Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwarze Armee 01 - Das Reich der Träume

Die Schwarze Armee 01 - Das Reich der Träume

Titel: Die Schwarze Armee 01 - Das Reich der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santiago García-Clairac
Vom Netzwerk:
sagen, dass es ein bedeutsamer Moment für mich ist. Was ich Ihnen gleich vortragen werde, ist die Frucht jahrelanger Forschung über den sogenannten Stein der Weisen, mit dessen Suche viele Alchemisten einen Großteil ihres Lebens verbracht haben.«
    Ein leises Raunen erfüllt den Saal. Doch nur kurz, dann herrscht wieder absolute Stille.
    »Gestatten Sie mir gleich zu Beginn etwas klarzustellen. Die Bedeutung, die die Alchemisten dem Stein der Weisen beimaßen, ist nicht die, die ihm heutzutage allgemein gegeben wird. Meine These ist die folgende: Die stärksten Waffen der Alchemisten waren nicht etwa Reagenzgläser, Schmelztiegel oder andere Werkzeuge, auch nicht Substanzen wie Quecksilber, Eisen oder Öl … Die stärkste Waffe der Alchemisten war die Schrift!«
    Mein Vater macht eine kurze Pause, dann fährt er fort.
    »Für die Alchemisten war die Schrift der Anfang und das Ende von allem, und wenn sie an irgendeine Magie geglaubt haben, dann an die Kraft des geschriebenen Wortes. Sie wussten sehr genau, dass das Gedächtnis vergänglich ist, und hatten bald begriffen, dass sich das, was nicht schriftlich festgehalten wird, im Dunkel der Zeit verliert. Deswegen war es für jeden Alchemisten wichtig, lesen und schreiben und, in manchen Fällen, auch zeichnen zu können. Sie waren wahre Künstler des geschriebenen Wortes. Ihre Formeln verbargen sich zwischen den geheimnisvollen Zeilen ihrer Texte, die nur sie selbst und einige ihnen nahestehende Personen zu entschlüsseln in der Lage waren. Die Schrift schützte ihre Entdeckungen.«
    Im Saal herrscht aufmerksames Schweigen.
    »Die Stärke und die Macht der Alchemisten beruhten nicht nur auf ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern auch und vor allem auf ihrer Fähigkeit zu schreiben. Für sie bedeutete der wahre Stein der Weisen nicht so sehr, Blei in Gold verwandeln zu können oder die Formel der ewigen Jugend zu finden. Für sie lag seine Bedeutung in den Buchstaben, die sie minutiös auf Pergamente malten.«
    Metáfora sieht mich überrascht an.
    »Wie schön er das ausdrücken kann!«, flüstert sie mir zu.
    »Wer also ihre Formeln verstehen will, muss damit beginnen, ihre Kalligrafie zu studieren«, fährt mein Vater fort. »Die Alchemisten begnügten sich nicht damit, ihre Wörter niederzuschreiben, nein, sie versahen jeden Buchstaben mit besonderen Merkmalen und machten sie auf diese Weise einzigartig. Und diese besonderen Merkmale verliehen jedem Zeichen außer der üblichen, bekannten eine zusätzliche Bedeutung. So kam es, dass jeder Buchstabe verschiedene Dinge bezeichnen konnte.«
    Oh nein! Mein Handy vibriert!
    »Einige Buchstaben hatten Drachenschwänze, Mäuseohren oder Hühnerklauen; andere ähnelten Sonnen, Monden, Wolken, Wasser, Feuer … Jeder Alchemist fügte den Buchstaben eine zusätzliche Eigenschaft hinzu und erweiterte so ihren Inhalt, das heißt, ihre Bedeutung. Diese verborgenen grafischen Symbole blieben viele Jahrhunderte hindurch unentdeckt.«
    Ich habe eine SMS bekommen, aber ich weiß nicht recht, wie ich sie unauffällig lesen kann.
    »Durch meine Forschungsarbeit bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Sprache der Alchemisten so geheim war wie ihre Formeln. Man kann sagen, die Buchstaben und die Schrift überhaupt waren für sie die wichtigsten Bestandteile auf dem Weg zu dem Ziel, das sie verfolgten: ihre eigene Unsterblichkeit.«
    Die Botschaft ist von Hinkebein:
    Die Ratten sind im Gebäude.
    »Der Stein der Weisen, der ihnen das ewige Leben verliehen hat, der Brunnen ewiger Jugend … das ist das, was sie niedergeschrieben haben, und weniger das, was sie erfunden oder entdeckt haben.«
    »Wohin gehst du?«, fragt mich Metáfora.
    »Die Formeln und die Entdeckungen verschwinden mit der Zeit, aber was geschrieben steht, das bleibt. Die Schrift ist beständiger als ein Fels und kostbarer als der Stein der Weisen. Die Schrift ist unsterblich.«
    »Zur Toilette, ich bin gleich zurück.«
    Ich verlasse den Saal so unauffällig wie möglich, was mir jedoch nicht besonders gut gelingt, da ich der Einzige bin, der von seinem Platz aufsteht und hinausgeht.
    »Sie beherrschten die Kunst des Schreibens …«
    Ich renne in mein Zimmer und wähle Hinkebeins Nummer.
    »Was bedeutet die SMS ?«, frage ich ihn ohne Einleitung.
    »Sie sind drin! Sie rauben euch aus!«
    »Jetzt?«
    »Genau in diesem Augenblick!«
    »Aber das kann nicht sein – mein Vater hält gerade einen Vortrag!«
    »Für sie der günstigste Moment … Tu

Weitere Kostenlose Bücher