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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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lange habe ich ihn gejagt, Alena, aber jetzt ist es vorbei. Ich wäre so gern bei dir, calman geal. Aber für mich gibt es keine Erlösung. Danke den Göttern für unser Schicksal. Wir sind für sie nichts weiter als Spielfiguren. Alle Opfer und Gebete interessierten sie nicht. Was war ihr Dank für deine Treue? Dass die Götter lachten, als ein Dutzend Krieger dich zu Tode vergewaltigten?
    Oh ja, diesmal würde er es richtig machen. Nicht nur das Fleisch und das Blut würden ihn stärken. Nein, er würde das Herz des Wales essen. Den Sitz der Seele. Das Zentrum der Magie. Er würde es aufessen, das ganze Herz, solange es noch warm war.
    „Holt ihn rein!“, brüllte Breac. „Macht schnell!“
    Die Mannschaft gehorchte. Schritt für Schritt taumelte Breac zum Heck des Schiffes, wo man den Leichnam des Tieres an Bord ziehen würde. Seine Gedanken verwischten. Nur ein Wort hallte wie ein Echo in seinem Kopf hin und her: Endlich! Endlich! Endlich!
    Plötzlich schien die gesamte Last des Alters auf ihn niederzustürzen. Seine Kräfte waren endgültig am Ende. Hätte es diesmal nicht funktioniert, wäre er verloren gewesen. Erschöpft zog er sich mit der Reling als Stütze vorwärts. Irgendeiner der Idioten wollte ihm helfen, aber er stieß ihn mit einem wütenden Fluch beiseite. Nein! Seine letzten Schritte bis zur Erlösung würde er selbst bestreiten. Stolz und aufrecht, wie er es immer getan hatte.
    Die Männer hatten den Wal nahe an das Schiff bugsiert, er trieb keine fünf Meter von der Rampe entfernt. In der Flanke des Tieres war noch immer die uralte Narbe zu sehen, die Breac ihm vor unendlich langer Zeit zugefügt hatte.
    Aber etwas stimmte nicht. Irgendetwas bewegte sich hinter dem toten Tier, etwas, das nach der Harpune griff.
    Eine Hand?
    Die Haken, die sich gerade in den Leib des Wales hatten schlagen wollen, verharrten zum Schlag erhoben. Niemand regte sich. Jeder, auch Breac selbst, starrte ungläubig auf das Wesen, das hinter dem toten Narwal auftauchte und zu ihnen hinaufblickte. Ein Mensch?
    Breac glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Nein, kein Mensch. Ein Geschöpf wie der Narwal, weiß und strahlend. Eine magische Seele.
    Aber das war unmöglich. Davon hatte er niemals gehört, nicht einmal ein Gerücht. Alles, was er kannte, war der Wal. Das Tier, das er seit Jahrhunderten verfolgte. Aber ein Mensch, der die Seele in sich trug?
    Nein, unvorstellbar! Und doch war er da, packte die Harpune und zog sie mit einer einzigen, mühelosen Bewegung heraus.
    Breac starrte in kristallhelle Augen. Dieses Wesen war noch unwirklicher als der Narwal, noch heller und machtvoller. Er konnte sie spüren, diese Aura purer Lebenskraft, so strahlend und herrlich, dass es ihm die Sinne benebelte. Angewidert warf das Geschöpf die Harpune ins Wasser, tauchte unter und verschwand ebenso schnell, wie es gekommen war. Das Wasser war rot von Blut. Langsam sank der Wal in die Tiefe, aber erst, als er im Schlund des Ungeheuers verschwand, löste sich Breacs aus seinem Bann.
    Der Narwal war verloren. Geopfert seinem treuen Freund. Aber um wie vieles mächtiger musste das Herz des Geschöpfes sein, das ihn geraubt hatte.
    „Er gehört mir!“, schrie Breac. „Hol ihn mir. Schnell!“
    Das Meer kochte und brodelte, während das Monster fraß.
    „Bring ihn mir! Sofort!“
    Ein zorniges Dröhnen ließ das Wasser erzittern. Der riesige Körper des Seelenfressers drehte sich und schwamm davon. Zuerst langsam, dann schnell wie ein Schatten. Breac spürte, wie die Gier des Monsters von Neuem erwachte, kaum dass der Wal verschlungen war.
    Und sie war schrecklicher als je zuvor.
    „Gehorche mir!“ Breac war außer sich vor Angst. „Du rührst ihn nicht an! Hast du verstanden? Sein Herz gehört mir! Nur mir!“
    Ein gewaltiger Schlag traf das Schiff. Etwas Großes rammte den Bug, glitt daran vorbei und verwandelte das Wasser in ein kochendes Inferno.
    Gehorche mir!
    Fremde Schmerzen durchzuckten seinen Körper und wurden fast augenblicklich unerträglich. Er spürte Schnitte, Stiche und Kratzer. Dann einen gewaltigen Druck, als würden sich die Tentakel des Ungeheuers um seinen Körper zusammenziehen und ihn in der Mitte entzweireißen.
    Aufhören! Aufhören!
    Er ging in die Knie. Das Reißen und Brennen erfüllte sein gesamtes Sein, als bestünde das ganze Universum aus loderndem Schmerz. Breac hörte sich wimmern und stöhnen. Hände griffen nach ihm.
    Er konnte sich nicht einmal gegen ihre Griffe wehren.
    Bei den Göttern, hör

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