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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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Schrei ging in ein Lachen über, das zu hemmungslosem Geschluchze wurde. Japsend lag er da, sah einen Sabberfaden an seinem Mundwinkel hängen und krümmte sich wie ein Wurm, während Henry röchelnd neben ihm lag. Die Schmerzen in seinen unterkühlten und verkrampften Beinen machten ein Aufrichten unmöglich.
    „Was zum Geier“, hustete er irgendwann hervor, „war da unten los?“
    Henry warf die Maske beiseite. Sein Brustkorb pumpte hektisch auf und ab. „Ich habe nicht den blassesten Schimmer. Irgend etwas … irgendwer packte mich und brachte mich raus. Das war ein regelrechter Rausschmiss.“
    „Hast du was gesehen?“
    „Nein.“ Henry warf den Kopf zurück und lachte. „Aber ich habe immer noch mein Baby. Vielleicht erkennen wir was auf den Aufnahmen. Ich habe die ganze Sache gefilmt, Mann. Von Anfang bis Ende. Das wird der Hammer. Die Einschaltquoten werden alle Rekorde brechen. Da wette ich drauf.“
    Alexander lachte noch ein paar Sekunden lang, bis die unterschwellig brodelnde Wut endgültig die Oberhand gewann. Schlagartig war es vorbei mit seiner Euphorie. Er verpasste Henry einen ruppigen Schlag auf den Hinterkopf und brüllte seinen Zorn hinaus: „Was war los mit dir da unten? Warst du von allen guten Geistern verlassen? Was sollte das?“
    Henry glotzte ihn an. „Weißt du, ich … keine Ahnung. Ich hing fest, und dann … muss ein Krampf gewesen sein. Mein Bein fühlte sich an, als würde es versteinern. Tut mir leid. Wirklich. Keine Ahnung, was in mich gefahren ist. Ich dachte … ich dachte wirklich, das war’s. Finito. Ende und aus. Schicht im Schacht.“
    „Drama?“, brachte sich Ukulele in Erinnerung. „Klärt ihr mich bitte mal auf? Was ist da unten passiert?“
    „Ein riesengroßer Mist ist passiert. Dank diesem Vollidioten hier. Wir erklären es dir auf dem Schiff.“
    Alexander starrte in den blauen Himmel hinauf. Mein Gott, er war so blau. War er vorher auch so blau gewesen? Warum war es ihm nicht aufgefallen? „Jesus, ich kann nicht glauben, dass wir da rausgekommen sind. Das war das perfekte Drehbuch eines tödlichen Tauchunfalls.“
    „Tut mir leid, Kumpel. Kommt nicht wieder vor.“ Henry packte Alexanders Arm und hievte ihn in eine sitzende Position. Gemeinsam zitterten, sabberten und schlotterten sie um die Wette. Seine Muskeln fühlten sich noch immer an, als zerrissen sie Faser für Faser, aber langsam wurde es erträglich. Immerhin, er konnte wieder sitzen. Wenn auch nur mit Henrys Hilfe.
    „Kommt nicht wieder vor?“, blaffte Alexander.
    „Sehr witzig. Du hast uns fast umgebracht. Kommt nicht wieder vor. Ich glaube es nicht. Weißt du was? Ich reiße dir den Hintern bis zum Atlasknochen auf, sobald ich mich wieder vernünftig bewegen kann. Darauf kannst du einen lassen.“
    „Hey!“ Henry hob abwehrend beide Arme. „Wir haben überlebt! Also komm mal wieder runter.“
    „Ja, wir haben überlebt. Und das ist ein gottverdammtes Wunder.“
    „Vielleicht hattet ihr einen Schutzengel da unten.“ Ukulele schüttelte tadelnd den Kopf. „Das Meer ist ein kaum erforschtes Reich. Wer weiß, wen oder was ihr da unten aufgeschreckt habt. Aber eins sage ich euch: Sobald wir auf dem Schiff sind, erzählt ihr mir alles. Jedes Detail! Verstanden?“
    Alexander nickte, sackte zur Seite und atmete. Sog die herrliche, warme Luft tief in seine Lungen und machte sich bewusst, dass er lebte. Wellen spielten mit dem Sonnenlicht, alles war still. So still, als hielte die See verstohlen den Atem an, um ihr Geheimnis für sich zu behalten. Er lebte. Allein das war ein Wunder, das ihn für den Rest seines Daseins begleiten würde.
~ Fae ~
    Hektisch schlangen die drei ihr Abendessen hinunter. Geschmacklose Bratwurst mit gummiartigen Pommes, ergattert an irgendeinem Imbisswagen. Es dauerte keine fünf Minuten, bis Alexander, Henry und Ukulele wieder aufstanden und in den Technikraum hetzten, als ginge es um Kopf und Kragen. Ohne Erklärung. Nur mit einem Zwinkern und einem Lächeln als Antwort auf ihr empörtes „Was ist los mit euch?“
    Allein blieb Fae am Tisch zurück und starrte auf den Müllberg aus benutzten Papptellern und Plastikbesteck. Na wunderbar, und was jetzt? Die Jungs waren leidenschaftliche Naturfilmer, klar. Vermutlich hatten sie haufenweise faszinierende Aufnahmen im Kasten und ruhten nicht eher, bis sie den Lohn ihrer Mühen würdevoll verarbeitet hatten. Trotzdem, etwas stimmte hier nicht. Seit sie krank war, benahm sich Alexander wie eine überbesorgte Glucke

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