Die Statisten - Roman
umwerbt mich, es ist ein Paarungsritual. Ich sag euch zunächst, wie die erste Strophe lautet, und dann könnt ihr den ganzen Song hören. âJeder wird euch etwas anderes raten. Alle irren sich. Alle haben recht. Doch wozu auf sie hören? Hör auf dein Herz, oh, hör auf dein Herz! Schenk es dem, den du liebst, dem, der dich liebt!â
Natkhatlal-ji hat heute Morgen die Grundchoreographie skizziert, aber da er noch nicht hier ist, lasst uns einfach improvisieren. Wenn ihm dann irgendwas nicht gefällt, kann erâs ja immer noch ändern.â
Der Dance Director tauchte schlieÃlich um Viertel vor drei auf, ein paar Minuten vor Drehbeginn. Er war völlig betrunken und hatte den Mund voller Paan. Helen, Eddie und Ravan führten ihm vor, was sie eingeübt hatten. Er war alles andere als glücklich über das Resultat. Die Königin des Tanzes hatte sich weitgehend an die Grundkonzeption des Choreographen gehalten, dabei aber versucht, die Klischees auszumerzen oder, wo das nicht möglich war, sie mit Unterstützung ihrer zwei neu erworbenen Jünger leicht ins Lächerliche zu ziehen. Ravan und Eddie richteten sich in allem gewissenhaft nach ihr, manchmal jedoch reichte ein Achselzucken, ein provozierendes Vorschieben des Unterkiefers oder ein Straffen des Körpers, um erotische Spannung zu erzeugen und die Temperatur nach oben zu treiben. Natkhatlals Ansatz war konventionell und ein bisschen leblos gewesen. Sie hatten nicht bewusst versucht, ihn über den Haufen zu werfen, aber es war ihnen gelungen, der Sache eine gewisse Sinnlichkeit und sexuelle Ladung zu verpassen. Selbst die Königin des Tanzes hatte befürchtet, das Ganze könnte zu sehr ins Grob-Körperliche abgleiten, und hatte ein paar Bewegungen als etwas zu gewagt abgelehnt.
Eigentlich hätte Eddie derjenige sein müssen, der bei den Improvisationen die Führung übernahm. SchlieÃlich hatte er in Sachen Umwerben, Hofieren und sexuelle Andeutungen die gröÃere Erfahrung. Doch es war Ravan, der die Situation als Möglichkeit zu einem erotischen Dialog zwischen den Geschlechtern mit humoristischen Einlagen sah. Die Königin hatte sich an Eddie geschmiegt und schnurrte wie eine Katze und schlang sich buchstäblich um ihn. Dann war es Ravans Aufgabe, sie wegzuziehen und seinerseits einige Glanzlichter zu setzen. Wenn sie sich hinüberlehnte, um sich an ihn zu klammern und dann an seiner linken Seite hinunterzugleiten, trat er einen Schritt zurück, und wenn sie anschlieÃend kurz davor stand hinzufallen, legte er den Arm um ihre Taille und zog sie hoch, sodass sich ihre Lippen fast berührten. Sobald Eddie kapiert hatte, worauf Ravan hinaus wollte, ging auch er darauf ein. Dem Lied zufolge waren sie beide in dieselbe Frau verliebt. Sie würden sich mit allen fairen und sonstigen Mitteln bekämpfen. Die Situation war ihm vertraut. Ravan war von jeher sein Feind gewesen; sie würden um ihre Hand kämpfen â bis aufs Blut.
âPhwo ist mein Tanz? Phwo bleibt die Tradition? Zu viel Unfug! Phwo bleibt das Krishna-Motiv, das ich dir skizziert habe, Höllen-ji? Phwenn das Thema die Liebe ist, braucht man nicht nachzudenken. Gott Krishna ist der gröÃte Liepwhaber der Welt!â
Höllen-ji versuchte, dem Schwall von Wodkadunst auszuweichen, der mit jedem âphwâ ausgestoÃen wurde, hatte aber nicht allzu viel Erfolg damit. âEr ist zweifellos der gröÃte Liebhaber, Natkhatlal-ji. Aber wenn ich richtig informiert bin, ist ihm sein bester Jünger, der Herr des Tanzes, darin nicht unterlegen.â
Natkhatlal-ji wurde rot, lächelte schamhaft und wiegelte ab. âNichht doch, nichht doch. Aber phwas ist mit Krishna?â
âKrishna wäre ideal, aber der Text dieses Songs ist zum Teil auf Englisch, weil er von einem modernen Problem handelt. Es geht darin nicht um arrangierte Heirat, sondern um Liebesheirat. Und wir möchten das traditionelle Bild des Gottes Krishna nicht mit einer Fremdsprache verunstalten.â
âEckschackt, genau meine Rede. Bei Shri Krishna phwaren es ebenphfalls nur lauter Liephweschheiraten. Schämtliche schechtschehnhundert!â
Eddie und Ravan war zwar nicht ganz klar, wie sich Helen-jis Standpunkt mit dem des Choreographen vereinbaren lassen sollte, sie freuten sich jedoch, dass die beiden einen gemeinsamen Nenner gefunden hatten. Mitten während des Drehs flüsterte die Königin des
Weitere Kostenlose Bücher