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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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zurückkomme?“
    „Ich will, dass du gar nicht erst fortgehst.“
    „Aber ich muss. Der Narwal braucht meine Hilfe.“
    „Was meinst du?“
    „Gedanken und Töne werden im Meer sehr weit getragen. Deswegen sind wir zusammen, auch wenn wir getrennt sind. Seit einigen Tagen habe ich nichts mehr von ihm gespürt, aber vorhin, als wir uns den Film ansahen, nahm er plötzlich wieder Kontakt mit mir auf. Er will nicht mehr, dass ich komme. Er will, dass ich hier bleibe. Deswegen war ich zu abgelenkt, um die Geister zu spüren.“
    „Vielleicht weiß dein Freund, wie du fühlst. Deswegen will er nicht, dass du zu ihm kommst.“
    „Sicher weiß er es, aber darum geht es nicht. Er hat Angst, mich in Gefahr zu bringen. Ich spüre, dass etwas nicht stimmt. Der Wal ist uralt, was immer ihm Sorgen bereitet, muss so mächtig sein wie er. Oder mächtiger.“
    Fae nickte benommen. Ihr schwirrte der Kopf, Tränen brannten in ihren Augen. „Du solltest auf ihn hören. Der Narwal will dich beschützen. Er wird wissen, warum.“
    „Fae, ich muss ihm helfen. Er hat furchtbare Angst. Ich spüre sie, auch wenn er versucht, sie vor mir zu verbergen.“
    „Etwas, vor dem sich so ein altes Wesen fürchtet, kann auch dir schaden. Bitte bleibe hier. Bitte!“
    „Ich kann nicht. Aber ich schwöre dir, dass ich zurückkomme.“
    Fae sah seinen unnachgiebigen, entschlossenen Blick – und verzweifelte daran. So zärtlich strich er über ihre Wange, dass das Elend ihr Herz zusammenpresste. Vielleicht gab er ihr diesen Schwur nur, um sie zu beruhigen. Was immer auf ihn wartete, es war gefährlich. Und selbst, wenn ihm nichts geschah: Er gehörte nicht zum Land. Seine Heimat war so unbezähmbar wie er selbst, und was waren ihre Gefühle gegen die Gewalt des Meeres? Sie kannten sich kaum, es war nur so kurze Zeit gewesen.
    Und doch …
    Fae schloss die Augen und atmete tief ein.
    Und doch …
    „Keine Angst.“ Er raunte es so schrecklich sanft an ihren Lippen. „Ich komme zurück. Das schwöre ich dir.“
    „Und was bedeutet ein Schwur in deiner Welt? Ich habe Angst um dich. Ich brauche dich.“ Sie wappnete sich für das, was sie zu sagen hatte. „Kann es sein, dass du mich nicht ganz geheilt hast?“
    Er blickte verwirrt drein. „Wie meinst du das?“
    „Vorhin habe ich es wieder gefühlt. In meinem Kopf. Ich glaube, dass ich nur gesund bin, wenn du bei mir bist. Es ist die Energie deines Lichts. Wenn du nicht bei mir bist, kommt die Krankheit wieder zurück.“
    Kjell schüttelte den Kopf. Die Sorge in seinem Blick war schlimmer als die Angst vor dem Tod und schlimmer als dieAngst, ihn zu verlieren.
    „Es klingt wie ein Trick, um dich zum Bleiben zu zwingen.“ Fae löste sich von ihm und schlang die Arme um ihren Brustkorb. Obwohl sie Kjells Wärme nicht mehr spürte, war ihr nicht kalt. Bedeutete das, dass ihre Ahnung der Wahrheit entsprach? „Aber es ist keiner. Das musst du mir glauben.“
    Er umfasste ihren Kopf mit beiden Händen und schloss die Augen. „Du irrst dich. Ganz sicher irrst du dich. Ich würde den Tod fühlen. Ich habe ihn gespürt, als ich dich das erste Mal gesehen habe. Aber da ist nichts. Alles wird gut, Fae. Ich bin bald wieder bei dir. Gib mir ein paar Tage. Nicht länger. Ich muss wissen, wovor er sich fürchtet. Er war von Anfang an mein Freund.“
    „Gut.“ Sie stand auf und nickte. „Das verstehe ich. Wie habt ihr euch überhaupt kennengelernt?“
    Zitternd griff sie nach ihrer nassen, sandverklebten Kleidung und schlüpfte hinein. Der Stoff fühlte sich Ekelhaft an. Tränen rollten ihr über die Wangen, ihre Finger waren kraftlos und taub. Als sie Kjells helfende Berührungen spürte und er behutsam ihr Hemd zuknöpfte, biss sie sich so fest auf die Zunge, dass sie den metallischen Geschmack von Blut wahrnahm.
    Nicht weinen! Bloß nicht weinen! Er geht nur für ein paar Tage.
    So lange schaffe ich das schon. Das hier ist kein Weltuntergang.
    Aber was, wenn ihm etwas passiert? Dann werde ich nie erfahren, warum er nicht zurückgekommen ist.
    „Wir trafen uns das erste Mal hoch im Norden“, erzählte er mit samtweicher Stimme. „Nur wenige Monate, nachdem ich verwandelt wurde. Er zeigte mir das Portal und teilte sein Wissen mit mir. Viel war es nicht, weil er alt und vergesslich geworden ist, aber es genügte.“
    „Narwale leben im Eismeer. Das Bermuda-Dreieck liegt viel zu weit südlich.“
    „Wir sind sehr anpassungsfähig.“ Er zog sie in seine Arme und küsste sie. So innig und

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