenigen hinterlassen wurden, der in den Papieren herumgestöbert hat. Fußspuren und andere Hinweise auf seine Identität haben sich nicht gefunden. Ich war schon mit meinem Witz am Ende, als mir plötzlich der glückliche Gedanke kam, daß Sie sich in der Stadt aufhielten, und ich kam gleich zu Ihnen herüber, um den Fall in Ihre Hände zu legen. Helfen Sie mir bitte, Mr. Holmes! Sie sehen doch mein Dilemma. Entweder muß ich den Mann ausfindig machen, oder die Prüfung muß verschoben werden, bis neue Unterlagen fertig sind, und da dies nicht ohne irgendeine Erklärung abgehen kann, wird es einen schrecklichen Skandal geben, der nicht nur den Ruf des Colleges, sondern auch der Universität überschatten wird. Vor allem anderen wünsche ich daher, diese Angelegenheit diskret und in aller Stille zu bereinigen.«
    »Ich werde mir mit Vergnügen die Sache ansehen und

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