Die Strozzi
behangener, mit Putten besetzter und in vielen Lichtern strahlender, hoher Triumphwagen, auf dessen Spitze, in Anspielung auf die heiße, unerfüllte Liebe, ein brennendes und blutendes Herz thronte. Der Wagen wurde unter Begleitung eines vielköpfigen Zugs von prächtig gekleideten jungen Männern zu Pferd, Knappen und Musikanten – der Berichterstatter spricht von fünfhundert Personen – durch die Straßen der Stadt, die von Menschenmengen gesäumt war, bis hin zum Haus Mariettas gezogen, wo diese von einem Fenster aus die Huldigung entgegennahm. Nach dem üblichen Lanzenbrechen der Liebesritter wurde der Wagen in die Luft gesprengt, sodass die explodierenden Raketen auf Marietta gerichtete Liebespfeile zu sein schienen. Es handelte sich bei diesem Spektakel um eine jener Inszenierungen pseudohöfischer Liebe, wie sie damals in Florenz so beliebt waren.
Wahrscheinlich im Zusammenhang mit Mariettas Aufenthalt in Florenz und den Huldigungen an ihre Schönheit entstand auch eine Marmorbüste, die Giorgio Vasari zufolge Desiderio da Settignano von ihr geschaffen haben soll. Diese Büste wurde mit jenem reizenden Marmorbildnis identifiziert, das sich heute im Bode-Museum in Berlin befindet (siehe Abb. Seite 103). Allerdings ist mehrmals angezweifelt worden, dass diese Büste überhaupt von Desiderio stammt, und andere Büsten sind ins Spiel gebracht worden. So jene, die sich heute im Bargello-Museum in Florenz befindet und deren Zuschreibung an diesen Künstler gesichert erscheint. Wir müssen uns also auf die Zeugnisse der Zeitgenossen beschränken, die Mariettas Schönheit rühmen. Ein sicheres Bildnis von ihr kennen wir nicht.
Es zeigte sich aber bald, dass Schönheit zwar eine erwünschte Zugabe, aber nicht entscheidend für eine Ehe war. Es wurde zeitweilig gemunkelt, dass Giovanni Tornabuoni, Piero de’ Medicis Schwager, Interesse an einer Heirat mit Marietta habe, aber die Verbindung kam nicht zustande. Ein mit den Medici so eng verbundener Mann konnte schwerlich eine Strozzi heiraten. Doch auch andere zögerten. AlessandraMacigni meinte zwar, dass die wiederaufgeflammte Pest alle Heiratsverhandlungen verhindere, da viele Familien vor der Seuche aufs Land geflohen seien. Als das entscheidende Motiv für den Misserfolg bei der Suche nach einem Bräutigam erwies sich am Ende jedoch ein unvorhergesehenes Ereignis: Mariettas Onkel und Vormund Giovanfrancesco Strozzi machte im Herbst 1464 Bankrott, und damit war sein Ruf in Florenz zerstört. Die hohen Ansprüche, die er an die Heirat seiner Nichte gestellt hatte, waren jetzt nicht mehr aufrechtzuerhalten. Das gab Alessandra Macigni Hoffnung, dass die Hand der schönen Marietta nun doch ihrem Sohn Lorenzo zufallen könne. «Auf jeden Fall», schrieb sie Anfang 1465 an Filippo in Neapel, «wird seine Nichte durch den Bankrott schweren Schaden erleiden. Von denen, über die man in der letzten Zeit sprach, hört man jetzt nichtmehr reden.» Und dann setzte sie noch hinzu: «Die Nichte ist ein gewaltiges Stück auf der Leiter hinuntergerutscht; vielleicht würden sie sich nun herbeilassen, sie Lorenzo zu geben.» Dann starb im Sommer 1465 auch noch ihre Mutter, die unglückliche Alessandra Bardi. Das junge Mädchen musste nach Ferrara zu ihrem Onkel ziehen, der wegen seines finanziellen Debakels die Frage von Mariettas Verheiratung erst einmal auf Eis legte.
Desiderio da Settignano (?), Marmorbüste eines jungen Mädchens. Sie stellt vielleicht Marietta Strozzi dar, die Tochter von Palla Strozzis Sohn Lorenzo, die in Florenz wegen ihrer Schönheit viele Anbeter, aber keinen Ehemann fand.
Als Lorenzo Strozzi es 1469 mit dem Heiraten endlich ernst zu machen beschloss, war Marietta immer noch frei, und er setzte es sich nun in den Kopf, sie und keine andere zur Frau zu nehmen. Es waren schon Kontakte aufgenommen worden, doch war Lorenzos Bruder Filippo mit einer solchen Verbindung ganz und gar nicht einverstanden. Er setzte Lorenzo seine Einwände klipp und klar in einem Brief auseinander. Eine Ehe mit Marietta biete keinerlei Vorteile für die Familie. Das Mädchen sei zwar schön und habe auch eine gute Mitgift, den Bedürfnissen der Familie sei diese Ehe aber nicht förderlich. Sie bräuchten Verwandte, das heißt Freunde und Verbündete, in Florenz, nicht außerhalb. Giovanfrancesco sei nicht nur ein Bankrotteur, sondern dazu noch ein Geächteter, womit er auf die Tatsache hinwies, dass er wegen seiner Beteiligung an den militärischen Aktionen der Exilierten zum
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