Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)
ihrem Körper.
Es war so kalt und nass auf dem Boden. Sie erschauderte, ihre Glieder zitterten. Dann öffnete sie die Augen. Julian kauerte über sie gebeugt, die Hände auf ihrem Brustkorb, bereit für eine weitere Herz-Lungen-Massage. In seinen Augen las sie tiefe Besorgnis, ein Gefühl so echt, dass er beinahe menschlich wirkte. Wie seltsam für einen Dämon.
„Ich dachte, du wolltest mich umbringen“, sagte sie mit krächzender Stimme. Das Sprechen schmerzte, ihre Zähne klapperten.
„Nicht sprechen. Ruh dich aus.“ Er legte ihr eine Hand auf die Stirn und schloss für einen Moment die Augen. Dann flüsterte er etwas, das sie nicht genau verstand, aber es klang in ihren Ohren wie ein Dankgebet.
Dann hob Julian sie hoch und trug sie zum Hubschrauber. Dort legte er sie vorsichtig auf den Rücksitz und setzte ihr einen Kopfhörer auf. Sein Mund war eine dünne, weiße Linie. „Es tut mir leid, was passiert ist. Das ist alles meine Schuld. Ich hätte wissen müssen, dass Luciana etwas Derartiges planen würde. Aber auf eins kannst du dich verlassen: Ich werde dir niemals wehtun.“ Sie spürte, wie er ihr einen Kuss auf die Stirn drückte, bevor er die Tür schloss. Sie schloss die Augen und versuchte, die plötzliche Übelkeit zu unterdrücken.
Die Vibration des Hubschraubers verschlimmerte das Gefühl noch, und die zwei Stunden Flugzeit kamen ihr vor wie eine Ewigkeit. Jetzt setzte ihr ein brennender Schmerz in Lunge und Magen zu, der wellenartig auf- und abebbte. Wenigstens hörte sie irgendwann auf zu frieren. Sie fragte sich, wie lang sie das noch ertragen musste, wann es endlich vorbei war.
Und sie dachte daran, wie erfüllt ihr Leben gewesen war. Sie hatte ihren menschlichen Körper in einem sehr jungen Alter verloren, aber sie war immer noch jung. Bedauerlich war, dass sie manche Dinge als Mensch nie erlebt hatte. Die wahre Liebe zum Beispiel – damit hatte ihr Bruder recht gehabt. Und doch sollte das ihre geringste Sorge sein. Sie sollte sich vielmehr um ihren Schutzbefohlenen, um ihren Bruder und ihre Mitbewohnerin sorgen. Wenn sie noch einmal starb, was würde dann aus ihnen werden? Sie dachte an Nick inmitten all dieser Dämonen, so verwundbar und schwach.
Würde Julian seine Drohung wahr machen, wenn sie starb? Das wollte sie nicht glauben. In den vergangenen Tagen hatte sie festgestellt, dass da tatsächlich etwas in ihm war, etwas Gutes. Es war diese Eigenschaft, die ihn dazu bewegt hatte, ihr Leben zu retten. Er hätte sie auch auf dem Felsplateau sterben lassen können. Schließlich war er ein Dämon. Seine Hände, die die Instrumente des Hubschraubers bedienten, waren das Letzte, was sie sah, bevor sie ohnmächtig wurde.
Als sie das nächste Mal die Augen öffnete, legte Julian sie gerade auf die weichen, frischen Laken ihres Hotelbettes. Hier war es warm und trocken und sie hatte ein Dach über dem Kopf. Serena sprach ein stummes Dankgebet und gelobte, diese Dinge niemals mehr als selbstverständlich anzusehen. Sie kuschelte den Kopf in die Kissen. Ihre Lider flatterten.
„Wird sie sterben?“, hörte sie eine ihr unbekannte Stimme flüstern. Sie drehte den Kopf und sah einen sympathisch aussenden Schwarzen neben dem Bett stehen. Er blickte sie besorgt an. Dämon , erklang eine warnende Stimme in ihrem Kopf. Aber dieser Dämon war irgendwie anders. Er war, neben Julian, der einzige Dämon, der offensichtlich die Fähigkeit zum Mitgefühl besaß.
Vielleicht ist er deshalb hier. Julian vertraut ihm, dachte sie.
„Nein, Harry“, hörte sie Julian antworten. „Ich habe so etwas schon öfter erlebt. Sie ist jetzt außer Gefahr. Bitte bleiben Sie trotzdem bei ihr und rufen Sie mich, falls sich Anzeichen einer Verschlechterung einstellen.“
„Wie Sie wünschen, Sir.“
Julian streichelte ihr übers Haar. „Ich bin bald zurück. Ich habe noch etwas zu erledigen.“
Sie drehte den Kopf zur Seite und hasste sich dafür, dass sie ihn nicht gehen lassen wollte. Ihr Mund war so trocken, als wäre er mit dem roten Staub des Canyons gefüllt. Gut, dass sie nicht sprechen konnte. Bitte geh nicht. Bleib bei mir. Diese Worte blieben besser ungesagt.
Julian hielt ihr ein Glas Wasser an die Lippen, und sie trank etwas. Dann verschwand er. Als sie versuchte, sich aufzusetzen, überkam sie erneut eine plötzliche, sehr heftige Übelkeit, und sie musste sich sofort wieder hinlegen. Sie schloss kurz die Augen, dann versuchte sie es noch einmal. Diesmal mit mehr Erfolg. Die Übelkeit war zwar
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