Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)
Muranoglas, Buranospitze. Es dauerte nicht lange, und aus ihren unschuldigen Spaziergängen wurden handfeste Flirts, die rasch in Julians Mietwohnung endeten.
Von all dem musste Serena nichts wissen. Also nahm er den Faden da wieder auf, wo es für sie relevant wurde. „Luciana war ganz versessen darauf, sich den Wünschen ihrer Eltern zu widersetzen, und hatte es sich in den Kopf gesetzt, einen englischen Lord zu heiraten. Als ich mit meinen naiven und arroganten zweiundzwanzig Jahren daherstolziert kam, war ich für Luciana das ideale Opfer.“
„Ich erlag ihrem Charme und hatte fest vor, sie zu heiraten – selbst auf die Gefahr hin, dass mein Vater mich enterben würde, wenn ich mit einer italienischen Braut vor der Tür stand. Er war ein alter Mann und hatte alte Ansichten. Ich hätte ihretwegen sogar mein Erbe aufs Spiel gesetzt! Aber tief in meinem Innern spürte ich wohl, dass ihre Liebe nicht annähernd so tief und ewig war, wie sie beteuerte. Ich wollte, dass sie mich eines Besseren belehrte. Doch sie verlor die Geduld. Sie wollte mich zu dieser Heirat zwingen, doch ich widerstand ihr. Es hätte nur ein Mindestmaß an Loyalität von ihr gebraucht, nur ein paar Wochen mehr, in denen sie mir das ergebene, naive kleine Mädchen hätte vorspielen müssen. Doch Luciana wollte davon nichts hören. Sie bekam einen Wutanfall und wollte mich nie mehr wiedersehen. Knapp einen Monat später hörte ich von ihren Hochzeitsvorbereitungen mit einem Engländer namens Thomas Harcourt, einem anderen bemitleidenswerten jungen Trottel auf Kavaliersreise. Aber Harcourt war ein Baron, und da wurde mir klar, dass ich entbehrlich für sie war. Für Luciana war ich nie mehr als ein Adelstitel und ein Geldbeutel gewesen. Sie hatte es nie ernst mit mir gemeint und ersetzte mich so leichtfertig, wie sie mich gefunden hatte.“
Julian hielt kurz inne. Dann redete er weiter. „Ich war am Boden zerstört. Auch wenn ich gezögert hatte, war ich immer fest davon ausgegangen, dass wir eines Tages heiraten würden. Nachdem ich meinen Schock überwunden hatte, kehrte ich zurück nach England, denn auch um die Gesundheit meines Vaters stand es schlecht. Zurück zu Hause machte ich mich daran, meine Pläne umzusetzen, die in Venedig gereift waren. Ich wollte das Leben der Pachtbauern verbessern, für die Erziehung ihrer Kinder sorgen. Ich lebte das Leben eines Landadeligen und gab den verantwortungsvollen, mildtätigen Lord.
Zehn Jahre lang habe ich kein Wort mit Luciana gewechselt. Ihr Name tauchte immer wieder mal in den gesellschaftlichen Kreisen auf. Ein paarmal sah ich sie auf Bällen und einmal auf einer Museumsausstellung. In der Upperclass galt sie als rücksichtsloser gesellschaftlicher Emporkömmling und Klatschmaul. Das Gerücht ging um, sie betrüge ihren Ehemann mit seinem eigenen Diener.
Und eines Tages besuchte sie mich in meinem Londoner Stadthaus. Viele Jahre waren vergangen, aber sie sah immer noch aus wie eine exotische Blume, frisch gepflückt in einem italienischen Garten. Gekleidet war sie wie eine feine englische Baroness. Doch sie duftete nicht etwa nach Blütenaroma, sondern stank nach Verzweiflung. Sie war sehr unzufrieden mit ihrem Leben und erzählte mir, ihr Mann würde sie schlagen. Sie gab mir die Schuld an ihrer unglücklichen Ehe. Sie war gekommen, um sich von mir trösten zu lassen.“
Dieser Moment hatte sich unauslöschlich in sein Gedächtnis eingebrannt: Luciana, in ihrem feinen, mit Stickereien besetzten blasslila Seidenkleid, wie sie auf den Knien vor ihm lag und ihn anbettelte, sie nicht wegzuschicken. Ein weicher Kaschmirschal umschmeichelte ihre Schultern, und sie ließ ihn zu Boden gleiten als subtilen Hinweis darauf, dass gleich der Rest ihrer Kleider folgen würde. Er war einsam damals, zweiunddreißig Jahre alt und unverheiratet, und natürlich hatte er nachgegeben. Er hatte sie mit in sein Schlafzimmer genommen, ihr die schicken Sachen ausgezogen und sie genommen, ohne einen Gedanken an ihren Ehemann oder an seine eigene Sicherheit zu verschwenden.
Diese Details ersparte er Serena jedoch und fuhr fort: „Sie bat mich, dem Ganzen ein Ende zu setzen. Sie sprach nicht von Scheidung. Sie wollte, dass ich Harcourt umbringe. Ihr Ehemann wäre brutal und rücksichtslos, behauptete sie. Eines Tages kam sie mit einem gebrochenen Arm zu mir. Sie schluchzte, bald würde er ihrem Leben ein Ende bereiten. Nur der Tod könne ihn jetzt noch aufhalten. Natürlich war ich damals ein Mann, der für das
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