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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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Doppel-15er auf den Rücken. Diese Riesendinger wiegen knapp vierzig Kilogramm für jeden. Gott sei Dank nur über Wasser, unter Wasser sind die praktisch schwerelos. Wir brauchen so große Flaschen, damit wir auf jeden Fall genug Luft dabei haben, falls da unten irgendwas nicht nach Plan läuft. Rein rechnerisch würde eine einzelne 15-er sogar ganz knapp reichen, aber Russisches Roulette ist einfach nicht mein Ding.“
    Er atmete kurz durch.
    „Also, kommen wir so langsam zum Ende unseres Vortrags. Unser Wrack ist erschlossen, was bedeutet, es war schon mal jemand da und hat ein Ankerseil und eine Markierungsboje angebracht. Das ist dieses unscheinbare, weiße Ding, an dem auch unser Schlauchboot festgemacht hat. Außerdem gibt es eine genaue Beschreibung dieses Wracks, an der wir uns ebenfalls orientieren. Erschlossen klingt jetzt erst mal langweilig, ist es aber nicht. Dank des kalten Wassers und der abgelegenen Gegend wird dieses Wrack selten betaucht, was es besonders attraktiv für uns Filmleute macht. Einen Deckplan unseres versunkenen Schiffes haben wir hier, eingeschweißt in Folie.“ Henry wedelte mit dem Blatt in der Luft herum, Alexander verdrehte die Augen. „Mach hin, Mann! Ich will runter!“
    Eine zweite Halsabschneider-Geste brachte dasselbe Ergebnis wie zuvor: Gar keines. Henry warf ihm eine Kusshand zu und fuhr fort: „Wusstet ihr, liebe Zuschauer, dass Zahnärzte mächtig neidisch auf Seesterne und Miesmuscheln sind?“
    „Seesterne und Miesmuscheln?“, fauchte Alexander. „Geht’s noch? Mach endlich Schluss, ich will heute noch fertig werden.“
    „Aber was haben Zahnärzte, Seesterne und Miesmuscheln gemeinsam?“, fuhr Henry fort. „Beide brauchen guten Klebstoff. Und der Seestern arbeitet sogar mit einem Wechselspiel an verschiedenen, natürlichen Klebesubstanzen. Um zu haften, produziert er ein extrem stark und schnell klebendes Gel. Will er weiterkriechen, hebt er die Klebewirkung blitzschnell durch ein biologisches Lösungsmittel auf, das er ebenfalls selbst produziert. Die Geheimwaffe der Miesmuschel wiederum trotzt selbst schwersten Stürmen. Sie verbindet sich selbst mit einem Felsen, vereint also höchst erfolgreich organisches mit anorganischem Material. Zahnärzte können davon nur träumen. Selbst unsere moderne Wissenschaft ist noch nicht an den fantastischen Klebstoff aus der Natur herangekommen. Aber genug der Schwafeleien. Bevor ihr vor dem Fernseher einschlaft und mein ungeduldiger Freund mich kielholt, geht es abwärts. Wir sehen uns unten. Au revoir.“
    Henry schnappte sich die Kamera, setzte das Mundstück ein, kippte nach hinten und verschwand im tintenblauen Meer.
    „Nicht zu fassen“, brummte Alexander. „Was sollte das?“
    „Auftrag vom Produzenten.“ Ukulele zuckte mit den Schultern. „Er verlangt mehr Infos. Hintergrundwissen und dieses Zeug. Auch wenn es am Ende wahrscheinlich der Schere zum Opfer fallen wird.“
    „Ich dachte, es geht ihm um gute Aufnahmen und dämliche Witze.“
    „Die Zuschauer werden eben anspruchsvoller. Demnächst drücken sie uns noch eine pralle Blondine aufs Ohr, die alle fünf Sekunden ihre Möpse in die Kamera halten darf.“
    Alexander grunzte, setzte das Mundstück ein und ließ sich rücklings ins Wasser kippen. Jede noch so kleine Stelle ungeschützter Haut brannte vor Kälte und wurde nach wenigen Atemzügen taub. Er gab Ukulele das Okay-Zeichen, was der Hawaiianer erwiderte, zeigte den Daumen nach unten und tauchte ab. Endlich.
    Alexander ließ die Luft aus seinem Jacket und sank in die Tiefe. Augenblicklich umfing ihn eine andere Welt. Sie brachte seliges Vergessen mit sich. Wenigstens hier unten konnte er abschalten. Kleiner und kleiner wurde der Schatten des Bootes. In etwa zweihundertfünfzig Metern Entfernung lag die Seastar vor Anker, bewacht von zwei Fischern, die einen Tag Nichtstun genossen.
    Alexander ließ sich am Abstiegsseil hinabgleiten, bis er in etwa fünfzehn Meter Tiefe auf Henry traf. Mistkerl. Tauchte einfach entgegen aller Absprachen und Regeln voraus und hielt auch noch frech die Kamera auf ihn drauf. Sobald sie wieder oben waren, würde er ihm das Fell über die Ohren ziehen. Henry war unzuverlässig, und mit einem unzuverlässigen Mistkerl ein Wrack zu betauchen, war lebensgefährlich. Zu dumm, dass Ukuleles Blutdruck ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Dieser elende Vielfraß. Ein paar Kilo weniger, und er würde nicht jeden zweiten Tauchgang ausfallen.
    Alexander fragte das

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