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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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Blut, aber es war nicht seines.
    Hilf mir! Hilf mir!
    Ihm war kalt, so kalt. Noch einmal rammte der Pottwal das Schiff. Er drückte es ganz unter Wasser und ließ sich mit ihm in die Tiefe sinken. Unter Breac wehrte sich das Monster aus Leibeskräften. Das Wasser kochte und tobte, Strudel zogen an seinen Beinen, Schläge trafen seinen Körper, der wie ein Korken hin und her geschleudert wurde.
    Seine Sinne schwanden. Mit letzter Kraft kämpfte er sich noch einmal an die Oberfläche.
    Bitte nicht! Ich will nicht sterben!
    Etwas traf mit brachialer Wucht seinen Rücken. Er japste nach Luft, aber seine Lungen streikten. Das eisige Wasser schloss sich erneut über ihm. Unter sich sah er den schnell verschwindenden Schatten des Schiffes und einen grauenvollen Wirbel aus Blut, Tentakeln, Monster, Walen und Fleischfetzen.
    Breac sank in dieses widerwärtige Chaos hinein. Er würde nicht sterben. Weder durch die Kälte noch durch die Tiefe. Nein, er würde eine Ewigkeit lang als lebende Leiche in der Tiefsee verrotten. Das Letzte, was er fühlte, war unerträgliches Entsetzen.
     

Kapitel VIII
Vereinigung
~ Fae ~
    H enry wagte es nicht, sie anzusehen. Langsam zog er seine Hand von Kjells Hals zurück. „Es tut mir leid.“
    „Nein!“
    Sie riss den leblosen Körper an sich, vergrub ihr Gesicht in dem silbernen Haar und weinte, obwohl sie geglaubt hatte, keine Tränen mehr zu haben.
    Es durfte nicht sein. Warum geschah das alles? Wer konnte ihm so etwas nur antun? Der altbekannte Zorn wühlte sich durch ihre Qual und setzte ihren Körper in Flammen. Sie hatte genug Opfer gebracht. Genug bezahlt, genug gelitten.
    Es war vorbei. Sie konnte und wollte es nicht länger akzeptieren, und wenn sie ihre Seele deswegen verkaufte.
    Und plötzlich kam ihr eine Erkenntnis. Mein Gott, warum hatte sie nicht eher daran gedacht? Oh, sie war so dumm. So dumm!
    „Zum Friedhof! Schnell! Bringt uns zum Friedhof.“
    „Bitte was?“ Alexanders Gesicht schien wie ein blasser, durchscheinender Luftballon in der Dämmerung des Zimmers zu schweben. „Du willst zum Friedhof? Was für ein Friedhof? Hier gibt es keinen Friedhof.“
    „Die Steine in der Bucht, die wir bei unserem zweiten Spaziergang gefunden haben. Nimm Kjell und bring ihn raus. Mach schon!“
    Ihr Körper bestand nur noch aus Schmerz, als sie ihn aus dem Bett hinauszwang. Es war, als liefe sie wie die Meerjungfrau in der Legende auf scharfen Messerklingen, die ihr bei jedem Schritt ins Fleisch schnitten. Farbige Schlieren lagen über ihren Augen, Schwindel drohte sie in die Knie zu zwingen. In ihrem Hinterkopf tobte und hämmerte der Tumor. So schlimm war es nie gewesen. Nicht einmal während der Tage, die sie in der Klinik verbracht hatte, das Testament bereits neben sich auf dem Tisch. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit.
    „Schnell! Beeilt euch!“
    „Meine Güte, Fae!“ Ukulele griff nach ihr. „Was zum Teufel soll das? Du kannst ihn doch nicht …“
    „Frag nicht“, blaffte Alexander. „Hilf ihr einfach.“
    Ehe sie wusste, wie ihr geschah, hob sie der Hawaiianer auf seine Arme und trug sie zur Haustür. „Lass mich runter. Ich kann selbst laufen.“
    „Ach ja? Glaubst du wirklich?“ Ukulele schwenkte nach rechts und blieb stehen. Vor sich sah Fae den Garderobenspiegel – und stieß einen Laut des Schreckens aus. Eine Fremde blickte ihr daraus entgegen. War das wirklich sie selbst? Hager, kreideweiß und zitternd? Die Haare hingen ihr dünn und kraftlos wie Spinnweben über die Schultern, ihre Hände waren die eines Skeletts. Es war, als zehre sie die Krankheit innerhalb weniger Minuten auf. Forderte der kleine Aufschub, den Kjell ihr geschenkt hatte, jetzt einen dutzendfach höheren Tribut zurück?
    Mein Gott, sie sah aus, als wäre sie schon tot.
    „Zum Friedhof! Bitte! Macht schnell!“
    „Es ist eiskalt da draußen“, protestierte Ukulele, öffnete aber gehorsam mit dem Ellbogen die Tür. „Ich verstehe nicht, was du da willst.“
    „Ich weiß vielleicht, wie ich unser Leben retten kann.“
    „Auf einem alten Keltenfriedhof?“
    „Lauf schon. Ich erkläre es dir später.“
    Wenn ich dann nicht tot bin.
    Fae klammerte sich an den weichen, warmen Körper des Hawaiianers. Sie vergrub ihr Gesicht an seinem Hals und versuchte die Schmerzen zu ignorieren, die immer brutaler in ihrem Kopf wüteten und in sämtliche Glieder ausstrahlten. Kälte und Hitze, zuvor verschwunden, wechselten sich plötzlich im schnellen Rhythmus ab. Fae konnte nichts gegen das Zittern

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