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Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Mia
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suchen?«, zischte sie ihr ins Ohr. »Mein Vater wurde heute beerdigt, schon vergessen?«
    »Schrei mich gefälligst nicht so an«, entgegnete Caro angriffslustig. Ihre Augen waren glasig und ihr Gesicht gerötet – sie hatte definitiv schon mehr als bloß ein paar Cocktails intus. »Du bist einfach abgehauen und hast niemandem gesagt, wo du bist. Was hast du denn erwartet? Dass wir alle bei dir zu Hause rumsitzen und warten, bis du irgendwann geruhst zurückzukommen?«
    April spürte, wie sie vor Wut und Kränkung rot anlief. »Ich habe Fiona eine SMS geschrieben, dass ich ein bisschen allein sein musste, und mein Handy war die ganze Zeit an. Du hättest ja auch anrufen und mal nachfragen können.«
    »Na klar, und was hätte unser kleiner Sonnenschein dann gesagt?«
    »Muss ich mich jetzt auch noch dafür entschuldigen, an dem Tag, an dem ich meinen Vater begraben habe, eine Spaßbremse zu sein?!«, rief April fassungslos. »Ich dachte, du wärst meine Freundin, aber dir scheint überhaupt nicht klar zu sein, wie hart das alles für mich ist.«
    »Ach ja? Und hast du dich mal gefragt, was ich in den letzten Wochen durchgemacht habe? Nein, hast du nicht! Weil es nämlich immer nur um dich gegangen ist!«
    »Was du durchgemacht hast?« April sah sie ungläubig an.
    »Ach, vergiss es einfach«, sagte Caro und drehte sich um.
    »Nein, ich will es wissen!«, rief April und hielt sie am Arm zurück. »Na los, sag schon!«
    Caro funkelte sie wütend an. »Du hast echt keine Ahnung, oder? Gott…«
    April packte sie an den Schultern und schüttelte sie. »Was ist denn los? Dann sag es mir doch endlich!«
    Caro schubste sie weg und hielt ihre Hände vor Aprils Gesicht. »Blut!«, rief sie. »Ich habe Blut an meinen Händen, überall Blut. Ja – es war dein Vater, und nein – ich kann mir nicht vorstellen, wie wahnsinnig hart das für dich sein muss. Aber ich bin dabei gewesen, April. Ich habe genau wie du mitansehen müssen, wie er starb!«
    April sah, dass Caros Hände zu zittern begannen. Ihrer Freundin liefen dicke Tränen übers Gesicht.
    »Ich habe sie immer und immer wieder gewaschen, aber ich habe das Gefühl, dass das Blut immer noch an mir klebt.« Ihre Stimme brach. »Und es gibt niemanden, mit dem ich darüber reden könnte. Du bist in letzter Zeit so gut wie nie ans Telefon gegangen, und alle anderen fragen mich immer nur, wie es dir geht und wie du damit klarkommst. Aber was ist mit mir? Wie soll ich damit klarkommen?«
    Der Vorwurf traf April wie eine Ohrfeige. Sie war so mit ihrem eigenen Kummer beschäftigt gewesen, dass sie der Gedanke, wie Caro mit alldem fertigwurde, noch nicht einmal gestreift hatte. Caro war an dem Tag dabei gewesen, sie hatte direkt hinter ihr gestanden und versucht, sie von ihrem Vater wegzuziehen. Natürlich hatte sie alles mitangesehen. Sie streckte beschämt die Hand nach ihrer Freundin aus.
    »Es tut mir leid…«
    Caro schüttelte den Kopf. »Nicht«, sagte sie. »Ich weiß , wie beschissen das alles im Moment für dich ist, ich weiß , dass für dich alles viel schrecklicher ist als für mich. Aber heute nehme ich mir ausnahmsweise das Recht heraus, mich sinnlos zu betrinken und von irgendeinem fremden Typen küssen zu lassen, okay?«
    April nickte. »Das war total gedankenlos von mir. Tut mir leid. Wirklich.«
    Caro rang sich ein kleines Lächeln ab und wischte sich die Tränen von den Wangen. »Mir doch auch.«
    April sah ihr betroffen hinterher, als sie zu dem schwarzhaarigen Jungen zurückging. Sie hatte sich in ihrem ganzen Leben nie elender gefühlt. Caro hatte vollkommen recht. Der Verlust ihres Vaters war das Schlimmste gewesen, was ihr in ihrem Leben je passiert war. Ihre Welt war zerbrochen, und nichts würde je wieder so sein, wie es einmal war. Sie hatte keine Ahnung, ob sie jemals darüber hinwegkommen würde. Aber deswegen hätte sie ihre Freundinnen – und es waren gute Freundinnen – nicht vernachlässigen dürfen. Auf der Suche nach Fiona ließ sie ihren Blick durch den VIP -Bereich schweifen und entdeckte sie schließlich neben einem Typen, der aussah, als wäre er geradewegs einem Burberry-Katalog entstiegen. Die beiden schienen in eine ernste Unterhaltung vertieft zu sein. Gabriel stand mit Benjamin, Marcus und ein paar anderen Leuten, die sie vage von der Halloweenparty wiedererkannte, am anderen Ende des Raums und schien sich blendend zu amüsieren. April fragte sich, wer von diesen Leuten alles ein Vampir und wer ein Rekrutierter war und ob ihre

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