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Die siebte Gemeinde (German Edition)

Die siebte Gemeinde (German Edition)

Titel: Die siebte Gemeinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Link
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Schließlich wollte sie vor dem Termin mit der Betriebsprüfung noch die letzten Verträge zu Ende bearbeiten. Wolfgang Menner würde ihr den Kopf abreißen, oder sie ungespitzt in den Boden rammen, wenn sie zu spät auftauchen würde. Sie hüpfte für eine Katzenwäsche ins Bad, griff sich die erstbesten Klamotten aus ihrem Schlafzimmerschrank, grauer Hosenanzug funktionierte immer, und verließ die Wohnung ohne Frühstück. An der Haustür angekommen, lief sie noch einmal zurück, um sich das Blatt mit den Zeilen von Matteo vom Wohnzimmertisch zu greifen und in ihre Tasche zu stecken. Eile, die sich lohnen sollte, da sie tatsächlich vor allen anderen an ihrem Schreibtisch saß.
    Als Emma nach getaner Arbeit stolz an einer Tasse Kaffee nippte, hörte sie, wie Walter Köpges nebenan in sein Büro huschte. Sofort sprang sie von ihrem Stuhl und riss seine Tür mit Schwung auf.
    Walter, der gerade seinen Mantel aufhängen wollte, zuckte zusammen. »Hey, Emma, du hast mich aber erschreckt.« Mit nervösen Augen hielt er sich demonstrativ die rechte Hand ans Herz. »Was machst du denn schon hier?«
    »Das, was du gestern Nachmittag ebenfalls hättest tun sollen: arbeiten natürlich!« Mit einem Seitenblick erkannte sie, dass Walters Computer immer noch lief. Offensichtlich war er gestern nicht mehr zurückgekommen.
    »Kannst du mir verraten«, meckerte Emma weiter, »warum du gestern die Bücher-Besprechung hast platzen lassen? Das war wichtig, verdammt. Den nächsten Termin können wir erst im März vereinbaren. Bis dahin sind wir auf jeden Fall zu spät dran mit der Frist.«
    »Äh …«, stammelte Walter und schlich unsicher hinter seinen Schreibtisch, um einen Puffer zwischen sich und Emma zu schaffen, »... ich hatte einen dringenden Arzttermin, den ich nicht absagen konnte.«
    »Ach, papperlapapp!«, konterte sie. »Wir haben doch morgens noch von dem Termin gesprochen. Da kannst du mir nicht mittags mit einem plötzlichen Arzttermin kommen.«
    »Na doch, wenn ich es dir sage«, wehrte sich Walter. »Ich warte schon sehr lange auf einen Termin bei Dr. Schulte. Die haben mich nach unserem Gespräch angerufen, dass kurzfristig etwas frei geworden ist. Woher sollte ich denn auch ahnen, dass du nicht mehr zurückkommst? Ich dachte, du machst Scherze. Noch einmal wollte ich nicht zwei Monate auf einen neuen Termin warten. Deshalb bin ich hingegangen. Hey, schließlich bin ich kein Privatpatient, wie du es bist.« Dann kehrte sein gewohntes Grinsen zurück, und er zwirbelte an seinem Schnauzer herum. »Sind doch nur die Büchers. Die können ruhig mal einen Verspätungszuschlag bezahlen.«
    »Und ich kann mir das Gejammer anhören«, zischte Emma und fuchtelte mit dem Finger in der Luft herum. »Ich sag dir, Walter, diesmal setzt du dich mit denen auseinander.« Wütend drehte sie sich um und schlug die Tür zu.
    Nach ihrem Gang in die Rechtsabteilung begab sich Emma zurück an ihren Platz und wartete auf den ersehnten Anruf, dass der Betriebsprüfer endlich eintraf. Stets ein aufregender Augenblick. Bei einem solchen Eröffnungsgespräch konnte man gleich die Weichen für den Verlauf der gesamten Prüfung stellen. Mehrmals hatte sie im Nachhinein von den Beamten die Bestätigung bekommen, dass die angenehme Atmosphäre des Erstgesprächs sie in ihrer Entscheidung milde gestimmt hatten.
    Emmas Hände schwitzten. Sie konnte nur nicht sagen, ob ihre Anspannung auf die bevorstehende Besprechung zurückzuführen war oder auf den Wahnsinn mit dem Dokument. Sie hoffte inständig, dass ihr heute lange Debatten erspart blieben.
    ›Trinken kein Kölsch, sondern spucken mit Wasser, inmitten von Dämonen und Menschenhassern?‹ Emma schwankte mit ihren Gedanken hin und her. ›Wieso eigentlich kein Kölsch? Und was für Dämonen überhaupt?‹ Kopfschüttelnd beschloss sie, ihr Rätselraten aufzugeben und abzuwarten, was Elias sagen würde. Sie steckte den Zettel, den sie zwischenzeitig hervorgeholt hatte, zurück in die Innenseite ihres Jacketts.
    In diesem Moment schlug Wolfgang Menner die Tür auf und holte sie in die Realität zurück. »Kommen Sie«, rief er in den Raum, ohne sie anzuschauen. »Der Prüfer ist angekommen, und die Liebigs warten bereits.«
    Noch ehe sie antworten konnte, fiel die Tür wieder ins Schloss.
    »Arschloch«, fluchte sie und suchte ihre Unterlagen zusammen.
    Nach dem Eröffnungsgespräch flüchtete sie unverzüglich in die Abgeschiedenheit ihres Büros zurück. Die Nacht auf der Couch, von der sie

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