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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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füllte.
    Verschwinde!, schrie sein erster Instinkt. Kümmere dich nicht um sie.
    Aber immer wieder zuckte dieser Name durch seine Wahrnehmung: Fae! Fae!
    Kostbare Zeit verstrich, bis er endlich wusste, wo er suchen musste. Rechts von ihm, ein ganzes Stück entfernt. Die Todesangst hatte Alexander und Henry inzwischen den Verstand geraubt.
    Nein, nein! Ich will hier raus!
    Raus, raus, raus!
    Er hörte es poltern und dröhnen, während sie verzweifelt versuchten, einen Weg hinaus zu finden und doch nur immer tiefer in das Labyrinth der Gänge gerieten. Ihre Augen konnten in der Schwärze nichts erkennen, sie wussten nicht, wie man sich mit Hilfe von Tönen orientierte. In Flaschen eingefangene Luft zischte, Blasen sprudelten gegen die rostige Metalldecke.
    Fae, Fae!, schrien die Gedanken immer lauter, und ehe er wusste, wie ihm geschah, huschte er bereits durch das dunkle Wasser.
~ Alexander ~
    Wenigstens hatte dieses Mistding ihn freigegeben, was immer es auch war. Alexander zog sich an der Leine vorwärts, stieß mit der Schulter gegen eine Wand, tastete über das Geländer der Treppe und schwamm ein Stockwerk höher. Schlamm, überall Schlamm. Sein Taucheranzug lief voll, er blies ihn wieder aus und kämpfte mit seiner Tarierung. Merkwürdige Klicklaute drangen an sein Ohr, als würden draußen Delfine herumschwimmen.
    Vielleicht ist das das Letzte, was ich höre. Meinen Atem und die Delfine.
    Eisige Kälte kroch an seinem verkrampften Bein empor, das bei jedem Flossenschlag schier unerträgliche Schmerzen durch sein Rückgrat jagte.
    Und dann spürte er, wie die Leine nachgab.
    Lieber Gott, nein!
    Er zog, zog weiter, zog und zog … bis er den Karabiner in der Hand hielt.
    Du hast es nicht richtig geprüft, höhnte eine Stimme in seinem Kopf. Der Karabiner ist nicht richtig eingeschnappt, sondern hat sich nur um die Leine gewickelt. Du findest hier nie raus. Und wenn doch, reicht die Luft nicht mehr für einen geregelten Aufstieg. Such es dir aus: Hier unten in der Kälte ersticken oder an der Oberfläche von Millionen kleiner Gasbläschen innerlich zerrissen werden.
    Zu Ende. Alles aus.
    Nein! Alexander schloss die Augen. Konzentrier dich! Du musst hier rauskommen, egal wie! Du musst!
    Die Klicklaute wurden lauter und zerrten zusätzlich an seinen hauchdünnen Nerven. Er würde nicht aufgeben. Sie würden es schaffen. Für Fae. Sie wartete auf ihre Rückkehr. Sie hatte niemanden mehr, nur noch ihn, Henry und Ukulele. Sie würden Fae nicht im Stich lassen.
    Alexander schwamm weiter. Da vorne, war das der Ausgang?
    Er glaubte im wirbelnden Schlick ein dunkles Loch zu erkennen. Ja, die Luke.
    Oder … verdammt, nein, das war nur der Lüftungsschacht. Zu eng, um da samt Ausrüstung hindurch zu kommen.
    Oben auf dem Schiff hatte er die Karte studiert. Henry hatte sie zwar mitgenommen, aber was nützte einem die Karte, wenn man die Hand vor Augen nicht sah?
    Erinnere dich! Mach schon! Links war der Technikraum, voll mit verrosteten Rohren, scharfen Blechen, umgestürzten Regalen. Wenn wir da hineingeraten, ist alles aus.
    Verdammt, er hätte die Karte länger studieren müssen. Er hätte die Luken und Türen mitzählen müssen. Alexander schwamm planlos ins Dunkel hinein. Sein Herz raste, klopfte wie verrückt.
    Ich will hier raus! Raus, raus, raus!
    War er jetzt in der dritten oder vierten Kabine? Links oder rechts, links oder rechts? Die fauchenden und dröhnend blubbernden Atemgeräusche folterten seine Ohren.
    Atme ruhig!
    Du riskierst einen Vereiser. – Na, wenn schon! Raus! Raus!
    Er schwamm frontal gegen eine Wand. Drehte sich, tastete weiter. Immer noch keine Sicht. Vor dem Glas seiner Maske wogte zähes, undurchdringliches Schwarz und Grau. Seine hektischen Bewegungen machten es nicht besser, aber er konnte nicht mehr ruhig bleiben. Alexander spürte, wie sein Atemregler immer mehr Luft lieferte. Dann ein donnernder Blasenstrom, der durch das Auslassventil entwich. Seine Schneidezähne gefroren. Irgendwo in der gottverdammten ersten Stufe hatten sich Eiskristalle gebildet. Der Regler funktionierte nicht mehr.
    Ich sterbe! Oh Gott, ich sterbe! Fae, es tut mir so leid!
    Er griff hinter sich und war erstaunt, auf Anhieb das Ventil zu erwischen. Für ein paar Sekunden gelang es ihm, die Panik zu vergessen. Er konnte etwas tun: Den defekten Regler abdrehen und auf den Ersatzatemregler wechseln, der einwandfrei funktionierte. Er spuckte das faulig schmeckende Salzwasser in den Regler und drückte die Luftdusche, um

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