Die Schwarze Armee 01 - Das Reich der Träume
sprechen.«
»Was denn noch alles? Je mehr du deinen Willen durchsetzt, desto mehr verlangst du von mir!«
»Ich will dir nur helfen.«
»Hoffentlich hast du nicht vor, mich auch noch zu Leblanc zu schleppen«, sage ich lachend. »Er könnte ja eine Geschichte über mich schreiben.«
»Das ist gar keine schlechte Idee. Vielleicht kann er …«
Jetzt reicht’s!
»Denkst du, du kannst mich wie einen Zirkusaffen herumreichen?«, bricht es aus mir heraus. »Darf man fragen, was du mit mir vorhast?«
»Nichts. Aber so kann es nicht weitergehen! Du bist kein Held aus dem Mittelalter! Du musst endlich begreifen, dass du im 21. Jahrhundert lebst und nicht mal weißt, wie man ein Schwert hält. Alles was du hast, ist eine lebhafte Fantasie!«
»Ach ja? Und die Tätowierungen, sind die auch nur ein Produkt meiner Fantasie?«
»Dafür gibt es bestimmt eine vernünftige Erklärung. Deswegen sind wir hergekommen, damit Jazmín uns sagt, woher die Tätowierungen stammen, wart’s ab … Hier ist es, wir sind da.«
Das Schaufenster ist voller Bilder mit Tätowierungsmotiven in allen Farben und Größen. Es gibt alle möglichen Abbildungen: Herzen mit verliebten Sprüchen, Schwerter mit patriotischen Parolen, Totenschädel mit Liedtexten, Wappen von Fußballvereinen, Drachen, Pferde, Flugzeuge … Für jeden Geschmack ist etwas dabei.
»Guck mal, cool! Sieht aus wie ein gemaltes Bild!«, ruft Metáfora. »Schau dir das an!«
Sie zeigt auf ein lebensgroßes Foto von einem kahlköpfigen Typen, dessen Körper über und über mit den verschiedensten Motiven tätowiert ist. Wirklich cool! Es gibt keinen Zentimeter seiner Haut, der nicht tätowiert ist. Orientalische, arabische, afrikanische Zeichen, Zeichnungen, Buchstaben – sogar eine Landkarte ist auf seine Brust tätowiert! Unglaublich!
»Siehst du? Hab ich’s dir nicht gesagt? Ein tätowierter Körper kann wunderschön sein«, sagt Metáfora.
Wir gehen hinein. Der ganze Laden ist tätowiert. Ich meine, es hängen überall Fotos von tätowierten Leuten, sodass man den Eindruck hat, der Laden wäre es ebenfalls. Er ist eine einzige riesige Werbefläche. Wohl damit keiner den Ort verlässt, ohne sich irgendetwas irgendwohin tätowieren zu lassen.
»Hallo, ist Jazmín da?«
»Und wer bist du?«, fragt eine sehr hübsche junge Frau, offenbar eine Thailänderin, die ebenfalls tätowiert ist bis zu … bis zu den Augenlidern.
»Ich heiße Metáfora und bin mit ihm verabredet. Sag ihm, ich habe meinen Freund Arturo mitgebracht.«
»Wartet hier eine Sekunde, ich schau mal nach, ob er Zeit für euch hat«, sagt das Mädchen, bevor sie zwischen Seidenvorhängen verschwindet. »Er hat gerade einen Kunden.«
Kurze Zeit später kommt die junge Thailänderin wieder und fordert uns auf, ihr zu folgen.
»Jazmín erwartet euch. Hier entlang.«
Wir tasten uns durch ein farbenfrohes Meer aus Seidentüchern und gelangen in einen Raum, in dessen Mitte ein junger Mann auf einer Pritsche liegt. Sein Gesicht ist tränenüberströmt. Neben ihm steht ein dicker, kräftiger Kerl, der uns mit einem breiten Grinsen begrüßt.
»Hallo! Erzählt mir erst mal, was ihr von mir wollt, ich arbeite inzwischen weiter«, sagt Jazmín und zeigt dabei auf seine Tätowierpistole. »Setzt euch da hin und sagt mir, worum es geht. Nach dem, was du mir am Telefon erzählt hast, muss dein Freund ein sehr interessanter Fall sein.«
Ich kann meinen Blick nicht von dem armen Kerl losreißen, der gerade tätowiert wird. Tränen fließen über sein Gesicht, und doch hat man den Eindruck, dass er glücklich ist. Ehrlich gesagt, wenn ich sehe, wie schmerzhaft es ist, sich die Haut tätowieren zu lassen, weiß ich nicht, worüber ich mich beklage. Schließlich hat es bei mir überhaupt nicht wehgetan!
»Also, es ist so: Arturo hat die seltsamste Tätowierung, die du jemals in deinem Leben gesehen hast.«
»Meinst du den Drachenkopf auf seiner Stirn? In China ist das ganz normal. Der Drache ist ein chinesisches …«
»Von dem Drachen reden wir später«, unterbricht ihn Metáfora. »Jetzt sieh dir erst mal das hier an – zieh dich aus, Arturo!«
»Jetzt? Hier? Vor all den Leuten?«
Ihr Blick durchbohrt mich, und obwohl es mir peinlich ist, ziehe ich die Jacke aus und das T-Shirt hoch und zeige ihnen mein ganz besonderes kleines Kunstwerk.
Jazmín kneift die Augen zusammen und versucht, die Buchstaben auf meinem Oberköper zu entziffern.
»Weiter!«, bittet er mich. Sein Interesse ist geweckt. »Zeig mir
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