Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)
Vordereingang führte, blieb sie schweigsam. Die Party erreichte gerade ihren Höhepunkt, es waren noch viel mehr als die zweihundert geladenen Gäste gekommen. Aus jedem Zimmer kamen Menschen. Musik und Lachen erfüllte das ganze Haus. Als Julian mit Serena durchs Foyer ging, entdeckte der Nakara ihn. Offensichtlich war die Kreatur es leid, noch länger als Eisstatue zu verharren. Der Dämon verließ das Podest, auf dem er stundenlang unbeweglich gestanden hatte, und flatterte mit ein paar schnellen Flügelschlägeln nach oben unter die Decke.
Chaos brach los. Die Gäste rannten zum Ausgang, schrien wild durcheinander und schubsten sich gegenseitig aus dem Weg. Jemand duckte sich, um den eisigen Klauen des Nakara zu entgehen. Die Kreatur stieß schrille Schreie aus, so als würden Fingernägel über eine Schiefertafel kratzen – nur um ein Vielfaches lauter. Julian schüttelte den Kopf über das fliegende Monstrum und gab ihm ein Zeichen, sofort auf seinen Platz zurückzukehren. Mit einem letzten Schrei gehorchte die Kreatur, flog zum Podest und stellte sich wieder in Positur.
Über die panische Menge hinweg rief Julian laut: „Kein Grund zur Sorge, Ladys und Gentlemen! Das war nur ein Zaubertrick – eine Illusion zu Ihrer Unterhaltung!“
Als alle sahen, dass die Kreatur auf ihren Platz zurückgekehrt war und wieder genauso starr dastand wie vorher, kehrte Ruhe ein. Langsam begannen die Leute zu klatschen. Sie versammelten sich um die Eisskulptur und spekulierten darüber, wie dieser Zaubertrick wohl funktionierte.
Serena sagte nichts. Sie starrte Julian nur wütend an, die Augen zu Schlitzen verengt, den Mund zusammengepresst.
„Deine Lippen sehen nicht so attraktiv aus wie sonst, wenn du sie so aufeinanderquetschst“, sagte er feixend.
„Bei dieser Aktion hätte sich jemand ernstlich verletzen können.“ Serena war so aufgebracht, dass sie ihr Schweigen brach.
„Wenn hier eine Gefährdung vorlag, haben die Menschen sie selbst verursacht und nicht der Nakara“, erwiderte er. „Die meisten von ihnen wären rücksichtslos über andere getrampelt, um sich selbst zu retten.“
Er bahnte sich mit ihr den Weg durch die immer noch staunende Menge und brachte sie zur Eingangstür. Draußen schob Julian seine Begleiterin auf den Beifahrersitz des vorgefahrenen Maserati. Wenn es nach ihm ging, konnte der verdammte Eisdämon ruhig das komplette Haus voller schreiender Leute verschlingen. Er legte die Hände auf das kühle schwarze Leder des Lenkrads, gab Gas und fuhr die Einfahrt hinunter.
Seit Jahren war er nicht mehr so zufrieden gewesen. Sollte sich sein Personal um die Folgen der Party kümmern. Er fuhr mit Serena nach Las Vegas.
6. KAPITEL
A m nächsten Morgen wachte Serena alleine auf. Dem Himmel sei Dank für dieses kleine Wunder. Wenigstens etwas.
Durch eine Lücke in den schweren Samtvorhängen drang ein schmaler Lichtstreifen herein. Ansonsten war es dunkel in dem feudalen Schlafzimmer. Ein Bett, wie für Könige gemacht, mit den weichsten Laken, die man sich vorstellen konnte. Über ihr spannte sich der hauchdünne weiße Stoff eines Himmels.
Sie versuchte sich zu erinnern, wo sie war und wie sie hierhergekommen war.
Und dann fiel ihr alles wieder ein. Die Party. Der Kuss in der Bibliothek. Die dreistündige Autofahrt nach Las Vegas mit Tempo zweihundert. Das Schweigen zwischen ihr und Julian. Wie sie sich vor Angst am Türgriff festklammerte, obwohl Julian den Wagen trotz der halsbrecherischen Geschwindigkeit sicher lenkte. Das turmhohe Hotel mit der verschnörkelten Aufschrift The Lussaria. Die weiträumige Lobby im Art-déco-Stil, die elegante Farbgestaltung in Gold und gedämpftem Blau.
Julian hatte sie in eine luxuriöse Suite geführt und sie für den Rest der Nacht alleine gelassen. Sie hatte erleichtert die Tür verriegelt, war in ihr Schlafzimmer gegangen und war dann sofort in diesem Traum von Bett in Tiefschlaf gefallen. So fest hatte sie noch nie geschlafen.
Und jetzt lag sie hier, in diesem himmlisch schönen Zimmer, und ihr wurde bewusst, in welche Situation sie sich manövriert hatte. Ich habe einen Pakt mit einem Dämon geschlossen.
Eine Tür öffnete sich.
Nicht die Tür, zu der sie hereingekommen war, sondern die Tür, die sie für einen Schrank gehalten hatte. Offensichtlich war es kein Schrank.
Und Julian hatte den Schlüssel.
Er stand im Türrahmen, in einen weißen Bademantel gehüllt, der seine Sonnenbräune besonders hervorhob. „Schönen guten Morgen,
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