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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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Hand ab und baute sich wütend vor der
Frau auf.
    »Wannst weiter so an Schmarrn daherredst, dann zeig i
dir, was recht is«, sagte sie und starrte der Frau in die Augen.
    »Jetzt bedroht sie auch noch die Leut auf der
Straße!«, krähte die Frau triumphierend.
    Johanna griff in ihre Einkaufstasche, zog den kurzen
schwarzen Schirm hervor, der immer darin steckte, und versetzte der Frau einen
präzisen, heftigen Schlag aufs Ohr.
    Die Frau schrie auf, wohl mehr vor Schreck als vor
Schmerz. Sie krümmte sich mit angsterfüllten Augen. »Hilfe!«, quiekte sie, aber
ihr gaffendes Publikum gaffte nur weiter.
    Wieder fühlte Johanna sich von Bredemaier am Arm gepackt,
diesmal mit einem Griff, den sie wohl nicht einfach würde abstreifen können.
    »Über mi kannst redn, was d’ willst, aber wannst noch
amoi schlecht über mein Buam redst, kannst froh sein, wann i di ned derschlag«,
sagte sie laut, dann zog Bredemaier sie fort.
    Hinter ihnen gab es ein heftiges Geraune, und sie
hatte Mühe, mit Bredemaier Schritt zu halten, der sie eilig aus dem Gewühl zog,
bis sie außer Sicht waren. Sie merkte, dass er sich umdrehte, und folgte seinem
Blick. Tatsächlich kam ein dünner, unfreundlich blickender Mann von Ende
fünfzig hinter ihnen her, der einen Trachtenhut mit Gamsbart trug. Bredemaier
bog wieder ab und hielt ein Taxi an, indem er sich einfach auf die Straße
stellte. Der Fahrer schimpfte heftig, er sei bestellt und könne niemanden
mitnehmen, aber Bredemaier hielt ihm seine Polizeimarke unter die Nase, und sie
stiegen ein.
    Bredemaier ließ den Fahrer gar nicht erst weiter zu
Wort kommen, diktierte ihm Johannas Adresse und erklärte die Situation zu einem
polizeilichen Notstand.
    Johanna drehte sich um. Der Dürre mit dem Hut stand am
Straßenrand und starrte ihnen hinterher.
    »Was hat die oide Fotzn von mir gwollt? Und was hats
über an Seve gsagt?«
    Bredemaier bedeutete ihr mit einer Geste zu schweigen,
solange sie im Taxi saßen. Die Fahrt dauerte kaum zwei Minuten. Bredemaier gab
reichlich Trinkgeld, was den Fahrer etwas versöhnte, dann gingen sie ins Haus.
    »Ich hätte Ihnen das gern schonender beigebracht«,
sagte Bredemaier, als sie am Küchentisch saßen. Sie hatten nicht einmal
abgelegt, er hatte noch den Kamelhaarmantel an und sie ihre Windjacke.
    Er zog eine Zeitung aus der Manteltasche und legte sie
vor ihr auf den Tisch. Johanna faltete sie auseinander und traute ihren Augen
nicht.
    TODESEXPLOSION
    MORDANSCHLAG
AUF SATANISTENBAND
    Darunter ein Foto vom Ort des Geschehens.
    Und ein Foto von ihr.
    »Johanna K.: Der Enkel der Seherin spielt in der
Satanistenband«, stand darunter.
    Das Foto stammte noch aus der Zeit des Prozesses,
damals war es häufig abgedruckt gewesen. Sie hatten es aus dem Archiv geholt.
Johanna merkte, dass sie zitterte.
    »Dürfn de des?«
    Bredemaier zuckte betreten die Achseln.
    »Des is ja noch viel hinterfotziger und hundsgmeiner
als damals …«
    »Vielleicht … sollten Sie … sollten wir einen Schnaps
trinken«, sagte Bredemaier mit einem schiefen Lächeln.
    »I hab nix do.« Sie bedauerte das tatsächlich. Dabei
trank sie nie Schnaps.
    »Ich könnte was anbieten.« Bredemaier griff in die
Manteltasche und stellte einen ziemlich großen lederbezogenen Flachmann auf den
Tisch. »Ich hoffe, Sie mögen Scotch.«
    »Des is mir wurscht.« Sie stand müde auf. Im Schrank
musste sie eine Weile nach den Stamperln suchen.
    Als sie anstießen, bemerkte sie Mitleid in Bredemaiers
Blick.
    Mitleid von einem Trinker, dachte sie, so weit kommt’s
noch. Entschlossen kippte sie den Schnaps hinunter und musste sich dann heftig
schütteln. Am liebsten wäre sie zum Klo gerannt und hätte ihn wieder
ausgespien, aber die Blöße würde sie sich nicht geben.
    Bredemaier schenkte sich einen zweiten ein und steckte
den Flachmann dann weg.
    »Ich glaube«, sagte er dann, »es wäre gut, wenn Sie
für eine gewisse Zeit verreisten.«
    »Verreisn? I? I bin noch nie ned verreist.«
    »Dann wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, damit
anzufangen.«
    »Schmarrn! De Kinder müssn in de Schul. I kann ned
einfach furt.«
    Bredemaier kratzte sich am Kinn. »Wahrscheinlich wäre
es auch für die Kinder besser …« Er nippte an seinem zweiten Whisky und sah auf
die Zeitung. Ihr Blick folgte dem seinen.
    »Der Enkel der Seherin spielt in der Satanistenband«,
stand da.
    »Ja, stimmt denn des? Tun de wirklich so was, de Buam?
I moan, de Musi is fei greislich gnug … Aber Satanisten, des san doch de, de an
Teifi

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