Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
nicht einmal mannshoch. Er tastete um sich, berührte die Decke und lief, die Hände ausgestreckt durch die Dunkelheit bis zu einer Wand. Sie war nass und kalt. Er ließ sich an der Wand nach unten sinken und starrte in die Dunkelheit.
Johann von der Morgenpforte, du fängst besser an zu beten. Wenn dich Gott aus diesem Loch heraus überhaupt hören kann.
Er faltete die Hände und flehte zum Himmel auf ein Wunder.
Ida versuchte, ihre Tränen bis zu ihrer Kammer zu unterdrücken. Sie stieß die Türe auf und warf sich auf ihre Liegestätte. Dann vergrub sie ihr Gesicht in ihren Händen. Sie fühlte sich so gedemütigt von diesem Johann, diesem Lügner, Dieb und Mörder. Wellen von Zorn erfassten sie. Wieder schüttelte sie ein Weinkrampf. Sie hasste diesen Mann, von dem sie sich so verletzt fühlte, wie von niemandem sonst in ihrem Leben zuvor. Dann sponn sie den Faden in ihrem Kopf weiter. Sie begann, Gott in diesem Moment zu hassen. Dies war kein Gott der Güte, der eines seiner Kinder in ein solches Spiel verwickelte. Gott musste ein Mann sein. Ein dieser dummen Männer, der Angst hatte vor klugen Frauen. Dies musste seine Rache sein, für all das Wissen, welches sie sich im Leben entgegen der Wünsche der Kirche angeeignet hatte.
Glauben sollst du, nicht wissen!
Ihr fielen die Worte von Bruder Conradus ein. Auch ihn hasste sie in diesem Moment. Er war auch ein Mann. Und war es nicht auch seine Schuld, dass ihr all das passiert war. Er hatte ihr doch schließlich alles beigebracht, was er wusste. Er hatte sie zu dieser widernatürlichen Frau gemacht, die sie heute war! Er hatte sie mit seinem Wissen in Versuchung geführt und gegen Gott aufgebracht. In diesem Moment betrat Conradus ihre Kammer, durch die offene Tür.
„ Ida, ich habe es gerade von Gottfried gehört.“, sprach er ruhig auf sie ein und war gerade im Begriff, sich auf die Kante ihres Bettes zu setzen, als sich Ida ihm zuwendete. Conradus schreckte zurück. Ihr Gesicht war verquollen und dunkelrot. Tränen standen in ihren Augen.
„ Ihr. Ihr seid Schuld. Ihr und euer erbärmlich heimtückischer Gott!“, fauchte sie ihn an.
Conradus stoppte seine Bewegung, bevor er die Bettkante erreichte und stand wieder auf. Er sah Ida mitleidig an.
„ Ich verstehe deinen Zorn und deine Verwirrung. Auch der Herr wird dich verstehen und dir vergeben.“, sagte er und drehte sich um zu gehen.
„ Ja, macht es euch so einfach! Geht. Und nehmt euren Gott mit. Und sagt ihm, dass ich nicht mit mitspiele. Ich lasse nicht mehr zu, nur eine Figur in seinem Spiel zu sein. Sagt ihm, dass ich nicht an einen so fruchtbaren Gott glauben möchte. Sagt ihm, er hat mich im Stich gelassen und jetzt verlasse ich ihn!“, schrie Ida wütend.
Conradus drehte sich zu ihr um. Ida sah seinen Zorn, aber auch die Güte, als er ihr antwortete.
„ Ida, wende dich nicht im Zorn von deinem Gott. Sieh nicht nur deinen Stolz, sondern versuche zu verstehen!“, sagte er und ließ die wütende Ida allein. Er schloss die Türe hinter sich. Besser, es hörte niemand Idas Worte. Die Menschen vergaben nicht so leicht wie Gott, der Herr.
Walram war bester Stimmung. Er war stolz auf sich selbst. Ohne sein Dazutun wäre dieser falsche Dietrich vielleicht mit seinen Gaunereien davongekommen. Er war der einzige, der von Anfang an gegen diesen Johann war. Gott musste ihm eine Eingebung gegeben haben, dass etwas nicht stimmte. Machte ihn dies nicht zu einem Erwählten? Wie hatte er doch mit seinem Schicksal gehadert und auf seinen himmlischen Vater geflucht und wie sehr hatte ihn Gott trotz seiner Flüche und seines Zweifels sicher zu seinem Erfolg geführt. Er dankte Gott in einem kleinen Gebet. Dann schweiften seine Gedanken zu seinem irdischen Vater. Walram hatte ihm nicht die ganze Wahrheit erzählt. Aber was scherte es auch Gottfried, ob Johann der Mörder Dietrichs war oder nicht. Was zählte war allein, dass er sich für den adeligen Dietrich ausgegeben hatte. Allein dafür hatte Johann in Walrams Augen den Tod verdient. Die Tatsache, dass Johann Ida schöne Augen gemacht hatte und dass auch Ida ihm zugetan schien, verstärkte noch seine Schuld. Gottfried hatte Walrams Geschichte geglaubt und Walram verspürte keine Reue für die Halbwahrheiten. In seiner Welt zählte allein der Triumph, Johann überführt zu haben. Gottfried hatte Walrams Meinung nach einen großen Fehler begangen. Er würde sich dafür vor dem Märker rechtfertigen müssen! Und dies war Walrams Stunde.
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