Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)
Gläsern zu erkennen. Er wollte Serena vernichten, so viel war klar.
Und darum tat Julian nun etwas, was er seit Jahrhunderten nicht mehr getan hatte. Er begann zu beten – und diesmal nicht zum Teufel. Er betete nicht darum, das Hotel zu besitzen – was mit Corbins Sündenpfuhl geschah, war ihm egal. Er betete auch nicht um sein Seelenheil – da gab es nichts mehr zu retten, das wusste er.
Nein, er betete für Serena. Er betete so inbrünstig, wie er für seine sterbende Mutter und seine kleine Schwester gebetet hatte, als er vor langer, langer Zeit auf dem harten Holzfußboden im Haus seiner Tante gekniet hatte. Auch damals hatte er einen Handel mit Gott getroffen. Diesmal flehte er: Herr, wenn du mir hilfst, Serena zu retten, schwöre ich, werde ich sie gehen lassen.
Corbin nahm das Stück Papier in die Hand, auf dem Serenas Name stand.
Völlig unerwartet räusperte sich Simon und sagte den alles entscheidenden Satz: „Julian hat recht. Corbin hat betrogen. Die Karten sind gezinkt.“
Das Gesicht des Erzdämons verzog sich zu einer Grimasse, als er sich vor dem Türhüter aufbaute. „Was fällt dir ein, mich des Betrugs zu beschuldigen? Du wirst bestraft werden!“
„Wir haben die Karten manipuliert“, platzte es aus Simon heraus, wobei er zurückwich. „Der Royal Flush war kein Zufall. Er hat eine Tinte benutzt, die man nur mit seiner Sonnenbrille sehen kann.“
Julian studierte Simons Gesicht. Sagte er die Wahrheit? Oder war das Teil von Corbins schauriger Inszenierung?
Wem dieser beiden Dämonen sollte er glauben? Corbin oder Simon?
Intuitiv fand er Simon glaubwürdiger. Corbins Wangen färbten sich dunkelrot. Wer ihn erzürnte, setzte alles aufs Spiel. Doch er musste es riskieren – dieses Risiko war seine einzige Chance, das wusste Julian.
„Ich glaube dir, Simon.“ Seine Stimme war ruhig, aber fest.
Corbin ließ ein bellendes Lachen hören. „Sein Wort gegen das meine. Keiner von euch spielt in der richtigen Liga.“
„Es gibt eine einfache Methode, um die Wahrheit herauszufinden. Gib mir die Brille, Corbin“, forderte Julian ihn auf.
„Leck mich doch, du minderwertiger Schwachkopf. Das ist Meuterei!“
Die anderen Türhüter waren bereit, einzugreifen. „Wem untersteht ihr?“, fauchte Corbin sie an. „Los, ergreift ihn!“
Doch sie bewegten sich nicht. Wie Simon schienen auch die anderen genug zu haben von Corbins schlechter Behandlung. Julian stand auf. „Kein Grund, handgreiflich zu werden. Gib mir einfach die Brille, und wir klären die Sache wie Gentlemen.“
Da hechtete der ältere Dämon über den Tisch auf Julian zu, und Geldbündel und Pokerchips flogen durch die Luft. Julian schlug sich nicht gerne, aber er konnte sich verteidigen. Corbin stürzte auf ihn zu, doch Julian konnte seitlich ausweichen. Corbin wirbelte herum und rammte Julian eine Faust in den Unterleib, sodass dieser sich vor Schmerzen krümmte. Jetzt gab es kein Halten mehr. Julian versetzte Corbin einen Schlag auf die Luftröhre, der den älteren Dämon in die Knie zwang.
Julian nahm ihm die Brille ab. Wenn er sich irrte, würde Corbin ihm niemals verzeihen. Dann verlor er nicht nur das Geld und die Zeit, die er ins Devil’s Ecstasy investiert hatte, sondern er geriet auch innerhalb der Hierarchie der Dämonen in Misskredit und würde in Schande fallen. Er würde den Respekt der Türhüter verlieren und seinen Rang als Erzdämon einbüßen.
Dann war Serena verloren und Corbin hilflos ausgeliefert.
Mit zitternden Händen setzte Julian die Brille auf. Aus dem Chaos auf dem Tisch fischte er ein paar Spielkarten. Auf den ersten Blick wirkten sie nicht gezinkt. Vielleicht hatte er sich doch geirrt? Sein Puls begann zu rasen, seine Hände schwitzten. Er drehte die Karten um, auf der Suche nach einem Zeichen.
Als er sie genauer unter die Lupe nahm, fiel ihm auf, was Simon meinte. In einer Ecke der Bildkarten war jeweils eine kleine Markierung, die offensichtlich nur mit dieser Brille zu sehen war. Julian riss sich die Brille vom Kopf und drückte sie dem Wächter, der ihm am nächsten stand, in die Hand. Auch er sollte die Karten überprüfen.
„Ich wusste, dass du betrügst“, schrie er Corbin an, der immer noch auf dem Fußboden lag.
„Du weißt nicht, was du gerade getan hast. Du hast den Krieg eröffnet. Den Krieg um diese Engelshure.“
„Ich sollte dich töten.“
„Das kannst du nicht. Wir dienen immer noch demselben Herrn. Ich bin immer noch der Zweite unter ihm. Töte mich, und du
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