Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Mia
Vom Netzwerk:
Ein Werk, dessen Autor sich eingehend mit den kursierenden Gerüchten, dem Aberglauben und den albernen Theorien auseinandergesetzt hatte und ihr harte Fakten liefern konnte, wenn es denn welche gab. Aber ihren Vater konnte sie schlecht danach fragen. Hey, Dad, ich hab mitgekriegt, dass du dich für Vampire in Highgate interessierst. Tja, weißt du, ich hab sie gefunden. Und mit einem von ihnen hab ich auf der Party sogar rumgeknutscht. Sie würde von Glück sagen können, wenn er sie nicht sofort in eine Anstalt einweisen würde.
    »Ah, da kommen wir der Sache doch schon ein bisschen näher«, murmelte sie, als sie eine Abteilung entdeckte, in der ausschließlich Bücher aus dem Bereich Mythen und Sagen standen. Dort gab es Bücher über Zombies, Hexen, Werwölfe und sogar Irrlichter, und dann endlich – ihr Herz machte einen Sprung – entdeckte sie tatsächlich fünf Bände über Vampire. Sie nahm sie aus dem Regal und setzte sich mit ihnen an einen Tisch, der außer Sichtweite der beiden Asiatinnen war. Es waren auch so schon genügend Gerüchte über sie in Umlauf, da musste sie nicht noch zusätzlich Öl ins Feuer gießen.
    Gespannt blätterte sie in den Büchern, war jedoch nach kurzer Zeit genauso enttäuscht wie nach ihrer Internetrecherche. Vampire in Filmen, Vampire in der Literatur, Vampire in Volksüberlieferungen – und alle Autoren käuten die ewiggleichen Theorien wieder: Vampire hassen Silber, Kreuze oder Weihwasser und sterben, wenn man ihnen einen Pflock mitten ins Herz rammt, sie dem Sonnenlicht aussetzt oder ihnen den Kopf abschlägt. Einige können sich in Fledermäuse oder Wölfe verwandeln. Nichts von dem, was April las, hatte einen Bezug zu den Theorien ihres Vaters oder erschien ihr wie eine ernst zu nehmende wissenschaftliche Untersuchung. Und nirgendwo wurde Highgate oder ein Highgate-Vampir erwähnt. Dabei war sie sich sicher gewesen, in einer Bibliothek dieser Größe etwas über regionale Legenden finden zu können. Entmutigt stellte April die Bücher wieder ins Regal zurück, als ihr ein dicker Band auffiel, der aufgeschlagen auf einer der ausziehbaren Lesestützen lag. Neugierig entzifferte sie den Titel, und ihr Herz machte erneut einen Sprung, als sie las: »Londons Friedhöfe: Ein Wegweiser«, von Ian Montgomerie. Aufgeregt ging sie mit dem Buch zum Tisch zurück und begann zu lesen.
    Anfang des 19. Jahrhunderts erlebte London einen enormen Aufschwung. Die Bevölkerungszahl stieg infolge unkontrollierter Einwanderung und der Landflucht verarmter Bauern sprunghaft auf das Doppelte an. Die Straßen waren jedoch nicht mit Gold gepflastert, wie viele von ihnen geglaubt hatten. Seuchen, Überbevölkerung, die unzureichende Abwasser- und Abfallbeseitigung und eine grassierende Hungersnot führten zu einem derart massiven Anstieg der Sterberate, dass die Regierung 1832 aus Angst vor Epidemien ein Gesetz verabschiedete, das die Einrichtung privater Gräberfelder vor der Stadt erlaubte. Der Plan ging auf, und innerhalb der folgenden zehn Jahre entstanden im Umkreis Londons in Kensal Green, West Norwood, Abney Park, Nunhead, Brompton, Tower Hamlet und Highgate sieben neue Friedhöfe, die später als die »Magnificent Seven« bekannt wurden.
    April überflog das Kapitel über Highgate, fand darin allerdings, obwohl es durchaus interessant war – es ging um die Sichtweise auf den Tod im Viktorianischen Zeitalter, den Einsatz heidnischer und ägyptischer Symbolik und um Begräbnisse von Berühmtheiten –, nichts, was ihr weitergeholfen hätte. Und auch in den anderen Kapiteln wurden weder Vampire noch irgendwelche sonstigen übernatürlichen Erscheinungen erwähnt.
    Sie brachte das Buch wieder zum Regal zurück und ging dann zur Theke, hinter der Mrs Townley nun mit geschlossenen Augen saß. Ihr Strickzeug ruhte vergessen im Schoß, und sie lauschte irgendetwas, das auf ihrem iPod lief. Seufzend legte April den ausgefüllten Antrag für den Bibliotheksausweis auf den Tisch und steuerte auf den Ausgang zu.
    »Sie haben wohl nicht gefunden, wonach Sie gesucht haben, Kindchen?«
    April fuhr herum und presste sich eine Hand auf die Brust. »Gott, sie hätten mich fast zu Tode erschreckt!«
    Die alte Dame lachte in sich hinein. »Uralter Trick von mir. Funktioniert immer.«
    April sah sie verwundert an. Gab es an dieser Schule denn niemanden, der einfach nur normal war? »Nein, leider nicht«, antwortete sie und versuchte vergeblich, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
    »Nun,

Weitere Kostenlose Bücher