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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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die letzten Reste der gammeligen Brühe nach draußen zu befördern. Erleichterung machte sich breit. Zusammen mit bleierner Erschöpfung.
    Er angelte nach seinem Finimeter und leuchtete darauf: 61 bar.
    Ein Klopfen mit der Lampe gegen das Ding: Der Zeiger zuckte auf 58 bar. Lächerliche 8 bar über der Kante des roten Feldes. Weit weniger, als sie bei der Rückkehr auf das Boot noch dabei haben sollten. Zaghaft drückte er den Inflator, um das beißend kalte Wasser aus seinem Schritt zu verdrängen. Wieder stiegen Blasen von seinem Knie auf.
    Bleib ruhig und schau zu, dass du hier endlich raus kommst!
    Überall Wände. Die Kälte wurde unerträglich. Immer mehr Muskeln verkrampften sich. Seine Bewegungen wurden mühsamer. Er biss so fest auf das Mundstück, dass eine Beißwarze nachgab. Der Regler verschob sich im Mund, die Kiefermuskeln verkrampften.
    Raus! Bitte raus! Oh Gott, hilf mir. Fae! Es tut mir leid, Fae!
    Plötzlich spürte er etwas. Eine streifende Berührung, dann einen Sog und einen Ruck. War er wieder irgendwo angestoßen? War Henry bei ihm? Nein, es fühlte sich an wie … Moment mal!
    Irgendetwas packte ihn an den Flaschen und zog ihn so schnell nach vorne, dass er kaum wusste, wie ihm geschah. Er streckte den Arm mit der Lampe aus, um das Gleichgewicht zu halten, spürte aber sofort, wie etwas nach seinem Unterarm griff und ihn mit sanfter Gewalt unter seinen Körper bog. Er wurde nach links gezerrt, dann nach vorne und nach oben. Das graue Nichts löste sich auf, aber er sah nichts außer verrostete Wände und wogende Algenbärte. Wer immer ihn gepackt hatte, hielt ihn so, dass er ihn nicht sehen konnte. Hinter sich spürte er die rhythmischen Bewegungen eines Körpers. Henry? Nein, wohl kaum. Links, rechts, zweimal links. Dann wieder nach oben, ein Stoß - und vor ihm leuchtete das türkisgrüne, offene Meer. Er war draußen. Er lebte.
    Wie zum Teufel …?
    Alexander fuhr herum. Er schwebte in etwa fünf Meter Entfernung zum Wrack, aus dessen Öffnungen am Bug Sedimentwolken quollen. Niemand war zu sehen.
    Ich lebe. Mein Gott, ich lebe!
    Er ließ seinen Blick über die Aufbauten gleiten, die ihn aus toten Augen anglotzten, als bedauerte das Wrack, dass er seinem Schlund entkommen war. Jeder Flossenschlag schmerzte unerträglich, bis er endlich das Ankerseil in Händen hielt. Die rettende Nabelschnur, die ihn ins Leben zurückbringen würde. Er zog sich ein paar Meter nach oben.
    Dann stoppte er und ließ Luft in seinen Anzug, hielt sich mit einer Hand fest und angelte nach seinem Finimeter: 51 bar. Wenn er jetzt keinen Mist mehr baute, würde es reichen. Ein Blick auf den Tauchcomputer bestätigte es: Nur fünf Minuten Dekostopp auf fünfzehn Metern, dazu noch die drei Minuten Safety auf fünf Metern. Das sollte hinhauen.
    Ein paar Minuten länger, und es wäre zu spät gewesen. Wer hatte ihn rausgezogen? Und wo war Henry? Zumindest die letzte Frage wurde postwendend beantwortet. Irgendetwas beförderte seinen Freund mit Schwung aus dem Wrack, und alles, was Alexander erkennen konnte, war das helle Aufschimmern einer Hand.
    Hatte er wirklich eine Hand gesehen?
    Die Kamera noch immer fest im Griff, trudelte Henry auf ihn zu. In den weit aufgerissenen Augen seines Freundes lag das, was auch ihn noch gepackt hielt. Lähmende, unwirkliche Todesangst, die nur langsam von Erleichterung vertrieben wurde.
    Kein dritter Taucher war zu sehen, kein Tier. Aber ein Tier konnte es nicht gewesen sein. Er hatte den Griff einer Hand gespürt und selbige auch gesehen, es sei denn, er litt unter den Symptomen des Tiefenrausches.
    Nein, kein Tiefenrausch. Es war klar und deutlich eine menschliche Hand gewesen, und zwar ohne jeden Kälteschutz! Alexander deutete auf Henrys Kamera: Hast du was aufgezeichnet?
    Sein Freund antwortete mit einem Schulterzucken: Keine Ahnung.
    Hektisch wies er mit dem Daumen nach oben: Egal. Wir müssen hoch. Schnell.
    Es währte eine Ewigkeit, bis sie das Beiboot erreichten. Die nötigen Zwischenstopps zum Druckausgleich einzuhalten, erforderte ein Höchstmaß an Disziplin. Sein tiefgekühlter Unterleib schmerzte höllisch. Er wollte endlich Luft atmen, die er nicht aus Flaschen saugen musste. Er wollte etwas Festes unter seinen Füßen, sich seiner Rettung sicher sein und endlich wieder Wärme spüren.
    Als der kraftvolle Griff des Hawaiianers sie ins Boot zog, spuckte Alexander das Mundstück aus und verfiel in einen gutturalen Schrei der Freude.
    Endlich! Endlich!
    Wir leben!
    Der

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