Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
den Tiegel aus der Hand geschlagen hätte. »Wer sollte mir verbieten, nach Nimrod zu gehen?«
»Wir.«
»Ihr?«
»Ja.«
»Das ist doch lächerlich.« Fedeon schüttelte ungläubig den Kopf.
»Du hast keine Wahl«, erwiderte Shari ernst. »Keine Wahl zu gehen oder zu bleiben?« »Du wirst nur dorthin gehen, wohin auch wir gehen, und immer dicht bei uns bleiben.« Shari wusste, dass es an der Zeit war, dem jungen Skalden alles zu erklären, doch es fiel ihr unendlich schwer, die richtigen Worte zu finden.
»Und wenn ich nicht will?«, fragte Fedeon herausfordernd.
»Dann werden wir dich töten.« Naemy hatte die Tür geöffnet und trat in die Hütte. Sie maß Fedeon und Shari mit einem finsteren, schwer zu deutenden Blick und fügte hinzu: »Und sei gewiss, ich werde nicht zögern, es zu tun.«
»Aber warum? Was geht hier vor?«, fragte Fedeon verwirrt. »Nebelelfen und Menschen sind doch Freunde. Es herrscht Frieden in Thale. Das ist nur ein Scherz - oder?« Obwohl er lächelte, waren ihm die Zweifel deutlich anzusehen. Allmählich schien ihm bewusst zu werden, dass die beiden Nebelelfen es tatsächlich bitterernst meinten.
»Du hast Recht, wir sind nicht deine Feinde.« Naemy nickte, setzte sich zu den beiden an den Tisch und sah Fedeon lange schweigend an. In den Augen des jungen Mannes spiegelten sich Unglaube, Verzweiflung und auch die Furcht vor der Zukunft. Doch dahinter loderte ein heftiges Feuer des Widerstands, und Naemy spürte, dass er sich nicht so leicht mit seinem Schicksal abfinden würde. Was auch geschah, sie musste ihn gut im Auge behalten.
»Wir waren zur falschen Zeit am falschen Ort«, sagte sie schließlich. »Eigentlich wärst du jetzt tot.
Ein unglücklicher Zufall wollte, dass wir dein Leben retteten. Es hätte nicht sein dürfen, doch was geschehen ist, ist geschehen, und wir müssen das Beste daraus machen. Dass du noch am Leben bist, mag dir wie ein Wunder erscheinen, aber es bedeutet, dass du niemals nach Nimrod zurückkehren kannst.« Trotz des schwachen Lichts sah sie, wie Fedeon erbleichte. Die Lippen des Skalden bebten, doch er schwieg. Naemy seufzte. Der junge Mann tat ihr Leid, aber Mitleid war ein Gefühl, das sie sich nicht leisten durfte. »Höre mir jetzt gut zu«, forderte sie Fedeon auf. »Es ist nicht einfach zu verstehen, aber wir haben ein wenig Zeit, und ich werde versuchen, es dir zu erklären.«
Es wurde ein langer Abend. Obwohl sich Naemy bemühte, dem jungen Skalden zu erklären, warum er nicht gehen konnte, fruchteten ihre Bemühungen nicht. Fedeon wehrte sich entschieden dagegen, ihr zu glauben, und gab sich uneinsichtig. Trotzig sprach er von der großen Zukunft, die ihm und seiner Gefährtin Paira bevorstand, und schenkte Naemy, die immer wieder beteuerte, dass er eigentlich nicht mehr am Leben wäre, keinen Glauben. Er sprach es nicht offen aus, doch es war nicht zu überhören, dass er erhebliche Zweifel an dem Geisteszustand der beiden Nebelelfen hegte. Voller Überzeugung behauptete er, ein Überfall von dem Ausmaß, das Naemy ihm beschrieb, sei unmöglich, und zudem sei bei seiner Abreise in Nimrod nicht das kleinste Anzeichen einer Bedrohung spürbar gewesen. Er war so zuversichtlich, dass die Seher und der Druidenrat es längst bemerkt hätten, wenn ein so gewaltiges Heer heranrückte, dass es unmöglich war, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.
Schließlich war Naemy es leid, wieder und wieder dasselbe zu sagen, und sie gab auf. »Es ist mir gleich, ob du uns glaubst oder nicht, Fedeon«, meinte sie mit finsterer Miene. »Meiner Meinung nach wäre es für alle besser gewesen, du wärst den Suchern zum Opfer gefallen und nicht mehr am Leben. Dann müssten wir uns jetzt nicht mit dir herumschlagen. Du bist ein Mensch und nicht Teil des Auftrags, doch es ist nun mal geschehen.« Sie seufzte und maß den Skalden mit einem Blick, der deutlich machte, wie wenig ihr an ihm lag. »Ich werde dich hier dulden, solange du keine Schwierigkeiten machst. Aber ich werde keinen Augenblick zögern, dich zu töten, falls du zu fliehen versuchst. Verstanden?«
Fedeon nickte, vermied es aber, der Elfe dabei ins Gesicht zu sehen. »Ich verdanke euch mein Leben und werde mich fügen . . . « , sagte er leise und fügte in Gedanken hinzu: . . . bis sich die erste Fluchtmöglichkeit ergibt.
»Bei den Toren, Glamouron sagt die Wahrheit!« Artair erhob sich und stützte sich schwer auf die dicke Eichenplatte des Ratstisches.
Nachdem der eilig zusammengerufene Druidenrat
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