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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Tagos so reden hört, können sie ja praktisch alles.« Cunomar hatte sich vorgebeugt und schnitt gerade eine Haarsträhne vom Kopf des Mannes. Verbrannte man diese über den nächtlichen Feuern, und sänge Airmid die richtigen Worte dazu, so würde ihn dies auch in den Ländern jenseits des Lebens für immer als Verräter brandmarken. »Das kann zwar unmöglich wahr sein, aber ich glaube, um die Bodicea in ihre Gewalt zu bekommen, würden sie sich einen Weg durch den Schnee graben, zur Not sogar von der Ozeanküste bis in die entlegensten Winkel der Welt. Und selbst bei diesem Wetter kann es nicht mehr als ein viertägiger Marsch sein von Camulodunum bis zu uns. Wenn sie also tatsächlich auf dem Weg hierher wären, dann hätten wir sie mittlerweile gesehen.«
    »Vielleicht.«
    Wie weißer Nebel schien sich das Schweigen über sie zu legen. Stone winselte und grub ziellos in der Schneewehe. Er spürte den Schmerz der Gefahr und wusste doch nicht, was der Anlass dazu war. Der Wind wehte aus Westen und stäubte eine zarte Schicht Schnee über den toten Verräter.
    »Wenn sie tatsächlich kommen«, meinte Breaca, »gibt es nichts mehr, was wir noch dagegen ausrichten könnten. Dann können wir sie einfach nur empfangen und hoffen, dass wir eines schnellen Todes sterben dürfen. Wenn sie aber nicht kommen, haben wir jetzt die Zeit, um herauszufinden, ob dieser Mann womöglich Anhänger hatte, die sich ebenfalls seiner Sache verschworen hatten - und ob wir die vielleicht noch an ihrem Vorhaben hindern können.«
    Der feine Schnee hatte die Leiche fast schon wieder bedeckt. Mit tauben Fingern ließ Breaca die Armspange vom Ellenbogen des Toten schnappen, dann hakte sie ihm auch noch das zerbrochene Messer von seinem Gürtel ab. »Ich werde das Messer wieder zusammenschmieden. Es ist an der Zeit, dass ich wieder meine Schmiede öffne. Seine Familie kann die Armspange haben. Und falls sie bereits erwogen haben sollten, seinem Vorbild zu folgen, wird sie das ja vielleicht veranlassen, sich ihr Vorhaben noch einmal gründlich zu überlegen.«
    »Und Tagos?« Cunomar musterte sie mit einem zaghaften Lächeln. Die beißende Kälte schnitt ihm zehn zusätzliche Jahre in die Gesichtszüge. »Er hatte befohlen, den Mann töten zu lassen, ohne uns etwas davon zu sagen.«
    »Ich weiß.« Dieser Gedanke gärte bereits seit dem Augenblick in Breaca, als sie begriffen hatte, was Stone da eigentlich entdeckt hatte. Sie erhob sich und erwiderte: »Auch Tagos werde ich Anlass dazu geben, über sein Verhalten gründlich nachzudenken.«
     
    »Ich weiß nicht, ob er bis nach Camulodunum durchgekommen ist. Gaius und Titus meinen, dass er es nicht geschafft hätte, aber es war dunkel und es schneite, und sie hatten sich nicht die Zeit genommen, ihn ausführlich zu befragen.«
    »Und du hattest beschlossen, mir nichts davon zu erzählen.« Kalter Zorn hatte von Breaca Besitz ergriffen, und jedes einzelne Wort war eine weithin hallende Anschuldigung. Sie stand in der Tür zu Tagos’ innerer Kammer und strengte sich an, in dem schwachen Licht so viel wie möglich zu erkennen. Nach dem beißenden Schneetreiben schien ihr die von den Lampen nur unzureichend durchbrochene Dunkelheit noch düsterer, als sie zu ertragen vermochte.
    Tagos war vor ihr zurückgewichen und hatte sich in die dunkelste Ecke des Raumes verkrochen. Während des gesamten Winters hatte er noch kein einziges Mal das wahre Ausmaß ihres Zorns erfahren, geschweige denn gelernt, ihn zu fürchten.
    »Was hättest du denn getan? Wärst du zurückgegangen, um eure Schwerter zu holen, und hättest dann zu einem Sturmangriff auf Camulodunum angesetzt mit nichts weiter als drei Kriegern, einem Sänger und einem Jungen, der noch immer nicht begriffen hat, dass Mut nichts mit lauten Worten und unkontrollierten Handlungen zu tun hat? Ich dachte, es wäre das Beste, wenn ich dir nichts davon erzähle. Es war doch nicht nötig, dass wir beide fortan in Angst lebten.« Tagos versuchte, sich in gerechte Empörung zu flüchten, was nicht neu war. Deutlich zeichneten sich dunkle Ränder unter seinen Augen ab, Schatten einer noch viel tiefer sitzenden Angst.
    Breaca drückte ihre Handfläche gegen den Türpfosten, drückte so hart, bis ihr Fleisch weiß wurde. Doch der Pfosten war fest verankert und würde nicht nachgeben, und gerade dieser Widerstand verschaffte Breaca eine gewisse Erleichterung, so dass sie ihre Gedanken auf jene Dinge richten konnte, die wirklich von Bedeutung waren.
    »Du

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